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IHS: Wirtschaft aktiviert den Turbo - Preise steigen

Die Wirtschaft in Österreich erholt sich schneller als gedacht.
Die Wirtschaft in Österreich erholt sich schneller als gedacht. ©APA/BARBARA GINDL
Die Wirtschaft in Österreich erholt sich schneller als erwartet - laut IHS führt das aber auch zu steigenden Preisen. Die Delta-Variante spielt für die Unternehmen noch keine Rolle.

Der Aufschwung in Österreich nach der Coronakrise erfolgt viel schneller als Experten und selbst die Wirtschaftstreibenden angenommen haben. "Dem Patienten 'Österreichische Volkswirtschaft' geht es merklich besser als noch vor ein paar Monaten", so Wifo-Chef Christoph Badelt am Donnerstag zur neuen Konjunkturprognose. Schon im dritten Quartal werde das Produktionsniveau von vor der Krise erreicht sein. Österreich hat damit aber eineinhalb Jahre Wirtschaftswachstum verloren.

Nach einem Einbruch der Wirtschaft um 6,3 Prozent im vorigen Jahr und einem noch leicht rückläufigen Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal seien für das zweite und dritte Vierteljahr starke Zuwachsraten zu erwarten. Selbst negative Auswirkungen der Delta-Variante des Coronavirus würden die Jahresprognose von 4,0 Prozent BIP-Plus nicht mehr gefährden, so Badelt: "Das gute zweite und dritte Quartal kann man uns nicht mehr wegnehmen", allenfalls das vierte könnte betroffen sein.

IHS: Delta-Variante keine Gefahr

Auch der Senior Researcher des Institut für Höhere Studien (IHS), Helmut Hofer, zeigte sich optimistischer in Bezug auf die Delta-Variante, wenn der Impffortschritt so weitergehe. Denn es scheine die Delta-Variante durch eine Impfung bzw. eine Vollimmunisierung gut bekämpfbar. Zumindest für die entwickelten Volkswirtschaften schätze er das Risiko also geringer ein, so der Sprecher für die IHS-Prognose. Sein Institut geht für das heurige Jahr von 3,4 Prozent realem BIP-Anstieg aus.

Als Grund, warum der Aufschwung jetzt so unerwartet schnell gekommen ist, verwies man seitens des IHS unter anderem auf die deutlich verbesserte Gesundheitssituation in der Pandemie, den zuletzt nur recht kleinen Lockdown im Osten des Landes, die positiven Einflüsse der Weltkonjunktur und in der Industrie sowie die Tatsache, dass die heimische Wirtschaft in Bezug auf die Einschränkungen im dritten Lockdown schon viel besser eingestellt gewesen sei als auf jene des ersten und zweiten Herunterfahrens.

Badelt meinte, auch die Konsumenten seien nach dem letzten Lockdown viel rascher wieder zurückgekommen, das habe eine enorme Dynamik ausgelöst. Maßgeblich dafür sei die aktuell niedriger wahrgenommene Unsicherheit, wodurch das "Vorsichtssparen" wegfalle, sagte Wifo-Prognoseexperte Christian Glocker.

Konjunktur treibt die Preise an

Der Konjunkturaufschwung dürfte auch die Preisentwicklung antreiben, nimmt das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) an. Die Teuerungsrate laut dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) werde heuer auf 2,3 Prozent anziehen, nach 1,4 Prozent im Vorjahr, erklärte das Wifo am Donnerstag. Ausschlaggebend dafür sei neben der kräftigen Konsumnachfrage die Weitergabe der hohen Preise für Rohstoffe und bestimmte Güter.

Für den Arbeitsmarkt geht das Wifo von einem Anhalten der günstigen Entwicklung auch im kommenden Jahr 2022 aus. Da die Beschäftigung bereits im heurigen Frühjahr wieder das Vorkrisenniveau erreicht habe, werde jedoch eine Abschwächung des Zuwachses erwartet: Die unselbstständigen Aktivbeschäftigten dürften demnach 2021 um 2,1 Prozent und 2022 um 1,6 Prozent ausgeweitet werden. Das Arbeitskräfteangebot werde in beiden Prognosejahren weiter steigen. Weil die Arbeitslosigkeit auch Ende 2022 noch über Vorkrisenniveau liegen wird, hält das IHS weitere Maßnahmen gegen die Langzeitarbeitslosigkeit sowie gegen den Mis-Match am Arbeitsmarkt und für ein Absinken der strukturellen Arbeitslosigkeit für notwendig.

Wirtschaft hängt vom Infektionsgeschehen ab

Die Prognosen zur weiteren Wirtschaftsentwicklung hängen aus Wifo-Sicht nach wie vor maßgeblich vom künftigen Corona-Infektionsgeschehen ab. Die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Pandemie sei noch immer erheblich - im gesamten Prognosezeitraum bestehe daher das Risiko größerer Rückschläge, falls das Covid-19-Virus in einer Weise mutieren sollte, die die Wirksamkeit der jetzigen Impfstoffe wesentlich reduziere. Diese Gefahr sei umso größer, je länger die weltweite Überwindung der Pandemie dauere. Überdies herrsche nach wie vor Unsicherheit über die Entwicklung der Solvenz der Unternehmen, sobald öffentliche Stützungsprogramme zurückgefahren und Schuldenmoratorien beendet werden, so das Wifo.

Die jüngsten Engpässe bei Vorprodukten dürften die Expansion in Industrie und Bauwesen nur kurzfristig dämpfen, zumal sie nur auf Lieferkettenproblemen beruhen würden, betont das Wifo. Mit der erwarteten Stabilisierung der Nachfrage sollten auch die Lieferprobleme nachlassen und ab dem 4. Quartal 2021 keinen dämpfenden Einfluss auf die Industrie- und Baukonjunktur mehr ausüben. Die Herstellung von Waren, die voriges Jahr um 7,1 Prozent abgesackt ist, sollte heuer um 9,2 Prozent steigen und 2022 um 4,2 Prozent, schätzt das Wifo. Die 2020 um 5,7 Prozent abgestürzten Bruttoanlageinvestitionen sollen wieder kräftig anziehen, ebenso die um 7,9 Prozent geringer gewesenen Ausrüstungsinvestitionen. Für die Bruttoanlageinvestments rechnen die Institute mit 7 bzw. 6 Prozent Plus für 2021 bzw. um die 4 Prozent Zuwachs 2022. Gleich um 10 (Wifo) bzw. 8 Prozent (IHS) sollen die Ausrüstungsinvestitionen heuer real klettern, 2022 um 5,9 (Wifo) bzw. 5,0 Prozent (IHS).

(APA/Red)

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