AA

Haus-Geschwister

©Cornelia Hefel
In eine großfamiliäre Hausansammlung setzte Architekt Matthias Hein gekonnt ein schlichtes Holzhaus mit Garage. Beide sattelbedacht.

Der Bauplatz ist besonders. An der Straße eine Lindenallee, rundherum Verwandtschaft. Daher gibt es keine Zäune. Umsichtig setzte Architekt Matthias Hein ein ruhiges, zweigeschoßiges Haus und eine Garage auf das Grundstück. Beide mit Satteldach, beide aus demselben Holz. Haus-Geschwister. Ein gedeckter Freiraum zwischen ihnen ist Eingang und verbindet die beiden, den asphaltierten Vorplatz und den Garten. Gemeinsam bilden sie ein Ganzes, das weit mehr ist als die Summe seiner Teile.

Wahlverwandschaft: Architekt Roland Gnaiger plante 1988 am Nachbargrundstück ein außergewöhnliches Haus (rechts), Architekt Matthias Hein reagierte darauf mit einem sattelbedachten Haus und wesensverwandter Garage (links).
Treffpunkt: Die Garage ist zum Garten hin eine Sauna. In der gedeckten Nische davor sitzen auch benachbarte Familienmitglieder sehr gern in der Abendsonne.

Die Lage in der Kirche am Feld, einem der ältesten Stadtteile von Feldkirch ist wunderbar. Ruhig und grün. Eine Lindenallee säumt die sacht gekrümmte Straße, alle Parzellen am westlichen Kurvenrand werden von einer Familie bewohnt. Daher gibt es keine Zäune und tobt sich das verwandtschaftliche Kinderkollektiv überall aus.

Vielseitig: Im südwestlichen Eck des Hauses ist eine Terrasse eingeschnitten. Sie beschenkt es mit einem gedeckten Freiraum am Garten, Abendsonne in der Wohnküche und zusätzlichen Blicken ins Freie. Per Schiebetor kann man sie ein wenig abschirmen.

Die Schwiegermutter des Bauherrn ließ sich von Architekt Roland Gnaiger 1988 ein Haus planen. Der Raum unter dem gläsernen Satteldach in der Mitte durchmisst die gesamte Hauslänge. Rechts und links davon dockt je ein Wohntrakt an, leicht davon abgesetzt bildet die Garage die Verlängerung des äußeren. Der Baugrund grenzt im Norden an Gnaigers Haus, Empfehlungen führten geradewegs zu Matthias Hein. Er bereicherte die vorhandene Partitur an Satteldächern um eine weitere Variante. Das zweigeschoßige Wohnhaus und die Garage – beide aus einem Holz, beide mit Satteldach, beide parallel zueinander, fügen sich in Maßstab und Anordnung gut ein.

Der gedeckte Freiraum mit dem halbhohen Drehtor zwischen Garage und Haus ermöglicht, dass man trockenen Fußes zur Eingangstür gehen kann.

Das Wohnhaus im Süden distanziert sich klar von der Straße, die eingeschoßige Garage im Norden steht ihr naturgemäß näher. Ein gedeckter Freiraum, der sich mit einem halbhohen Drehtor entweder schließen oder offenhalten lässt, verbindet beide. Er handelt alle Themen des Hauses ab: den Freiraum, die Schwelle und den Weg, der neue Raumund Sichtbeziehung eröffnet.

So vielseitig können Fenster sein! Eine Schiebetür in den Garten (links), ein Fenster zur eingeschnittenen Terrasse mit einem tiefen Fensterbrett, das sich als Kanapee eignet und eine Lesenische zwischen der Bücherwand. Letztere liegen in der Abendsonne.

Garage und Haus definieren einen Platz, der mit Ortbetonplatten befestigt ist. Zwei Lindenbäume spenden im Sommer Schatten und schirmen die Straße ab, die Kinder spielen hier sehr gerne, vom Küchenfenster aus hat man sie immer im Blick. Vor dem Drehtor schafft der Dachvorstand – der sich an die Flucht des Wohnhauses hält – einen gedeckten Bereich, gartenseitig reicht er bis zur vorstehenden Dachkante der Garage, die hier eine Sauna ist. So entsteht eine witterungsgeschützte Nische in der Abendsonne. Vor allem im Hochsommer sitzen auch Familienmitglieder aus den Nachbarhäusern hier sehr gern.

Hier zeigen sich die Qualität der eingeschnittenen Terrasse und die Lesenische in voller Pracht. Auch als Indoorzeltplatz ist dieser Wohnbereich geeignet.

