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Haushoher Sieg der Front National bei Regionalwahlen in Ostfrankreich

Historischer Sieg der Front National bei Regionalwahlen in Frankreich
Historischer Sieg der Front National bei Regionalwahlen in Frankreich ©EPA
Die rechtsextreme Front National (FN) hat in Ostfrankreich ebenso wie landesweit die erste Runde der französischen Regionalwahlen klar gewonnen.

Nach den amtlichen Ergebnissen des französischen Innenministeriums von Montag erreichte die Partei von Marine Le Pen in der Großregion Elsass-Lothringen-Champagne-Ardenne 36,6 Prozent.

Ihr Spitzenkandidat Florian Philippot sprach von einer “neuen Hoffnung” für die Region. An zweiter Stelle steht die bürgerliche Liste des bisherigen Präsidenten der Region Elsass, Philippe Richert, mit 25,8 Prozent, gefolgt von den Sozialisten mit ihrem Spitzenkandidaten Jean-Pierre Masseret, die 16,1 Prozent erhalten. Im Vergleich zu Lothringen und Champagne-Ardenne halten sich die Bürgerlichen im Elsass etwas besser.

Bemerkenswert ist das gute Ergebnis der Regionalisten-Partei “Unser Land”, die in der Ostregion 4,7 Prozent erreichte, obwohl sie hauptsächlich im Elsass bekannt ist. Die Regionalisten haben sich entschieden gegen die Fusion engagiert, aus Sorge um den Verlust der Eigenständigkeit des Elsass.

Frankreich Ð Rechtsruck bei Regionalwahlen
Frankreich Ð Rechtsruck bei Regionalwahlen

Für die zweite Runde am kommenden Sonntag werden Sozialisten versuchen, sich mit Linksparteien und Grünen zu verbünden, um den Siegeszug der FN zu stoppen. Der Chef der Republikaner, Ex-Präsident Nicolas Sarkozy hat in einer ersten Stellungnahme jedes Bündnis gegen die FN abgelehnt.

Nach dem Erfolg der rechtsextremen Front National (FN) bei den Regionalwahlen in Frankreich sollten die etablierten Parteien nach Ansicht des Grünen-Europapolitikers Daniel Cohn-Bendit bei der Stichwahl auf Nichtwähler setzen. Die Wähler der Front National werde man dagegen nicht zurückgewinnen, sagte Cohn-Bendit am Montag im Deutschlandfunk – auch nicht mit einer Politik, die der der Rechtsextremen ähnele.

Möglich mache einen Wahlsieg der FN auch das französische Mehrheitswahlrecht, sagte Cohn-Bendit weiter. Mit einem Verhältniswahlrecht könnten die Konservativen und die Sozialisten eine Große Koalition bilden. “Dann wäre die Sache erledigt, und die Regionen könnten nicht an die extremen Rechten fallen.”

Pressestimmen zum Sieg der Front National

Zeitungen kommentierten am Montag den Sieg der Front National bei den Regionalwahlen in Frankreich:

“Le Figaro” (Paris):
“Der Zorn der Bürger über die Machtlosigkeit und die Niederlagen der Regierungen der letzten Jahrzehnte hat sich langsam entwickelt, doch Präsident Francois Hollande hat das traurige Privileg, diesen Zorn zum Ausbruch gebracht zu haben. Die Front National ist jetzt zweifellos die erste Partei in Frankreich. Ihr Erfolg ist von einer Regionalwahl zur nächsten sprunghaft angestiegen. Für die Linke wie für die Konservativen ist dies eine Niederlage. Für Frankreich ist es ein Sprung ins Unbekannte. Die politischen Folgen werden weit über die Ergebnisse der zweiten Wahlgangs hinaus ihre Spuren hinterlassen. Das politische Frankreich besteht jetzt aus drei Teilen. Das wird auf Dauer die traditionellen Parteien schwächen, die jetzt schon völlig ratlos erscheinen.”

“Liberation” (Paris):
“Die Rechtsextremen können in der zweiten Runde in mehreren Regionen die Wahl gewinnen und so den Wähler daran gewöhnen, dass die Front National (FN) die Geschäfte führt. Ein Drittel der Franzosen hat die Front National gewählt, aber zwei Drittel lehnen ihre Politik ab. Unter diesen Voraussetzungen muss sich die klassische Logik des wichtigsten Feindes durchsetzen. Jeder wirkliche Republikaner muss einsehen, dass ihm das Schlimmste noch bevorsteht. Deshalb muss er alles tun, um das zu verhindern.”

“El Mundo” (Madrid):
“In dem in Frankreich herrschenden Klima der Angst ist die extreme Rechte unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Ihr Erfolg bedeutet eine politische Sintflut im Land der Gleichheit und Brüderlichkeit. Staatspräsident Francois Hollande hatte nach den Terroranschlägen in Paris zwar an Ansehen gewonnen, aber dies konnte den Absturz seiner Sozialistischen Partei nicht verhindern, die für die in Frankreich herrschenden Krisen keine Lösung weiß.
Viele Vorstädte sind zu echten Gettos geworden, die Wirtschaft stagniert. Selbst ein Einzug der FN-Chefin Marine Le Pen in den Elysee-Palast scheint nicht mehr ausgeschlossen. Damit dies verhindert wird, müssen die traditionellen Parteien die Franzosen davon überzeugen, dass ein Staat mit einer Politik, die nur Ängste schürt, nicht frei und groß sein kann.”

“Guardian” (London):
“Unter der Führung von Marine Le Pen hat die Front National langsam an Stärke gewonnen. Mit diesem Erfolg bei den Regionalwahlen hat sie nun die Möglichkeit, an die Macht zu kommen. Wenn sie eine oder mehrere Regionalregierungen kontrolliert, kann sie sich zu einer potenziellen Regierungspartei entwickeln, und Le Pen hat ihren Blick eindeutig auf die Präsidentenwahl 2017 gerichtet. Präsident Francois Hollande hat nach den Anschlägen vom 13. November in Paris möglicherweise neue Unterstützung gewonnen, doch seine sozialistische Regierung hat in wirtschaftlicher Hinsicht kläglich versagt. Die Politik ist so gegensätzlich geworden, dass eine Allianz zwischen den Sozialisten und den Republikanern von (Ex-Präsident) Nicolas Sarkozy bei der zweiten Runde höchst unsicher erscheint.”

“La Stampa” (Turin):
“Die Front National ist die erste Partei Frankreichs, Marine Le Pen verändert das politische Paradigma eines Gründungslandes der Europäischen Union und öffnet eine unvorhersehbare Dynamik auf dem alten Kontinent. Ein angekündigter, aber deswegen nicht weniger aufsehenerregender Sieg: Es ist eine Wahl, die etwas viel Tieferes anzeigt, es ist die Überwindung des politischen Schemas des 20. Jahrhunderts, es platzen die Kategorien, in denen sich die Parteien der westlichen Demokratien geformt haben. 40 Prozent der Stimmen für Marine Le Pen und ihre Nichte Marion in den zwei Regionen, in denen sie Kandidatinnen waren, entsprechen der Summe der Stimmen für die Rechte und die Linke, Ex-Gaullisten und Sozialisten. (…) All das kann man nicht mehr mit der alten Formel der Protestwahl erklären. Das reicht nicht mehr. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass sich die Politik verändert, die alten Formeln nicht mehr taugen. (…) Das Land ist schon woanders.” (APA/dpa)

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