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Hoffen auf Insolvenzverwalter

Alle Hoffnungen der 1.400 Mitarbeiter der zahlungsunfähigen Ferienfluggesellschaft Aero Lloyd richten sich nun auf den vorläufigen Insolvenzverwalter.

Der Frankfurter Rechtsanwalt Gerhard Walter, der bereits den spektakulären Pleitefall des Bauunternehmers Jürgen Schneider betreut hatte, soll klären, ob das Unternehmen noch zu retten ist.

„Der Insolvenzverwalter hat aus unserer Sicht vielseitige Möglichkeiten, die Stärken des Unternehmens so umzusetzen, dass es weiterarbeiten kann und die Arbeitsplätze erhalten bleiben“, sagte Aero-Lloyd-Sprecher Asger Schubert am Freitag. Der vom Amtsgericht Bad-Homburg zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte Walter kündigte an, er werde über das Wochenende mit den Beteiligten sprechen, die Akten prüfen und sich erst am Montag äußern. Mehrere Dutzend Beschäftigte der Charter-Fluglinie zogen unterdessen vor den Amtssitz der hessischen Regierung in Wiesbaden, um für eine stärkere Unterstützung durch die Politik zu demonstrieren.

„Der Insolvenzverwalter kann extrem viel tun“, sagte Schubert. Die Mitarbeiter hätten derzeit überhaupt keine Klarheit über ihre Zukunft und hofften, dass er den Flugbetrieb möglichst bald zumindest in Teilen wieder aufnehmen lassen werde. Auch sei es möglich, dass der Übergangsverwalter über gute Kontakte in die Industrie und zu Investoren verfüge und so eine Finanzierung auf die Beine stellen könne.

Insolvenzrichter Günther Orgaß beim Amtsgericht Bad Homburg sagte, Walter habe Erfahrung mit derartigen Verfahren und sei früher bereits als Verwalter nach der Milliardenpleite des Bauunternehmers Schneider zum Einsatz gekommen. Er müsse nun eine Empfehlung aussprechen, ob ein Insolvenzverfahren mit der Möglichkeit der Rettung des Unternehmens eröffnet oder mangels Masse abgewiesen werden solle.

Walter kündigte an, Gespräche mit der Geschäftsleitung und dem Hauptgesellschafter der Aero Lloyd, der BayernLB, zu führen, um sich einen Überblick über die Situation des Unternehmens zu verschaffen. Am Montag werde er sich dann zum Stand des Verfahrens und den nächsten Schritten äußern.

Die vor knapp 24 Jahren gegründete Aero Lloyd hatte am Donnerstagmorgen überraschend den Flugbetrieb eingestellt und Insolvenz angemeldet, nachdem die Bayerische Landesbank dem Unternehmen einen höheren Sanierungskredit verweigert hatte. Unter anderem die Pilotenvereinigung Cockpit (VC) hatte die Entscheidung der Banken kritisiert, weil die Konjunktur in der Charter-Branche gerade wieder anziehe. Die Branche kämpft jedoch weiter mit der Tourismus-Flaute und der Konkurrenz durch die steigende Anzahl von Billigfluglinien in Europa.

„Dass es so brutal aufwärts geht, hat sich den Banken nicht erschlossen“, sagte der BayernLB-Sprecher Peter Kulmburg. In der Branche gebe es weiter große Überkapazitäten. Der Sprecher wollte sich nicht zu einem Bericht des „Tagesspiegel“ äußern, wonach die Bank weitere 50 Mio. Euro in die Aero Lloyd hätte investieren müssen, um den Sanierungsplan umzusetzen.

Auch zu den Auswirkungen der Insolvenz auf die BayernLB machte Kulmburg keine konkreten Angaben. Die drohenden Verluste lägen jedoch nicht, wie vom „Tagesspiegel“ berichtet, bei 250 Mio. Euro, sondern „erheblich darunter“. Außerdem habe die Bank für einen Zusammenbruch der Aero Lloyd bereits ausreichend Vorsorge getroffen. Die Bank ist seit 1987 bei der Aero Lloyd engagiert und hält 66 Prozent. Die übrigen Anteile liegen bei Privatinvestoren.

Die deutschen Reiseveranstalter forderten indes, neben Pauschaltouristen auch andere Flugreisende vor Insolvenzen ihrer Fluggesellschaft zu schützen. Schätzungsweise 10.000 bis 20.000 Passagiere der Aero Lloyd hätten ihre Flugtickets direkt bei der Fluggesellschaft gekauft und bekämen für deren Verfall nun keine Entschädigung oder müssten ihren Rückflug selbst organisieren, sagten Experten des Deutschen Reisebüro- und Reiseveranstalterverbandes (DRV). Der DRV forderte daher eine europaweit einheitliche gesetzliche Lösung, um einen Insolvenzschutz für alle Flugreisenden zu gewährleisten.

Nachdem die Aero-Lloyd am Donnerstagmorgen um 06.00 Uhr überraschend den Flugbetrieb eingestellt hatte, waren zeitweise rund 8.500 ihrer Passagiere im In- und Ausland festgesessen.

Der Touristikkonzern Thomas Cook hat nach eigenen Angaben bis einschließlich Dienstag Ersatzflüge für gestrichene Aero-Lloyd-Verbindungen organisiert. Insgesamt seien bereits 8.100 Alternativplätze fest für Thomas-Cook-Kunden geplant.

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