Alleluja Aus Schluss Amen. Der alte Geist tobt, spuckt, wütet, heult, jammert, schleift Messer, verbietet, was nicht zu verbieten, hockt schnaubend vor dem TV. Hilflos wehren sich alte Geschlechter gegen den Zerfall ihrer einstmals klingenden Namen, untrügliches Zeichen der Dekadenz. Albrichtonen, Amannster, Luftblaser, Aufbröller, Verdannerte, Abdreher, Kleberle, Verflatzte, Frenersche, Geserstrige, Huberoten, Lecherne, Verplankte, Entlenzte, Brünzler, Trolle, Welpen, Zoppelte, Pfeiferer ereifern sich, geifern oder stellen sich tot, horten Geld für irgendeine Not, vertreten die Zeit am Hometrainer und bekämpfen das tägliche Völlegefühl mit Verdauungstabletten.
Da wisperts vom Himmelssee: „Im Zerfall des Alten keimen die zarte Triebe des heraufdämmernden Neuen. Einwanderer strömen ins kranke Land, helfen, die Fleischberge abzuessen, die große Leere zu bekämpfen, geben verhungernden Seelen neuen Sinn. Zeit neuer Ehren im Amt. Nur der Geist erlöst den Bauch vom Wachstumschmerz.“
Der Baron hat den Zanzenberg verlassen. Die von toten Geschäften durchlöcherte Kleinstadt überlässt er ihren hinrichtungserprobten Plotikeri. Gierig warten vor Toren Konzerne auf jeden Quadratmeter Handelsfläche. Riesige Geldmaschinen greifen mit ihren mächtigen Konsumarmen nach den besten Baugründen, damit auch jeder Kofferraumkunde einparken kann. Die Stadtplanung ist kreuzbraver Wachstumgehilfe. Der Volk idiotisiert.
Nimm zwei. Junge Kunden werden für das letzte große Geschäft gezüchtet. Fast unmerklich kippt daneben die Reparaturgesellschaft ins Finanzloch. Junggreise trippeln in Massentextilien, von Kinderarbeit gefertigt, durch kaputte Vororte. Gasthäuser mutieren zu Durchreisepensionen und Automatenbars. Leerstehende Villen gleichen neureichen Purgatorien. Der Besitzer staubt ab. Aufblinkende Hausleuchten erschrecken den spazierenden Touristen. Alarmanlagen lauern hinter Fenstern. Kaum Menschen, da ein Bettler, dort ein radelndes Helmi-Seniorenpärchen. Ein schwarzer UPS-Kasten parkt auf dem Gehsteig. Das moderne Konsumehepaar heiratet spät, macht ein spätes Kind, zwei Karrieren, verdient doppelt, hat eine Zweitwohnung in der Silvretta Nova und Sparbüchle auf verschiedenen Banken.
Schluss mit Heimat, die Kleinstadt bietet keine Bleibe mehr. Wer Geld hat, reist soviel er kann. Global reinziehen, was geht. Die große Entalphabetisierungswelle macht aus der Schrift- die Bildgesellschaft mit Handybuchstaben. Man like‘t sich durchs Facebookleben, verschickt Naturidyllen und Hassmails.
Dennoch: Hoffnung keimt. Der Baron ist 115 km westlich von Ürümqi. Am Himmelssee. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.
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