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"Hanna und ich", der neue Prosaband von Andrea Winkler

Für ihr Debüt "Arme Närrchen" (2006) erhielt die in Wien lebende Oberösterreicherin Andrea Winkler u. a. das Hermann-Lenz-Stipendium und den Theodor-Körner-Preis.

Vor wenigen Tagen wurde ihr der mit 10.000 Euro dotierte Hauptpreis des ersten Literaturwettbewerbs auf Schloss Wartholz zuerkannt. Eine ausgezeichnete Autorin also, dennoch tut man sich schwer, ihren Prosaband “Hanna und ich” ein ausgezeichnetes Buch zu nennen. Am Mittwoch (5.3.) wird diese Neuerscheinung des Droschl Verlags in der Wiener Alten Schmiede vorgestellt.

Zunächst nehmen einen die einfachen, beschreibenden Sätze von teilweise geheimnisvoller Schönheit, die Andrea Winkler in aller Ruhe vor einem ausbreitet, durchaus gefangen. Man vermutet einen raffinierten, etwas sperrigen, erzählerischen Trick, der Widerstand gegen eine allzu glatte Oberflächlichkeit des Erzählens bieten soll. Doch allmählich ahnt man, dass diese Sätze keine Spur bilden, die zu verborgenen Schätzen führt, zu literarischen Abenteuern, sondern dass sie ausgebreitet werden wie Meterware in dem “kleinen Laden”, in dem Bücher und Papiere hin- und hergetragen werden und in den sich kaum je ein Kunde verirrt. Eins kommt gleichwertig neben dem anderen zu liegen, bei der Sichtung und Bewertung ist keine Hilfe zu erwarten: “Hier ist nicht viel zu tun, hier wird sich immer Ähnliches zutragen, und die Tage verlieren sich wie Blätter in der Luft.”

Winkler legt gleich zu Beginn, einem Theaterstück gleich, Schauplätze und Personen fest: “Orte: eine Wohnung, ein Laden, ein Platz (eine Fläche), eine Wiese (ein Baum), eine Brücke (ein Geländer) – vielleicht aber auch nur der Zug oder das Fenster in ihm? Oder ein Karussell? Wüsst’ ich’s! Figuren: Herr Emm, Rio, Lea, Hanna, ich – niemals wirklich genug, ich bedaure! Die Geschichte: ist im Suchen begriffen. Immerhin!” Die Figuren streichen immer wieder um einander herum, kommen nicht voneinander los. Es herrscht ununterbrochen Bewegung, ein Gehen, ein Laufen, ein einander Berühren. Immer wieder werden Beine angewinkelt und an die Brust gezogen, Köpfe auf fremde Schultern gelegt oder in den Nacken geworfen, doch die handelnden Personen bleiben flüchtige, konturlose Gebilde, Traumgespinste, die sich nie wirklich materialisieren.

Gelegentlich kommt die Rede auf geheimnisvolle Auftraggeber. Doch die immer wieder eingestreuten Fragen behandeln keine konkreten Probleme des Lesers, wie: Wer will was von wem? Stattdessen wird “Was ließe sich suchen, das den Blick stört?” gehaucht, heißt es: “Hanna, regt sich etwas in diesem Bild, oder ist es schon zugedeckt und abgedichtet?” oder “Würde bitte jemand für mich einen Stein aus dem Wasser fischen, auf dem ich mich ausruhen kann? Und dann mit mir kämpfen!” Doch Winkler entzieht sich dem Gegner, duckt sich weg, geht in Deckung und ändert ständig die Spielregeln.

“Schatten(spiele)” hat Andrea Winkler (Jahrgang 1972) ein Buch über “Poetologische Denkwege zu Friederike Mayröcker” genannt, und auch das Lesen von “Hanna und ich” wird zum Schattenboxen, dem zwar ein gewisser ästhetisch-meditativer Reiz innewohnt, aber wegen der hartnäckigen Verweigerung von Angriffsfläche und Widerstand auch verärgert: leere Worte, leere Versprechungen, leere Kilometer. Was auch passiert, das letzte Wort gehört immer dem Erzähler: “Aber meine Sätze ins Zimmer gießen kann ich allemal noch und den Kopf einziehen auch!”

Andrea Winkler: “Hanna und ich”

Droschl Verlag, 134 S., 16 Euro

ISBN: 978-3-85420-738-2

Buchpräsentation in der Wiener Alten Schmiede:
5. März, 19 Uhr

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