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Im Gespräch

Am 21. August trifft Österreichs Fußball-Nationalmannschaft in Basel freundschaftlich auf die Schweiz, mit der sich der ÖFB für die Ausrichtung der EM-Endrunde 2008 bewirbt. Der APA beantwortete er einige Fragen.

Für den 69-fachen Internationalen Hans Krankl (49) ist es das vierte Spiel das vierte als Teamchef nach dem 2:0 in Graz gegen die Slowakei, dem 0:0 in Wien gegen Kamerun und dem 2:6 in Leverkusen gegen Deutschland und der letzte Test vor Beginn der EM-Qualifikation mit dem Heimspiel am 7. September in Wien gegen Moldawien.

 

Die APA führte mit Hans Krankl folgendes Interview:

APA: Herr Krankl. Haben Sie es schon jemals, wenn
auch nur einen Moment bereut, den Posten eines ÖFB-Teamchefs zu bekleiden?
Krankl:Nein.

APA: Hat sich irgendetwas für Sie verändert, in der Öffentlichkeit
allgemein, sind die Leute netter zu Ihnen. Haben Sie vielleicht das Gefühl,
dass sie mehr respektiert werden als vorher?
Krankl: Ich bin immer von den Leuten respektiert worden.
Die Menschen auf der Straße haben immer meine Erfolge respektiert, sei
es als Spieler oder auch als Trainer, obwohl meine Erfolge als Spieler
natürlich viel größer waren. Die Zeichen, die ich erkenne auf der Straße
oder wenn ich unter dem Volk bin, sind sehr, sehr positiv. Ein jeder spricht
mir Mut zu und jede Reaktion war ausnahmslos positiv, mir, meiner Arbeit
und der jungen Mannschaft gegenüber.

APA: Jetzt geht es für die Nationalelf und für Sie drei Monate
nach dem 2:6 in Leverkusen mit dem Spiel gegen die Schweiz weiter, der
letzte Probegalopp vor den drei EM-Qualifikationsspielen in diesem Jahr
gegen Moldawien daheim, in Weißrussland und gegen die Niederlande ebenfalls
in Wien. Es ist wieder ein Auswärtsspiel und unsere Bilanz auf fremden
Plätzen schaut ja seit einiger Zeit recht traurig aus. Wenn man einige
Jahre zurückgeht bleibt der 1:0-Sieg in Liechtenstein als einziger Sieg
übrig. Fürchten Sie, dass es nun auch gegen die Eidgenossen schief gehen
könnte?
Krankl:Nein, fürchten tue ich es nicht. Es ist Fakt,
dass Österreich in den letzten Zeiten auswärts nicht gut ist. Wir haben
sehr gute Resultate in Wien gegen sehr gute Mannschaften gemacht, gegen
Bessere, sei es unter Prohaska oder Baric. Das gelingt uns nicht ganz
auswärts, da haben wir den Hebel anzusetzen. Ich hoffe, dass das jetzt
schon mit dem Schweiz-Spiel verbessert wird. Wir müssen uns dort besser
anstellen als beim 2:6 gegen Deutschland. Da waren dann einige – sagen
wir mal – empört, ich selber auch, dass wir wieder so hoch verloren haben.
Und da hat es vorher wieder welche gegeben, die geglaubt haben, dass der
Krankl nach zwei Länderspielen nach Deutschland fährt und wir gewinnen
dort. Aber wir müssen uns auswärts verbessern und das schon in der Schweiz
zeigen, denn in der Qualifikation haben wir noch ganz andere Brocken.
Wir werden sicher auch noch Lehrgeld zahlen und manchmal Prügel einstecken.
Aber das soll nicht mehr oft passieren.

APA:
In Leverkusen war ja das Spiel nach vorne teilweise recht gut,
aber hinten gab es eklatante Schwächen.
Krankl: Wir waren physisch klar unterlegen, hinten schwach,
überfordert, wenngleich der Bode bei der WM auch Kopftore gemacht hat.
Mitgespielt haben wir mit den Deutschen relativ gut.

APA:
Bleibt unsere Abwehr dennoch wie damals? Sind die Feldhofer,
Dospel, Scharner in der Abwehr für das Schweiz-Spiel wieder dabei?
Krankl:Ob ich den Feldhofer, Dospel oder Scharner nehme,
kommt auch darauf an, ob sie bei ihren Klubs drankommen. Die ersten zwei
haben gespielt, der Scharner leider weniger. Der Dospel spielt eigentlich
solide, gegen Deutschland war er schwach. Aber man wird nicht alles zerreißen,
weil sie einmal schwach waren. Aber dass der eine oder andere dazukommt
oder in einer anderen Position spielt, das ist durchaus möglich. Der Cerny
spielt bei den Löwen rechter, der Pürk linker Verteidiger, also das sind
interessante Dinge, die man beobachten muss. Der Baur ist – wenn er beim
HSV spielt – einer meiner Eckpfeiler. Der Stranzl gehört in meine Planungen,
alles andere ist austauschbar.

