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Hamas: Allparteienregierung angestrebt

Einen Tag nach der Ernennung von Ismail Haniyeh zum palästinensischen Ministerpräsidenten hat die Hamas die anderen Fraktionen zur Bildung einer Allparteienregierung aufgerufen.

Die radikale islamische Bewegung trägt damit der drohenden internationalen Isolierung einer ausschließlich von ihr gestellten Regierung Rechnung. Im Haus von Hamas-Fraktionschef Mahmoud al-Zahar begannen im Gaza-Streifen Gespräche mit der abgewählten Fatah. Deren Delegation wurde vom Chef der Parlamentsfraktion, Azzam al-Ahmad, angeführt.

Die Fatah erklärte sich „prinzipiell“ zu einer Regierungsbeteiligung bereit. „Die grundsätzliche Einigung und die Absicht sind vorhanden, aber wir müssen uns auf das Programm verständigen“, sagte Ahmad. Präsident Mahmoud Abbas hatte am Dienstagabend Haniyeh zum Premierminister ernannt. Hamas-Sprecher Salah al-Bardaweil sagte am Mittwoch, die Bewegung sei entschlossen, eine möglichst breite Koalition zu bilden. Kontakte gebe es bereits mit der marxistischen „Volksfront für die Befreiung Palästinas“ (PFLP) und mit der „Demokratischen Front für die Befreiung Palästinas“ (DFLP) sowie mit der Partei „Unabhängiges Palästina“ von Mustafa Barghouti.

Die Hamas, die Israels Existenzrecht bestreitet und von den USA und der EU als terroristische Gruppe eingestuft wird, stellt 74 der 132 Abgeordneten, die Fatah 45. Neben den Listen von PFLP und DFLP und der Liste „Unabhängiges Palästina“ ist auch die Bewegung „Dritter Weg“ von Salam Fayed und Hanan Ashrawi im Legislativrat vertreten.

Der Konflikt zwischen der Fatah und der neuen Hamas-Mehrheit hatte sich am Dienstag zugespitzt. Der vom alten Parlament auf dessen letzter Sitzung zum „ständigen Generalsekretär“ des Legislativrates ernannte Fatah-Funktionär Ibrahim Khreisheh wurde auf Veranlassung des neuen Hamas-Parlamentspräsidenten Aziz Dweik aus seinem Büro in Ramallah abgeführt. Dweik hatte die Beschlüsse, die das Fatah-dominierte Vorgängerparlament am 13. Februar gefasst hatte, ausgesetzt, was von der Fatah als illegal angesehen wird.

Der Iran hat der künftigen Hamas-geführten Regierung Hilfe zugesichert. Der Hamas-Regierung werde auf jeden Fall finanziell geholfen, „damit sie sich gegen die Unterdrückung der USA wehren kann“, sagte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, Ali Larijani, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Isna. Der oberste Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, hatte am Montag bei einer Zusammenkunft mit Hamas-Politbürochef Khaled Mechaal (Mashaal) in Teheran die islamischen Länder zur Unterstützung der Palästinenser aufgerufen.

Mit ihrer Forderung, die neue Hamas-geführte palästinensische Regierung zu isolieren, ist US-Außenministerin Condoleezza Rice in Ägypten auf taube Ohren gestoßen. „Wir müssen der Hamas Zeit geben“, erklärte Außenminister Ahmed Abul Gheit nach Arbeitsgesprächen mit seiner US-Kollegin am Dienstagabend in Kairo. Die Hamas werde sich als Regierungspartei weiter entwickeln, „das ist nur eine Frage der Zeit“, sagte er. Der ägyptische Außenminister kritisierte die von der israelischen Regierung beschlossenen Sanktionen: „Wir verwerfen die Politik der israelischen Regierung, den Palästinensern vorzuenthalten, was ihnen zusteht“, betonte Ahmed Abul Gheit. Israel hatte die vertraglich festgelegte Überweisung von Zoll- und Steuereinnahmen an die palästinensische Führung eingestellt.

Österreichs Außenministerin Ursula Plassnik trifft in ihrer Funktion als amtierende EU-Ratsvorsitzende am Mittwoch kommender Woche (1. März) mit der israelischen Außenministerin Tzipi Livni zu einem Arbeitsgespräch zusammen. Wie das Außenamt in Wien am Mittwoch verlautbarte, wird im Zentrum des Gesprächs der Friedensprozess im Nahen Osten stehen, insbesondere die Situation nach den Wahlen zum palästinensischen Legislativrat. Plassnik hatte als Vertreterin der Europäischen Union an den Beratungen des internationalen Nahost-Quartetts teilgenommen, das neben der EU die Vereinten Nationen, die USA und Russland umfasst. Instrument des Quartetts ist die „Roadmap“, ein Friedensfahrplan mit dem Endziel, dass Israel und Palästina als zwei souveräne Staaten nebeneinander existieren.

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