Für Norbert Vetter, HIV-/Aids-Experte am Otto-Wagner-Spital in Wien, ist das “eine interessante Einzelbeobachtung”. Aber: “Daraus Konsequenzen abzuleiten ist nicht möglich und gefährlich”, sagte er im Gespräch mit der APA.
Virologin sieht Beweis für mögliche Heilbarkeit
Laut Forschern der John-Hopkins-Universität in Baltimore erzielte eine Gruppe von Virologen das Ergebnis bei der Behandlung eines im Juli 2010 geborenen Mädchens. Kurz vor der Geburt sei die Mutter des Kindes positiv auf HIV getestet worden. Dem Baby seien dann wegen des hohen Infektionsrisikos sehr früh drei Medikamente gegen den Aids-Erreger verabreicht worden – mit Erfolg. “Dies ist ein Beweis dafür, dass HIV bei Kindern möglicherweise heilbar ist”, sagte Virologin Deborah Persaud von der Universität in Baltimore.
Vetter: Nachbeobachtungszeit zu kurz
Anders sieht dies Vetter. Es sei ein “Einzelfall einer besonders aggressiven Therapie nach der Geburt”. Mit dem Terminus Heilung müsse man vorsichtig umgehen, sagte er. “Die Nachbeobachtungszeit ist viel zu kurz, es kann erst die Zukunft zeigen, ob es wirklich gelungen ist, die Viren so zu beeinträchtigen, dass sie nicht wieder auftreten”, sagte der Primararzt.
“HIV-infiziertes Kind nicht notwendig”
Vetter wies auch darauf hin, dass ein “HIV-infiziertes Kind nicht notwendig ist”. Eine Infektion könne mit “an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit” verhindert werden. Und das dann, wenn die Schwangere über ihren HIV-Status Bescheid weiß und sich behandeln lässt, erklärte der Spezialist. Dann kann während der Schwangerschaft keine Infektion stattfinden.
Die meisten Infektionen finden während der Geburt statt, sagte Vetter. Daher müsse die Mutter rechtzeitig vor der Niederkunft behandelt werden. Zusätzlich muss das Kind nach der Geburt sofort eine antiretrovirale Kombinationstherapie erhalten und die Mutter darf nicht stillen, erläuterte Vetter. “Dann kann es nicht zu einer HIV-Infektion des Kindes kommen.”
In Österreich extrem selten
In Österreich sind HIV-infizierte Babys extrem selten, erklärte Vetter. Es gebe nur einzelne infizierte Neugeborene in den letzten Jahrzehnten. Der Experte verwies darauf, dass im Mutter-Kind-Pass-Programm ein HIV-Test enthalten ist. Dadurch kann im Falle einer Infektion eine rechtzeitige Behandlung der werdenden Mutter eingeleitet werden und das noch ungeborene Baby vor einer Ansteckung geschützt werden.
Im Fall des laut Forschern geheilten Babys war die Behandlung des Säuglings mit Medikamenten gegen das HI-Virus nach 18 Monaten abgebrochen worden. Davor warnte Vetter ausdrücklich. Das dürfe “ja nicht nachgemacht werden”, sagte der Experte: “Wir beobachten bei unseren Patienten ein sofortiges Wiederauftreten von hohen Viruskonzentrationen nach dem Absetzen der Therapie.” (APA)
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