APA: Die deutsche Bundesliga, die ja einige Teamkandidaten stellt,
startete erst dieses Wochenende, die Sechziger sind am kommenden Mittwoch
dran gegen Wimmers Rostock.
Krankl:Die Sechziger haben schon hochkarätige Testspiele
hinter sich. Ich sah sie nun am Samstag gegen die Austria, war ja auch
schon beim Spiel gegen Arsenal in Innsbruck und stehe mit Peter Pacult
in ständigem Kontakt.

APA: Ist also Pürk ein Thema?
Krankl: Könnte
sein.

APA:
Viererkette ein Thema?
Krankl: Könnte sein. Ich habe sie in den ersten drei Länderspielen
nicht gespielt, das habe ich mit dem Abwehrchef Baur besprochen, er hat
gesagt, Trainer seit zehn Jahren spiele ich in einer Dreier, jetzt ist
es aber so, dass er beim HSV in einer Viererkette spielt. Es könnte sein,
dass ich schon gegen die Schweiz mit der Viererkette in der Abwehr operiere.
Mir gefällt ein 4-3-3 oder ein 4-4-2. Mir gefällt aber auch ein 3-4-3.
Ich bin nicht mehr für das alte System, das wir im Team spielten – 3-5-2.
Welches werde ich von Spiel zu Spiel entscheiden und welche Spieler ich
zur Verfügung habe. Drei Spitzen, das ist mein Traum, dazu brauche ich
aber zwei Außenstürmer und einen Mittelstürmer. Es geht aber auch ein
4-4-2 mit einer sehr offensiven Variante, also mit einer zweiten Viererkette,
die spielt mit einem Links- und Rechtsaußen, sehr offensiv, da sie abgesichert
sind. Das ist etwas, was mir vorschwebt. Ich mag das Risiko, ich sage
immer, wer nichts riskiert, der nichts gewinnt und mit hinten rein stellen
und ein 0:0 und nur auf den Herrgott hoffen, das mag ich nicht. Da riskiere
ich lieber etwas, geht vielleicht in die Hose, oder wir können es nicht.
Wenn wir es nicht können, dann muss ich es einsehen, dass ich es anders
probiere. Wenn man aus einer gesicherten Abwehr sehr gut kontert ist das
in Ordnung, auch das ist ein schöner Stil. Wir können aber nicht daheim
in Wien gegen Moldawien und Weißrussland oder sogar gegen Tschechien und
Holland, vielleicht gegen Holland schon, kontern. Weil dann werden die
Leute narrisch, wenn wir uns hinten rein stellen.

APA: Die drei „Alten“ Baur, Herzog und Vastic haben Sie bei Dienstantritt
zu Eckpfeilern der Nationalelf erklärt. Baur steht zur Verfügung, Vastic
ist weit weg, kommt gegen die Schweiz nicht in Frage und auch später weiß
man nicht so genau. Bleibt Herzog. Wie sehen Sie die Situation?
Krankl: Wenn Baur beim HSV spielt, dann brauchen wir nicht mehr
reden, habe ich eine Sorge weniger. Der Vastic ist ein Problem, ob er
zur Qualifikation kommt, werden wir erst besprechen. Ich hoffe ja, denn
er ist ein außergewöhnlich guter Spieler. Bei Herzog ist das Problem,
dass er nicht in Form ist. Ich habe schon mit ihm gesprochen, er ist sehr
unzufrieden mit sich selber. Es läuft bei ihm halt nicht, obwohl er mit
Hickersberger einen Trainer hat, der sehr gut für ihn ist. Ich muss mir
gut überlegen, ob ich ihn nehme oder nicht. Ich habe mit ihm gesprochen,
er akzeptiert jede diesbezügliche Entscheidung von mir, weil wir uns schon
zwei Jahrzehnte kennen und er ein unheimlich guter Charakter ist. Ich
verstehe aber nicht, warum er nicht in Form kommt. 33 Jahre heißt ja nicht,
dass er kaputt oder leer ist, er ist willig, aber es läuft ihm nicht.
Er braucht ein Erfolgserlebnis, dann gehts.

APA: Jetzt haben wir fünf Runden gespielt, Sie haben viele Spiele
gesehen, hat sich jemand zusätzlich für die Nationalmannschaft aufgedrängt?
In Ihren ersten drei Spielen haben sie ja insgesamt 26 Mann eingesetzt.

