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Hiobsbotschaften für Bush

Die Kette der Hiobsbotschaften für US-Präsident Bush reißt nicht ab. Skandale beuteln politische Weggefährten wie Justizminister Alberto Gonzales oder Weltbankpräsident Paul Wolfowitz.

Das Blutbad von Blacksburg zeigte aus Sicht vieler Kommentatoren im Ausland die hässlichste Seite der waffenstarrenden US-Gesellschaft. Die meisten Amerikaner vertrauen ihrem Präsidenten nicht mehr: Seine Popularität ist auf einem Tiefpunkt – vor allem wegen des desaströsen Irakkriegs.

Der schlimmste Angriff auf US-Truppen im Irak seit fast zwei Jahren entlarvte nun wieder einmal Bushs optimistische Einschätzungen als wenig glaubwürdig. Nach den Anschlägen auf das irakische Parlament in der extrem streng bewachten „Grünen Zone“ und den verheerenden Selbstmordattacken im Zentrum Bagdads wachsen in Washington auf allen Seiten Zweifel an der „neuen Strategie“ Bushs, an der Verstärkung der US-Truppen im Irak. Aber 18 Monate vor der nächsten US-Präsidentenwahl ist eine Änderung der Irakpolitik kaum zu erwarten. Die spürbare Ratlosigkeit im Weißen Haus, die Zerrissenheit der Demokraten und die Schwäche der Friedensbewegung scheinen die US- Außenpolitik in eine Sackgasse manövriert zu haben.

„Einen Plan B haben wir nicht. Plan B ist die Umsetzung von Plan A“, meinte in entwaffnender Offenheit ein hoher Pentagon-Beamter zur CNN-Korrespondentin Barbara Starr. Bush setzt auf die „Neue Strategie“ – es gibt keine Hinweise, was er zu tun gedenkt, wenn sie keinen Erfolg bringt. Auch der neue US-Oberkommandierende im Irak, General David Petraeus, spricht drei Monate nach der Truppenverstärkung nur von „gemischten Erfolgen“, so in der „Washington Post“. Aber im Pentagon sind die Militärplaner laut „New York Times“ „sehr besorgt“ über die jüngste Zunahme der Selbstmordanschläge – zumal US-Soldaten wegen der neuen Offensive mehr Angriffsziele bieten als früher.

Die Demokraten suchen zwar mit einem Militärbudget, das mit einem Truppenabzugstermin verknüpft ist, die Konfrontation mit Bush. Aber zum einen können sie kaum sein Vetorecht überstimmen – das ginge nur, wenn auch viele Republikaner die Politik Bushs zu Fall bringen wollten. Zum anderen sind die Demokraten zerstritten. Der Vorsitzende des Senats-Streitkräfteausschusses, Senator Carl Levin, hat schon angekündigt, dass die Demokraten letztendlich dem Wehretat auch ohne Abzugsklausel zustimmen würden. Zu sehr fürchten die Demokraten, als vaterlandslose Gesellen angeprangert zu werden, die die kämpfende Truppe mit dem Zudrehen des Geldhahns in Gefahr bringen.

Führende Demokraten wie Senatorin Hillary Clinton kritisieren zwar massiv Bushs gescheiterte Irakpolitik. Sie warnen aber auch vor einem überhasteten Abzug, der das Land in den offenen Bürgerkrieg stürzen würde. Der angesehene Abgeordnete John Murtha will dagegen einen raschen Abzug, „weil dann die Iraker gezwungen sind, zusammen für Frieden zu sorgen“. Zudem müssten die USA für eine Stabilisierung des Iraks die Europäer mehr in die Pflicht nehmen. Auch Demokraten zweifeln, ob solche Vorstellungen realistisch sind.

Viele Demokraten ziehen Parallelen zwischen den Kriegen im Irak und in Vietnam, wo auch lange mit immer mehr Truppen und Durchhalteparolen ein aussichtsloser Krieg gewonnen werden sollte. Aber es gibt gravierende Unterschiede zwischen diesen beiden von den USA geführten Kriegen. In Vietnam starben rund 48.000 US-Soldaten, darunter viele junge Wehrpflichtige. Im Irak gab es bisher über 3.300 tote Amerikaner, aber die Wehrpflicht ist in den USA längst abgeschafft.

Auch gibt es heute keinen nennenswerten Protest der Straße. Die Anti-Kriegs-Bewegung Ende der 60er Jahre war getragen vom Entsetzen in der Gesellschaft über das Blutvergießen in Vietnam und dem rebellischen Zeitgeist in der westlichen Welt. Heute bringt die Friedensbewegung selten mehr als einige tausend Demonstranten auf die Beine. Und schließlich lastet auf den Amerikanern das Trauma der Anschläge vom 11. September 2001 – und damit das Gefühl, sich gegen islamische Extremisten wehren zu müssen. Auch US-Demokraten fürchten, dass eine Niederlage im Irak den Hass auf Amerika nur noch weiter anheizen würde.

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