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"Herr Landesrat, würden Sie einen Flüchtling bei sich aufnehmen?"

Zur Heimat und auch zur Landwirtschaft hat LR Erich Schwärzler einen besonders engen Bezug.
Zur Heimat und auch zur Landwirtschaft hat LR Erich Schwärzler einen besonders engen Bezug. ©W&W
WANN & WO traf Landesrat Erich Schwärzler in Lingenau, um über den Halt in der Familie, Quoten aller Art und nächtliche Spaziergänge durch seine ­Heimatgemeinde zu sprechen.

WANN & WO: Wie geht Ihre Familie mit Ihrem Beruf als Politiker um?

Erich Schwärzler: Mit Verständnis. Dieses Verständnis durfte ich in den vielen Jahren der aktiven Politik erfahren. Sie haben den schwierigen, aber schönen Beruf immer mitgetragen. Ich kann im Kreis der Familie immer neue Kraft tanken und einfach “Zuhause” sein, das ist extrem wichtig für mich. Vieles wäre ohne sie nicht umsetzbar gewesen.

WANN & WO: Sind Sie neben Ihrer politischen Funktion auch privat mit der Landwirtschaft verbunden?

Erich Schwärzler: Vom Elternhaus wurde mir diese Verbundenheit mitgegeben. Der direkte Bezug ist mir wichtig, deshalb habe ich selbst auch Kühe im Stall – zumindest im Winter, im Sommer sind sie auf der Alpe. Das ist nicht nur für den Ausgleich bedeutend, sondern auch für den Praxisbezug.

WANN & WO: Wo oder wie können Sie am besten zur Ruhe ­kommen?

Erich Schwärzler: Ich laufe in der Nacht sehr gerne. Wenn ich nach Hause komme und es schon dunkel ist, parke ich das Auto in der Garage und laufe noch eine halbe Stunde. Das mache ich sicher zwei, dreimal in der Woche. Dahinter steckt nicht vordergründig der sportliche Aspekt, ich spaziere einfach ein bisschen durchs Dorf und kann abschalten, lasse den Tag Revue passieren. Nebenbei sieht man auch noch, was sich in Lingenau tut (lacht).

WANN & WO: Sind Sie heimat­verbunden?

Erich Schwärzler: Ja, sehr. Natürlich ein stolzer Bregenzerwälder, aber noch vielmehr ein stolzer Lingenauer. Eine Heimat – also zu wissen wo man her kommt, wo man getragen wird, wo die Wurzeln liegen und auch verankert sind – wird gerade in unserer schnell gelebten Zeit wieder wichtig.

WANN & WO: Wie kamen Sie zur Politik?

Erich Schwärzler: Ich hatte lange Zeit die Möglichkeit, in der Landjugend-Jungbauernschaft tätig zu sein. Fast zehn Jahre war ich dort Geschäftsführer. Hinzu kamen auch noch zehn Jahre als Vize-Bürgermeister in meiner Heimatgemeinde. Das waren meine ersten politischen Erfahrungen. Dabei habe ich recht schnell bemerkt, dass mir das gefällt, dass ich das gerne mache. Politik mit Menschen, Politik bei den Menschen, dort erfährt man, was die Menschen bewegt, nicht im Büro.

»“Der direkte Bezug ist mir wichtig, deshalb habe ich selbst auch Kühe im Stall – zumindest im Winter, im Sommer sind sie auf der Alpe. Das ist nicht nur für den Ausgleich bedeutend, sondern auch für den Praxisbezug.” Erich Schwärzler«

WANN & WO: Als Sicherheitslandesrat hat man oft mit Menschen in schwierigen Situationen – Katastrophen – zu tun. Bleiben da die Emotionen immer außen vor?

Erich Schwärzler: Nein. Aber bei all der Betroffenheit die in solchen Situationen herrscht, ist dir klar, du musst den Menschen Kraft geben. Ich sage aber ganz klar: Hier ist nicht der Einzelne wichtig. Die Gemeinschaft, die Solidarität, die ehrenamtlichen Organisationen funktionieren zusammen. Dieser Zusammenhalt ist faszinierend.

