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Hamas: Kein Krieg unter Palästinensern

Ministerpräsident Ismail Haniyah hat den Palästinensern versprochen, einen Bürgerkrieg zwischen den Hamas-Extremisten und Anhängern von Präsident Mahmud Abbas zu verhindern.

Zu Beginn einer Gesprächsrunde zwischen den verfeindeten Gruppen aus den Reihen von Hamas und Fatah rief er am Dienstag alle Beteiligten zugleich dazu auf, Ruhe zu bewahren. Bei Zusammenstößen zwischen bewaffneten Kräften beider Seiten wurde zuletzt am Montag in Gaza der Fahrer eines jordanischen Diplomaten getötet. Israel nahm einen der wichtigsten Kommandanten der Hamas fest, der für zahlreiche Anschläge während des jüngsten Palästinenser-Aufstandes verantwortlich sein soll.

„Bürgerkrieg ist ein Wort, das im palästinensischen Vokabular nicht existiert“, sagte Haniyeh von der radikal-islamischen Hamas vor den Beratungen in Gaza. „Ich versichere den Menschen, dass diese Vorfälle überwunden werden können.“ Die Zusammenstöße zwischen Hamas- und Fatah-Anhängern haben sich verschärft, seit beide Seiten in ihrem Kampf umd Macht und Einfluss in der vergangenen Woche im Gaza-Streifen eigene Sicherheitskräfte stationiert haben. Die vom Innenministerium befehligte paramilitärische Truppe stützt sich dabei weitgehend auf die Ezzedin-el-Kassam-Brigaden der Hamas, die an der Spitze des jüngsten Palästinenser-Aufstandes standen. Seit Februar vergangenen Jahres hält sich die Hamas an einen Waffenstillstand.

Trotz entsprechender Forderungen von Abbas plante die Hamas-Regierung jedoch nicht, ihre paramilitärische Truppe wieder aufzulösen. Die Regierung brauche die Einheit, um das Chaos im Gaza-Streifen zu beenden, erklärte ihr Sprecher Ghazi Hamad. Die Fatah warnte, unter diesen Umständen werde sich die Lage nicht beruhigen. Die Hamas hat die Fatah bei den Parlamentswahlen im Jänner haushoch geschlagen. Wegen ihrer Weigerung, Israel und die bisherigen Nahost-Vereinbarungen anzuerkennen, wird sie jedoch international boykottiert. Das Ausbleiben der Finanzhilfen hat die ohnehin großen ideologischen Spannungen zwischen ihr und der Fatah noch verschärft.

Israelische Soldaten nahmen am Dienstag in Ramallah im Westjordanland einen seit acht Jahren gesuchten Hamas-Milizenführer fest. Ibrahim Hamad (41) habe mehrere schwere Anschläge organisiert, bei denen insgesamt mehr als 60 Israelis getötet worden seien, teilte die Armee in Tel Aviv mit. Der israelische Rundfunk meldete, er sei der meistgesuchte militante Palästinenser. Demnach stand er seit 1998 auf der israelischen Fahndungsliste; er werde unter anderem für den Tod von rund 60 Israelis bei verschiedenen Selbstmordanschlägen verantwortlich gemacht und habe Attentate auf die israelische Eisenbahn und Gasversorgung vorbereitet. In Bethlehem habe die Armee ferner zwei Mitglieder des ebenfalls extremen Islamischen Jihad und fünf mutmaßliche militante Mitglieder der Fatah gefasst.

Der palästinensische Ministerpräsident bot unterdessen Israel für einen Rückzug aus den besetzten Palästinenser-Gebieten eine „verlängerte Waffenruhe“ an. In einem Interview mit der israelischen Zeitung „Haaretz“ vom Dienstag sagte Haniyeh: „Wenn Israel sich auf die Grenzen von 1967 zurückzieht, wird Frieden herrschen und wir werden für viele Jahre eine Waffenruhe einhalten.“

Unterdessen bereitete die EU-Kommission eine Zahlung von 34 Millionen Euro als humanitäre Hilfe für die Bevölkerung in den Palästinenser-Gebieten vor. Nach Angaben der Kommission vom Dienstag in Brüssel haben die EU-Regierungen dem Vorhaben grundsätzlich zugestimmt. Die EU hatte Anfang April beschlossen, zunächst keine Hilfsgelder mehr über die von der radikal-islamischen Hamas-Bewegung geführte Palästinenser-Regierung zu leiten, weil diese sich nicht vom Terrorismus lossagt und Israel nicht anerkennt. Humanitäre Hilfe wurde von diesem Stopp ausgenommen.

Haniyeh äußerte sich vor einem Treffen des israelischen Regierungschefs Ehud Olmert mit US-Präsident George W. Bush am Dienstaganachmittag (Ortszeit) im Weißen Haus. Das Weiße Haus hatte im Vorfeld der Begegnung von Bush und Olmert deutlich gemacht, dass keine konkreten Ergebnisse mit Blick auf den Nahost-Friedensprozess zu erwarten seien. Allerdings erwarteten Nahost-Experten, dass Bush darauf dringen wird, dass Olmert zumindest mit Präsident Abbas spricht. Olmert hatte ihn vor seiner Washington-Reise als „machtlosen“ Mann bezeichnet, der nicht in der Lage sei, seine eigene Regierung zu kontrollieren.

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