Linker Hand die Garderobe, geradeaus die Wohnküche, rechter Hand ein WC für Gäste, dahinter der Kamin. Dessen Feuerstelle wendet sich dem Wohnen zu, umsichtig rahmt die wandfüllende Bibliothek an der westlichen Stirnseite ein quadratisches Fenster, das auch Lesenische am Garten ist. Im Süden öffnet sich eine Schiebetür zur Terrasse, die ins Hauseck eingeschnitten ist. Wieder ein gedeckter Freiraum.

Der Kamin bildet den behaglichen Anker zwischen Küche, Essplatz und Wohnbereich. Hier geht es auch nach oben in die Schlafebene.

Auch die Schrankwand der Wohnküche endet als Sitzbank beim Kamin. Durch ein riesiges Fenster sieht man von der Arbeitsfläche der Küche auf Straße und Lindenallee. In der Mitte ein frei - stehender Herd und der Esstisch aus der alten Wohnung, natürlich öffnet sich die raumhohe Schiebetür zum Garten. Die eingeschnittene Terrasse schafft im Westen ein weiteres Fenster, das die Abend - sonne herein und den Blick durchs ganze Haus schweifen lässt. Die Fensterbrüstung ist innen und außen als Sitzbank gestaltet. Fast ein Lieblingsplatz des Bauherrn. Der zweite ist der Arbeitstisch an der Treppe im Spielflur des Obergeschoßes. Er bewährte sich bestens als Home-Office. Die Zimmer der Kinder reichen bis unter den First, wo es extra ein Hochplateau zum Schlafen und Spielen gibt. Mit einem kleinen Oberlicht, durch das man in den Nachthimmel schauen kann.

Hier kommen die Indianer her! Die Zimmer der Kinder reichen bis unter den First, wo es ein extra Hochplateau zum Schlafen und Spielen gibt.

Zwei 70 Meter tiefe Erdsonden speisen die Fußbodenheizung, vom Kelleraushub bis zum Einzug verging ein knappes Jahr, der Planungsprozess dauerte eineinhalb Jahre. "Das ist sehr wertvoll. Alle wichtigen Entscheidungen müssen sitzen, man muss sie genau überlegen und mit dem Bauherren abstimmen." Das Haus ist ein vorgefertigter Holzbau. "Vorgefertigt klingt so abwertend. Dabei gibt es viele Regionen, wo sie es einfach nicht können", sagt Hein. "Die Bauausführung war heraus - ragend." Die Fichtenholzfassade ist oben sägerau, unten gehobelt, damit die Kinder sich keine Schindeln einziehen. Alle Teile – inklusive Hinterlüftung, Windpapier, Lattung, Fassade – kamen fertig per LKW auf die Baustelle, zwei Tage später standen Haus und Garage.

Der Arbeitstisch des Bauherrn an der Treppe im Spielflur bewährte sich bestens als Homeoffice.

"Ich freue mich immer, wenn ich heimkomme", sagt der Bauherr. Der Cousin hat Blumen- und Gemüsebeete, Katzen, Hühner und Hasen im nachbarlichen Garten. Hoppeln sie auf sein Grundstück hinüber, freuen sich die Kinder.

Daten und Fakten

Objekt Haus W, Feldkirch
Architektur HEIN architekten zt, Bregenz www.hein-arch.at
Bauherr Baukultur Management, Schwarzenberg
Fachplanung Tragwerksplanung: plan DREI, Andelsbuch; Bauphysik: Günter Meusburger, Schwarzenberg; Holzbau: Flatz, Alberschwende
Planung 01/2019–12/2019
Ausführung 09/2019–11/2020
Grundstück 787 m²
Nutzfläche 165 m² (Neubau)
Konstruktion Untergeschoß Beton, außen gedämmt; darauf vorgefertigter Holzständerbau; Fassade Weißtanne; Dach FaserzementSchindeln; Fenster: Tanne
Ausführung Baumeister: Wälderbau, Schwarzenberg; Zimmerer: Flatz, Alberschwende Heizung-Sanitär: Siegfried Steurer, Egg: Elektro: Schneider, Schwarzenberg; Speng - ler: Mathis, Altach; Bau- und Möbeltisch - ler/Fenster: Manfred Oberhauser, Schop - pernau; Böden: Wäldar, Schwar-zenberg; Estrich: Ebner, Lustenau; Fliesen: Kröll, Rankweil; Ofen: Müller, Ludesch; Maler: Krista, Frastanz; Glas: Müller, Frastanz; Sonnenschutz:Stampfl, Göfis; Trockenbau: Reuplan, Hard
Energieausweis 40 kWh/m² im Jahr (HWB)

Text: Isabella Marboe | Fotos: Cornelia Hefel

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite