"Impfen macht frei", der "Judenstern des Impfzwanges" oder #janaauskassel, welche die aktuelle "Widerstandsbewegung" mit jener von Sophie Scholl verglich: Der Unmut in der Bevölkerung steigt und ist zumindest teilweise durchaus nachvollziehbar. Zumindest fragwürdig bleibt die Art und Weise der Kundgebungen, die sich zwischen berechtigtem Protest, realitätsfernem Widerstand und hanebüchenen Verschwörungstheorien einordnen lassen.
Seit mittlerweile über einem Jahr bestimmen Corona-Vorschriften und Regierungsmaßnahmen den Alltag. Nahezu jedes Wochenende versammeln sich Corona-Maßnahmen-Kritiker, Impf-Gegner oder Sympathisanten in ganz Österreich, heute z.B. wieder in Feldkirch am Montfortplatz. "In dieser Debatte greifen verschiedene Aspekte. Ich finde es legitim, auf die Straße zu gehen. Zynische Vergleiche mit dem Nationalsozialismus sind aber absolut fehl am Platz. Sowas hilft keinem weiter, im Gegenteil. Für gefährlich erachte ich die auch mit Antisemitismus verknüpften Verschwörungstheorien, die teilweise jeglicher Logik entbehren. Mit Menschen, die sich im Wissen wähnen, einem weltweiten, geheimen Komplott auf die Schliche gekommen zu sein, kann man nicht mehr vernünftig diskutieren. Sie stehen über den Dingen und verweigern sich der Realität", zeichnet Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums ein kritisches Bild der Bewegung.
"Herabwürdigung der Opfer des Nationalsozialismus"
"Meine Oma war Jüdin und wurde während des Zweiten Weltkriegs in Theresienstadt interniert. Sie hat das KZ überlebt. Ich bin aber froh, dass sie den jetzigen Wahnsinn bzw. den Vergleich, welche manche Menschen in Bezug auf Corona und die Maßnahmen ziehen, etwa 'Impfen macht frei' oder den Judenstern als Symbol für ihre Rechte/Freiheiten benützen, nicht mehr erleben muss. Diese Menschen haben weder irgendeinen Aspekt der Geschichte, des Holocausts oder der Judenverfolgung verstanden, noch haben sie ein Gespür für die heutigen und damaligen Verhältnisse. Kurz gesagt: Es ist eine Herabwürdigung der Opfer des Nationalsozialismus", zeigt sich Christoph Šelner, Amt der Vorarlberger Landesregierung, erschüttert ob so manch skandierter Parole. In dasselbe Horn stößt Historiker Dr. Severin Holzknecht, Präsident des Fördervereins für das Jüdische Museum Hohenems, im VOL.AT-Zoom-Call: "Jana aus Kassel verglich sich mit Sophie Scholl. Mit dem Unterschied, dass die NS-Widerstands-Ikone hingerichtet wurde. Und es solche Demonstrationen unter Hitler nie gegeben hätte. Solche Vergleiche mit dem NS-Regime sind total hanebüchen, verharmlost und verhöhnt die Opfer des Dritten Reichs. Auch jene, die es 'nicht böse' meinen, können einfach nicht ernst genommen werden." Eine Ablehnung der Impfung auf sachlicher Ebene sei völlig legitim und es bedürfe nicht solcher sinnloser und menschenverachtender Vergleiche.
(VOL.AT)
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