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Hypo Alpe Adria wird total verstaatlicht

17 dramatische Stunden wurde auf höchster Ebene verhandelt. Eine Viertelstunde bevor die Schalter der trudelnden Kärntner Hypo Alpe Adria Bank am Montag aufmachten, kam die Entwarnung: Der Bund übernimmt die Bank für symbolische drei Euro.
Video der Pressekonferenz
Norbert Loacker (ÖGB): Hypo Banker zur Verantwortung ziehen
Reaktionen von Faymann und Nowotny
Gemischte Gefühle der Kunden
Marathon-Verhandlungen
Brisante Details
Bank für drei Euro
Trichet warnte vor Dominoeffekt

Die drei Alteigentümer (Bayerische Landesbank, Land Kärnten, Grazer Wechselseitige) schießen noch einmal Geld hinterher, in Summe mehr als eine Milliarde Euro. Eine Pleite der sechstgrößten Bank Österreichs ist vermieden. Es ist die zweite Verstaatlichung in der Finanzkrise binnen eines Jahres, nach der Kommunalkredit.

Die Aufsicht hatte sicherheitshalber schon die Hand drauf: Um Schlag 6:10 Uhr war nach APA-Informationen per Bescheid der Bankenaufsicht der Regierungskommissär für die Bank schon eingesetzt. Der Bescheid war schon zugestellt. Da wurde in Wien im Finanzministerium noch um die Stabilisierungsbeiträge gepokert. Weißer Rauch stieg hier erst kurz nach 7:30 Uhr auf.

Finanzminister Josef Pröll (V) sprach von der schwierigsten Situation, die es für die heimische Bankenlandschaft in den letzten Jahrzehnten gegeben hat. Es bestand große Gefahr einer Insolvenz. Die werde nun nicht schlagend. In der Nacht hatte sich unter anderem EZB-Chef Jean-Claude Trichet in die Rettungsbemühungen eingeschaltet. Die Hypo ist eine Systembank. Sie durfte nicht fallengelassen werden. Trichet warnte laut Pröll vor einem Dominoeffekt auch auf andere, der sich gewaschen hätte.

Bundeskanzler Werner Faymann (S) sieht großen Schaden von der Republik abgewehrt. Der Bund war zur Verstaatlichung gezwungen, weil sie die Alteigentümer “nicht mehr haben wollten”, sagte SP-Staatssekretär Andreas Schieder.

Für die 130.000 Kunden in Österreich und die Kunden und Mitarbeiter auch in den südosteuropäischen Tochterbanken das Wichtigste: Die Bankgeschäfte gehen normal weiter, die Bank ist stabilisiert. Jetzt werde auf Basis des Fortführungskonzepts angegangen, was ausgebaut und was abgestoßen wird, hieß es bei der Pressekonferenz in Wien.

Die Alteigentümer geben zur Rettung der nach teuren Abschreibungen auf dem Balkan weit mehr als eine Milliarde Verlust schreibenden Kärntner Hypo 1,05 Mrd. Euro Kapital. Davon kommen 825 Mio. Euro von der BayernLB, 200 Mio. Euro vom Land Kärnten und 30 Mio. Euro von der Grawe. Der Bund schießt bis zu 450 Mio. Euro ein, womit der Bank in Summe 1,5 Mrd. Euro Kapital zugeführt werden. Damit wird die nach den Abschreibungen gefährlich geschrumpfte Kernkapitalquote auf 8 Prozent mehr als verdoppelt.

Außerdem erhält die Bank von den Alteigentümern gut 3,4 Mrd. Euro an Liquidität. Davon kommen 3,075 Mrd. Euro von der BayernLB, 227 Mio. Euro vom Land Kärnten und 100 Mio. Euro von der Grawe.

Um auch die anderen Banken im Land von der Dringlichkeit zu überzeugen, einen Konkurs der Hypo zu vermeiden, hat Pröll die Chefs von vier großen Instituten am Sonntagabend ins Finanzministerium bestellt. Ihnen wurde dabei die Zusage für 500 Mio. Euro abgerungen, die als Liquidität oder für Maßnahmen zur Risikobegrenzung, etwa Haftungen, aufgestellt werden sollen.

Maßgeblich war der Deal mit den Bayern: Die selber am Staatstropf hängende bayerische Staatsbank BayernLB wollte um jeden Preis raus aus ihrer 67-Prozent-Beteiligung. Vergeblich wollten die österreichischen Verhandler die Bayern zum Verbleib in einer Minderheit bewegen, um die ärgsten Verluste “entkonsolidieren” zu helfen. Aus München kam die politische Vorgabe: Schlussstrich unter das Kärnten-Abenteuer. Gegen die Zusage eines Tier-1-fähigen Kapitalzuschusses von nunmehr 825 Mio. Euro kam es in den frühen Morgenstunden schließlich zur Verständigung.

Vor sieben Uhr früh gab es zum Rettungspakt dann noch einmal ein klärendes Gipfelgespräch zwischen Pröll und Faymann (S). Zwischen den Regierungsparteien war dem Vernehmen nach erst in den letzten Stunden echtes Einvernehmen zum Fortgang in Sachen Hypo gegeben.

Um jeweils einen symbolischen Euro geben BayernLB, Grawe und Land Kärnten ihre Bankanteile an den Bund. Für die Bayern endet der vor zwei Jahren erfolgte Kauf teuer. BayernLB-Chef Michael Kemmer sprach heute von einem “schmerzhaften Schritt” der Trennung. Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) bezifferte die Totalabschreibung der Beteiligung in den Büchern mit 2,3 Mrd. Euro.

Bis in die Morgenstunden war bloß von einer Mehrheitsübernahme durch den Bund die Rede gewesen, mit einer Quote von 51 zu 49 Prozent. Als eine vor sechs Uhr früh erwartete Pressekonferenz des Finanzministers mit den Alteigentümern eineinhalb Stunden später immer noch auf sich warten ließ, lagen auch in der Hypo-Bank in Klagenfurt die Nerven blank. Bankchef Franz Pinkl (er soll bleiben) weilte zu den Krisengipfeln in Wien, und die Gerüchte besagten, dass es nach sechs Uhr nochmals zu Unsicherheiten gekommen sei. Um diese Zeit mussten die Banker schon die FMA-Papiere entgegennehmen.

Damit stand der Regierungskommissär per 8 Uhr bereit. Demnach hätte jeder Kunde im wesentlichen noch einmal Geld abheben können, das Abziehen größerer Summen per Knopfdruck wäre aber schon gestoppt worden. Der Kommissär hätte alles verbieten müssen, was die Bank zusätzlich gefährdet hätte. Dem Vernehmen nach sind in den Katastrophenwochen rund um die Hypo bereits ein Drittel der Spareinlagen abgezogen worden. Dass die Einlagensicherung in einem Vierteljahr ohnedies zur Auszahlung gelangt wäre, war vielen gerade vor Weihnachten offenbar kein Trost.

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