WANN & WO: Sie sind für Ihre direkte Art bekannt. Es scheint, als ob Sie nichts aus der Ruhe bringt. Gibt es trotzdem etwas, das Sie zur Weißglut treibt?

Erich Schwärzler: Ich hoffe nicht (lacht). Wenn doch, hat das Gegenüber verloren. Innerlich denke ich mir hin und wieder: So nicht. Selbstbeherrschung ist das Stichwort, an den Tag danach denken.

WANN & WO: Landwirtschaftliche Flächen können nur von Landwirten gekauft werden. Gerüchten zufolge stehen Bauern selbst als “Stellvertreter” hin, um Nicht-Landwirten den Kauf zu ermöglichen. Fallen sie sich dadurch gegenseitig in den Rücken?

Erich Schwärzler: Das Gesetz gilt. Der Grundsatz sagt: Produktionsfläche soll der haben, der mit ihr wirtschaften muss.

WANN & WO: Stichwort Überproduktion. Die Bauern protestieren wegen niedrigen Milch-Preisen in Brüssel. Ist Subventionierung in diesem Falle die Lösung?

Erich Schwärzler: Die Situation ist derzeit schwierig. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Lebensmittel täglich billiger werden müssen – für das habe ich absolut kein Verständnis. Lebensmittel sind Mittel zum Leben und haben auf dem Weltmarkt, dem Schleudermarkt nichts verloren. In der Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft vertrete ich eine klare Position: So viel Einkommen wie möglich über Vermarktung der Produkte erwirtschaften, soviel Leistungsabgeltung wie nötig durch die öffentliche Hand, aber keinesfalls Subventionen.

WANN & WO: Wünschen Sie sich eine Milchquote zurück?

Erich Schwärzler: Ja, ich war strikt für die Beibehaltung der Milchquote. Sie war ein Regulativ zwischen den Gunstlagen und den Bergregionen. Die Abschaffung war und ist eine Fehlentscheidung der damaligen EU-Kommissarin. Der Markt bestimmt jetzt noch mehr – und er ist kein Freund der klein strukturierten Landwirtschaft, er kennt andere Gesetze.

WANN & WO: Quoten betreffen nicht nur die Milch, sondern auch die Flüchtlinge. Soll eine Flüchtlingsquote eingeführt werden?

Erich Schwärzler: Wir brauchen eine Quote auf EU-Ebene. Sie schafft es, alles zu regeln – im Detail, sogar wie im Gasthaus Hirschen in Sibratsgfäll die Speisekarte geschrieben werden muss. Wenn es um Menschen geht, die auf der Flucht vor dem Krieg sind, sagen manche Länder: Kenn ich nicht. Das ist der falsche Weg! Eine klare Aufteilung in Europa muss her, genauso wie die stärkere Präsenz in den Herkunftsländern. Der IS kann nicht tausende Menschen aus ihrer Heimat vertreiben! Weiter entwickelt werden muss auch die Idee “Asyl auf Zeit”.

WANN & WO: Würden Sie bei sich einen Flüchtling aufnehmen?

Erich Schwärzler: Aber selbstverständlich.

Wordrap

  • Familie: Kraftquelle
  • Heimat: Trägt
  • Lieblingsspeise: Käsknöpfle
  • Freier Markt: Kein Freund des ­ländlichen Raums
  • Pension: Jeder kommt in dieses Alter
  • Entspannung: Wichtig, um die Gedanken zu ­ordnen
  • Kühe: Gehören zu unserer Region

 

Steckbrief: Erich Schwärzler

  • Geboren: 1953
  • Wohnort: Lingenau
  • Beruf: Politiker
  • Familie: Frau Katharina, vier Kinder (Andrea, C hristoph, Gerlinde, Angelika)

 

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