Wer den Ton abschaltet, könnte die neue ägyptische Fernsehshow Kalam Kebir (Ein wichtiges Thema) leicht für eines der vielen religiösen Programme halten, die das arabische Publikum besonders im islamischen Fastenmonat Ramadan gerne sieht. Auf einem schwarzen Sessel sitzt eine schlanke Frau mit weiten Gewändern und weißem Kopftuch, die mit beschwörenden Gesten versucht, eine Botschaft loszuwerden. Ihr gegenüber sitzt Scheich Chalid, ein bärtiger Mann. Er trägt das große braune Gebetsmal auf der Stirn, das bei den Ägyptern spaßeshalber Rosine genannt wird. Doch die beiden Gesprächspartner betreiben keine Koranexegese, ihr Thema ist Sex.
In Kalam Kebir, Ägyptens erster Sexualkunde-Show, die seit dem Spätsommer samstagabends zur besten Sendezeit auf dem Satellitenkanal Mehwar ausgestrahlt wird, geht es heute um die Hochzeitsnacht und die Frage, wie ein Paar in dieser Nacht trotz des gesellschaftlichen Drucks und der anstrengenden Feier Geschlechtsverkehr haben kann. Vermeiden Sie schwere, fettige Speisen, rät die Moderatorin im schulmeisterlichen Ton.
Präsentiert wird die Sendung von der Ärztin Heba Kotb (39), die in ihrer Praxis Patienten mit sexuellen Problemen behandelt und berät. Die gläubige Muslimin, die in ihren Ausführungen ständig Gott und den Propheten Mohammed erwähnt, ist angetreten, das Tabu-Thema Sex unter dem Teppich hervorzuholen, wie sie sagt. Ihr Grundsatz lautet: Erlaubt ist im Schlafzimmer vieles, aber nur wenn die Sexualpartner verheiratet sind. Gesponsert wird die Sendung von einer ägyptischen Privatklinik.
Ein Grund dafür, dass viele Ägypter auch in der Ehe mit dem Sex unzufrieden sind, sind ihrer Ansicht nach mangelnde Aufklärung und Fehlinformationen zum Thema, die junge Menschen im Bekanntenkreis aufschnappen. Denn im Regelfall spricht man weder in der Schule noch in der Familie über Sexualität, obwohl der Islam ursprünglich einmal deutlich weniger lustfeindlich war als beispielsweise die katholische Kirche. Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass viele Männer aus finanziellen Gründen erst spät heiraten können und daher zum Teil bis zum 30. Lebensjahr mit keiner Frau schlafen.
Über alle diese Themen soll man offen sprechen, meint Kotb. Doch auch sie kennt ein Tabu: Es ist nicht akzeptabel wenn sich Freundinnen über die sexuelle Potenz ihrer Ehemänner unterhalten, denn jeder Mensch ist halt verschieden, sagt sie. Ihren Rat untermauert sie mit einem religiösen Argument: Das muss privat bleiben nach dem Willen Gottes. Denn wenn Gott gewollt hätte, dass andere Menschen über das Sexualleben eines Paares Bescheid wissen, dann hätte er daraus schließlich keine Handlung gemacht, die hinter geschlossenen Türen stattfindet, anders als zum Beispiel das Essen.
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