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In Churer Kirche gehts rund

Chur (VN) - Das Bistum Chur erlebt derzeit eine Zerreißprobe. Dem amtierenden Bischof Vitus Huonder laufen die Kaderleute davon. So nahmen binnen weniger Tage der Generalvikar für Graubünden Andreas Rellstab und der Regens des Priesterseminars Ernst Fuchs den Hut.

Da fliegen richtig die Fetzen. Der Churer Bischofssprecher Giuseppe Gracia nennt den Präsidenten des Zürcher Synodalrates Benno Schüriger einen „blöden Hund“. Später plagen ihn Erinnerungslücken. Aber es gab zu viele Zeugen. Das Bistum Chur ist erneut auf dem besten Weg, ein finsteres Kirchen-Kapitel zu schreiben.

Dem amtierenden Bischof Vitus Huonder laufen die Kaderleute davon. Binnen weniger Tage nahmen der Generalvikar für Graubünden Andreas Rellstab und der Regens des Priesterseminars Ernst Fuchs den Hut. Die zehn Dekane von Nidwalden, Innerschwyz, Surselva, Winterthur, Ausserschwyz, Zürcher Oberland, Uri, Albis, die beiden Dekane von Zürich-Stadt und Pfarrer Bernhard Willy für das Dekanat Obwalden unterschrieben daraufhin einen Protestbrief. Der Bischof vertreibe seine besten Leute. Bischof Huonder verlange Kadavergehorsam. Immer mehr Seelsorger gingen in die innere Emigration.

 
Lateinische Messen

Wie kam es so weit? Vitus Huonder wurde 2007 zum Bischof von Chur geweiht. Dass der Bischof den Traditionalisten sehr zuneigt ist, können Interessierte im Internet-Fernsehen Gloria-TV verfolgen. Da liest Huonder dann und wann Messen im lateinischen Ritus. Im Juni 2010 hat er in Zürich-Oerlikon die Firmung tridentinisch gespendet. Im strengkonservativen Allgäuer Wigratzbad ließ Huonder im Februar 2010 vier Subdiakone weihen.

Das ist die eine Seite. Die andere bezeichnet Thomas Bi­notto vom Zürcher Kirchenblatt als gravierendes „Kommunikationsproblem“ des Bischofs. Der hat sichs inzwischen auch mit der staatskirchenrechtlichen Seite verscherzt. Die Schweiz pflegt ihre Beziehung zur Kirche in einem dualen System: In keinem Land sonst treten neben das kircheneigene Recht so mächtige staatskirchenrechtliche Strukturen. So berappen etwa die Kantone den Churer Bischof und seine Administration.

Die mächtige 100-köpfige Zürcher Synode diskutierte bereits im November 2010, ihre fälligen 850.000 Schweizer Franken für Chur einzubehalten. Zuletzt hat Zürich dem umstrittenen Bischof Haas sieben Jahre lang das Geld verweigert. Bis der ging. Ob Vitus Huonder nun auch von der Zürcher Lohnliste gestrichen wird, bleibt vorerst offen. Synodalratspräsident Benno Schüriger hielte das für kontraproduktiv und „das letzte Mittel“. Selbst, wenn er im Churer Bischofspalais inzwischen als „blöder Hund“ gilt.

Schon „Fall Haas“ hätte Chur beinahe gespalten

In den 1990er-Jahren erlangte das Bistum Chur durch den Streit um den damaligen Bischof Wolfgang Haas traurige Berühmtheit. Haas war durch seine demonstrative Rom-Treue und umstrittene Personalentscheidungen rasch ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Der als reaktionär und dogmatisch kritisierte Bischof war auf Dauer nicht haltbar. Vielfach kam der Ruf nach Neuordnung des Bistums Chur auf, da insbesondere der zum Kanton Zürich gehörende Teil des Bistums in scharfer Ablehnung zu Haas stand.

Rom löste das Problem jedoch 1997 nicht durch Gründung eines Bistums Zürich, sondern durch die (kirchliche) Abtrennung des Fürstentums Liechtenstein vom Bistum Chur. Das Gebiet des Fürstentums Liechtenstein wurde zum Erzbistum Vaduz erhoben mit Wolfgang Haas als erstem Erzbischof. Durch die Kirche in Liechtenstein zieht sich mittlerweile auch ein deutlicher Riss zwischen Anhängern und Kritikern von Haas

Fakten zum Bistum Chur

Das Bistum Chur umfasst die ­Kantone Graubünden und Schwyz sowie provisorisch seit 1819 Uri, Glarus, Obwalden, Nidwalden und Zürich.

  • Fläche 12.272 km²
  • Pfarreien 309
  • Kirchen 121
  • Einwohner 1.757.603
  • Katholiken 699.414
  • Diözesanpriester 366
  • Priesterweihen 2010: 3
  • Ordensmitglieder männlich 263
  • Ordensmitglieder weiblich 864
  • Ständige Diakone 45
  • Taufen 2010: 5107
  • Liturgiesprachen sind Deutsch, Italienisch und Rätoromanisch
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