Krankl: Nicht extrem. Ich habe neun Bundesliga- und drei
internationale Spiele gesehen. Der Kovacic auch so viele. Von den 26 hat
sich mit Ausnahme von Hickersberger, der derzeit ja gar nicht spielt,
keiner extrem von der Nationalmannschaft entfernt, es werden noch der
eine oder andere Junge dazukommen. Die ganze Qualifikation dient auch
dazu, weiter zu experimentieren, ich habe eine neue Mannschaft zu finden
und die findet man auch in einer Qualifikation. Wichtig ist ein Stamm
von sechs, sieben Spielern, um den herum welche ausgeprobt werden können.
Dass wir in zwei Jahren aber die Wundermannschaft werden, das gibt’s nicht.
Das muss wachsen, wenn es überhaupt gelingt. Ich hoffe, dass zumindest
der Stamm zusammenbleibt, den sehe ich schon ein bisschen vor mir, aber
jetzt ist das Problem Herzog und Vastic. Das sind schon wieder neue Rückschläge
für mich. Persönlich muss ich mir wieder sagen, vielleicht wird der eine
nichts mehr und der andere kommt nicht mehr, weil er sagt, das ist mir
zu weit, ich mag nicht mehr. Was mache ich dann?. Soll ich sagen, jetzt
lasse ich es gut sein, nein, muss ich mir wieder andere suchen.

APA: Haben jetzt Leute wie Flögel, der vor Ihnen dabei war oder
Michael Wagner, die mit der starken Austria recht gut spielen, aufgezeigt
oder auch Leute von früher oder haben sie diese überhaupt abgeschrieben?

Krankl: Michael Wagner ist ein noch junger Spieler und wenn
er gut spielt immer ein Thema. Der Flögel ist vom Alter her nicht mehr
der Interessanteste, aber er hat gespielt, hat einen guten Charakter und
würde auch alles für die Nationalmannschaft geben, hat in Schottland gelernt
sich sehr vorbildhaft zu verhalten. Beobachten werde ich auch die Spieler
mit 30 Jahren. Vielleicht werde ich nicht darauf zurückgreifen, wenn ich
einen Jüngeren habe in seiner Position, wie es im Fall Flögel z.B. Aufhauser
ist. Aber man könnte auch beide nehmen. Wenn Flögel gut spielt und ich
der Meinung bin, dass er mir für den Umbau zumindest für einige Zeit helfen
kann, warum nicht? APA: Was andere Legionäre betrifft wie Alex Manninger,
so beginnt die spanische Meisterschaft zwar erst am 1. September, aber
er ist bei Espanyol voll im Training und hat auch schon einige Testspiele
– u.a. in Heraklion gegen OFI Kreta – bestritten. Wird er nach seiner
Pause gegen Deutschland wieder dabei sein? Krankl: An und für sich ist
der Manninger der Tormann Österreichs für die nächsten Jahre. Ich gehe
davon aus, dass er sich mit seiner Klasse bei Espanyol durchsetzt. Nach
Barcelona zu Espanyol muss ich auf jeden Fall, um auch die Leute, die
dort am Ruder sind, kennenzulernen. Was Lexa betrifft, so kenne ich auch
seinen deutschen Trainer bei Teneriffa, Ewald Lienen, gut. Sollte Markus
Schopp bei Brescia zum Einsatz kommen, dann werde ich ihn mir auch anschauen.
Das gilt auch für andere, falls sie bei ihren Mannschaften zum Einsatz
kommen. Aber ich bleibe bei meiner Linie Neuaufbau. Nach dem 2:6 in Deutschland
hat es ja schon wieder Stimmen gegeben, die gesagt hast, warum nimmst
du nicht welche von früher, routinierte Leute. Aber mit denen haben wir
schließlich ja auch nichts gewonnen.

APA: Glauben Sie ganz nüchtern betrachtet, dass wir die Qualifikation
für die EM-Endrunde schaffen könnten?
Krankl: Könnten ja. Aber realistisch betrachtet, glaube
ich nicht, weil Holland und Tchechien sind weit über uns zu stellen, auch
wenn sie gegen uns noch lange nicht gewonnen haben und Weißrussland ist
heute schon besser als wir. Also wäre eine korrekte Einschätzung ein Platz
in der Mitte der Tabelle und der berechtigt nicht zur EM-Teilnahme. Aber
aufgeben tun wir nicht, auch nicht gegen die Holländer mit ihren großartigen
Fußballern. Die Hoffnung stirbt ja zuletzt und träumen darf man auch.

Links zum Thema:
Bundesliga.at
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