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Im Ländle gilt das Mehrheitssystem

Im Gegensatz zu den Bundesländern, in denen ein Proporzsystem (Verhältniswahlrecht) praktiziert wird, entscheidet in Vorarlberg einzig und allein die Mehrheit der Landtagsabgeordneten über die Bestellung des Landeshauptmanns und der anderen Regierungsvertreter.

Die Regierungsmitglieder werden bei der konstituierenden Sitzung des Landtags (heuer am 5. Oktober) in drei Wahlgängen bestimmt. In einem ersten Durchgang wird der Landeshauptmann gewählt, in einem zweiten sein Stellvertreter. In einem dritten Wahlgang werden anschließend die restlichen Regierungsmitglieder festgelegt. Nachdem die Mehrheit der Abgeordneten entscheidet, muss zwischen einzelnen Parteien Konsens herrschen, sollte keine Fraktion über die absolute Mandatsmehrheit verfügen.

Seit 1945 setzt sich die Vorarlberger Landesregierung ohne Ausnahme aus dem Landeshauptmann, seinem Stellvertreter – in Vorarlberg „Landesstatthalter“ genannt – sowie fünf weiteren Regierungsmitgliedern zusammen. Vorarlberg ist neben dem Burgenland das einzige Bundesland, das nur einen Landeshauptmann-Stellvertreter wählt, alle anderen bestimmen zwei. Von 1923 bis 1984 war die Zahl der Regierungsmitglieder durch die Verfassung auf sieben festgelegt, seit der Verfassungsreform 1984 könnte der Landtag die Zahl der Landesräte mit einer Zweidrittel-Mehrheit nach unten oder oben abändern.

Bei der Wahl des Landeshauptmanns und der anderen Regierungsvertreter sind den Landtagsabgeordneten seitens der Landesverfassung kaum Beschränkungen auferlegt. Einzige Bedingung ist, dass die zu bestellenden Personen auch die Voraussetzungen erfüllen, um in den Landtag gewählt werden zu können, also am Wahltag 19 Jahre alt sind, ihren Hauptwohnsitz in Vorarlberg haben und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Die Mitglieder der Landesregierung müssen aber theoretisch nicht einmal für den Landtag kandidieren.

Die Praxis sieht freilich anders aus. Die Regierungsmitglieder lassen sich in der Regel auf die vordersten Positionen der Landtags-Wahllisten setzen, einfach weil sie bekannt sind und so im Wahllokal mit ihrem Namen vielleicht noch einige Stimmen für ihre Partei gewinnen können. Die Vorarlberger Regierungsmitglieder werden in der Regel also zunächst in den Landtag gewählt.

Es ist in Vorarlberg aber auch Tradition, dass die Mitglieder der Landesregierung nach ihrer Bestellung im Sinne der Gewaltenteilung ihr Landtagsmandat zurücklegen und somit sieben anderen Politikern den Einzug in das Landesparlament ermöglichen. Vorgeschrieben ist diese Handhabung aber nicht. So hat etwa Sozial-Landesrätin Greti Schmid (V), die am 5. Oktober 2000 Eva-Maria Waibel (V) ablöste, derzeit auch ein Landtagsmandat inne. Diese Lösung war innerhalb der ÖVP notwendig geworden, um das Nachrücken eines der Volkspartei nicht mehr genehmen Kandidaten zu verhindern.

Vorarlberg war mit Ausnahme von Wien, das auf Grund der Konstellation Stadt-Bundesland eine Sonderstellung einnimmt, lange Zeit das einzige österreichische Bundesland, das das Mehrheitssystem praktizierte. Nachdem 1998 das Proporzsystem in Tirol und Salzburg abgeschafft worden war, wurden die Landesregierungen in diesen beiden Bundesländern 1999 ebenfalls nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt.

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