Wie der Rundfunksender Radio Caraibes, erstickte ein 65-jähriger Mann, als aufgebrachte Wähler ein Wahllokal in der Hauptstadt Port-au-Prince stürmten, das nicht zur angekündigten Zeit öffnete. Vor einem anderen Wahlbüro wurde eine Frau verletzt. Der von anhaltender Gewalt erschütterte Karibikstaat Haiti droht seit einiger Zeit im Chaos zu versinken. Die Wahlen waren bereits vier Mal verschoben worden.
Mehrere Rundfunksender berichteten von erheblichen Verzögerungen bei der Öffnung der Wahllokale auch in anderen Städten. Vielerorts waren keine Wahlmaterialien vorhanden, hieß es. Die seit 2004 in Haiti stationierte UN-Truppe (MINUSTAH) hatte versichert, alles im Griff zu haben und einen friedlichen Wahlverlauf gewährleisten zu können.
Knapp zwei Jahre nach dem Sturz und dem Zwangsexil von Präsident Jean Bertrand Aristide ist die Lage in Haiti nach wie vor sehr instabil. 32 Kandidaten traten für das höchste Amt im Staat an; für die 99 Parlamentssitze und 30 Senatsmandate gab es 1300 Bewerber. Als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat galt der frühere Staatschef und Aristide-Gefolgsmann Rene Preval. Allerdings war unklar, ob er die für einen Wahlsieg im ersten Durchgang erforderliche Mehrheit von mehr als 50 Prozent erreichen werde.
Die Wahlen wurden genau zehn Jahre nach dem ersten demokratischen Machtwechsel – von Aristide zu Preval – seit Haitis Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1804 abgehalten. Zahlreiche internationale Wahlbeobachter, unter ihnen mehr als dreißig der Europäischen Union, überwachten den Urnengang. Bei vielen Haitianern bestand die Hoffnung, dass das vollkommen verarmte Land 20 Jahre nach dem Ende der Duvalier-Diktatur zur Ruhe kommen und auf die Zeit der politischen Wirren, Putschs und Gegenputschs eine Periode der Stabilität folgen werde.
Seit Aristides Sturz wurden laut amtlichen Angaben 1600 Menschen ermordet; allein in den vergangenen zehn Monaten wurden außerdem 1900 Menschen verschleppt. Gewalt gibt es nicht nur im kriminellen Milieu der Drogenhändler und Entführer. Auch zwischen der wegen ihres mangelnden Krisenmanagements kritisierten UN-Blauhelmtruppe unter brasilianischem Kommando und einheimischen Gruppen kommt es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit tödlichen Folgen.
Preval rechnete sich gute Chancen aus, mit den Stimmen der Schwarzen in den Armenvierteln und ländlichen Gebieten in das Amt des Staatspräsidenten gewählt zu werden, das er bereits zwischen 1996 und 2001 innehatte. Im Wahlkampf machte sich Préval zum Fürsprecher der Armen und versprach, dass Haiti unter seiner Herrschaft endlich zur Ruhe kommen werde.
Sollte Preval den Wahlsieg in der ersten Runde verfehlen, muss er sich am 19. März einer Stichwahl stellen. Doch die laut Umfragen auf Platz zwei oder drei gesetzten Kandidaten erscheinen nicht allzu aussichtsreich. Der 50-jährige weiße Industrielle Charles Baker warb mit dem Slogan Ordnung, Disziplin und Arbeit für sich. Baker spielte eine führende Rolle beim Sturz Aristides im Februar 2004. Der 75-jährige Politologe und Historiker Leslie Manigat, den das Militär 1988 nach einigen Monaten aus dem Amt des Staatspräsidenten putschte, verbrachte Jahrzehnte im Exil.
Von den rund 4,5 Millionen Wahlberechtigten ließen sich nur 3,5 Millionen Menschen in die Register eintragen. Die in ländlichen Gebieten oft nur nach kilometerlangen Fußmärschen erreichbaren Wahllokale sollten um 22.00 Uhr MEZ schließen. Mit Ergebnissen wurde nicht vor Freitag gerechnet.
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