Nach intensiven Prüfungen habe man Shell erlaubt, unter Einhaltung rigoroser Sicherheitsvorkehrungen vor der Küste Alaskas nach Öl zu bohren, teilte die zuständige Behörde Bureau of Safety and Environmental Enforcement BSEE am Montag in Washington mit. Der britisch-niederländische Konzern hatte sich über Jahre um die Zulassung bemüht und bereits im Mai wichtige Genehmigungen erhalten.
Shell will in der Tschuktschensee – 113 Kilometer entfernt von dem Dorf Wainwright an der Nordwest-Küste Alaskas – in relativ flachem Wasser bohren. Umweltaktivisten protestieren, sie befürchten unumkehrbare Schäden in dem empfindlichen Ökosystem der Arktis.
BP und die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko
2010 hatte eine Explosion auf der vom Shell-Konkurrenten BP betriebenen Bohrinsel “Deepwater Horizon” die bislang schlimmste Ölkatastrophe verursacht. Elf Menschen kamen ums Leben, Hunderte Millionen Liter Öl flossen in den Golf von Mexiko und richteten massive Schäden an.
Shell musste Bohrungen wegen Pannen-Serie unterbrechen
Shell hatte sein Ölbohr-Programm dort 2012 nach einer Reihe von Pannen unterbrochen. So hatte das Unternehmen dort die Kontrolle über eine Ölplattform verloren. Die Küstenwache musste die 18 Arbeiter evakuieren.
Eisbrecher als Voraussetzung für Genehmigung
Die Genehmigung wurde nun erteilt, nachdem die Reparaturen an einem Eisbrecher beendet wurden, mit dem das Unternehmen im Katastrophenfall Notfallausrüstung an die Förderstelle bringen will. In der Arktis befinden sich nach Schätzungen der US-Regierung rund 20 Prozent der noch unentdeckten Öl- und Gasvorräte der Erde.
Shell-Chef Ben van Beurden hatte wegen des niedrigen Ölpreises zwar andere Großinvestitionen hinten angestellt. An die Bodenschätze in der Arktis zu kommen, behielt er aber oben auf der Agenda. Zur US-Entscheidung hieß es von Shell in London: “Wir verpflichten uns weiterhin, sicher und umweltgerecht zu arbeiten, und freuen uns auf die Auswertung dessen, was möglicherweise eine Basis der nationalen Energieressourcen werden könnte.”
Unumkehrbare Schäden: Umweltschützer befürchten Katastrophe…
Die an Bodenschätzen reiche Arktis ist eine meist eisbedeckte Land- und Meeresfläche von – je nach Definition – 20 bis 30 Millionen Quadratkilometern rund um den geografischen Nordpol. In dem Gebiet werden 30 Prozent der unerschlossenen Gasvorkommen und ein Siebtel der unerschlossenen Öl-Lagerstätten vermutet. Die Aufteilung der Arktis, die wegen der schmelzenden Eismassen zunehmend leichter zugänglich wird, ist unzureichend geklärt. Neben Russland melden auch die vier anderen Anrainerstaaten der Arktis – USA (Alaska), Dänemark (Grönland), Norwegen (Spitzbergen) und Kanada – Gebietsansprüche an.
Mit fortschreitendem Klimawandel könnte die Region innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahrzehnte im Sommer nahezu eisfrei sein, schätzen Wissenschaftler. Damit wäre große Vorkommen von Bodenschätzen erreichbar. Umweltschützer allerdings wenden sich strikt gegen die Ölsuche in der Artikes, ebenso heftig kritisieren sie die Genehmigung für Shell. Sie befürchten unumkehrbare Schäden im empfindlichen Ökosystem der Arktis mit einzigartigen Tier- und Pflanzenarten. Im Falle eines Lecks sei es unmöglich, rasch ausreichend Technik in die Region zu schaffen, um eine Umweltkatastrophe zu verhindern, argumentieren sie.
…und laufen Sturm
Die Greenpeace-Chefin der USA, Annie Leonard, sagte: “Diese Entscheidung bedeutet, dass (US-)Präsident (Barack) Obama das Schicksal der Arktis in diesem Sommer in die Hände von Shell legt.” Und sie kündigte Widerstand an: “Die Regierung sollte es besser wissen. Sie sieht doch, wie groß die Bewegung zum Schutz der Arktis geworden ist. Mit diesem katastrophalen Plan wird sie nur noch größer werden.”
Greenpeace kämpft seit Jahren dafür, dass die Arktis frei von Bohrschiffen und -inseln bleibt. Mit der endgültigen Genehmigung habe Shell nun die Erlaubnis, nicht nur oberflächliche Bohrungen vorzunehmen, sondern auch in tiefere, potenziell ölführende Schichten vorzudringen, betonte Lisa Maria Otte von Greenpeace in Hamburg. “Greenpeace fordert Shell auf, jegliche Ölbohrungen in der Arktis sofort zu beenden.”
Der Sierra-Club, Amerikas älteste Naturschutzorganisation, kritisierte, die Entscheidung richte sich gegen die Erkenntnisse der Wissenschaft, gegen den Willen Hunderttausender Amerikaner und gegen den gesunden Menschenverstand. Der Vorsitzende der Organisation, Michael Brune, sagte: “Präsident Obama gefährdet damit sein klimapolitisches Vermächtnis.” (dpa/red)
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