AA

"Guys and Dolls" an der Volksoper

Heinz Marecek inszenierte das fast 60 Jahre alte Broadway-Musical an der Wiener Volksoper mit Buntheit und Charme, doch wenig Drive.

Musical-Fans kommen derzeit in Wien voll auf ihre Kosten. Wenige Tage nach der etwas seelenlos wirkenden Neuentwicklung “Rudolf – Affaire Mayerling” im Raimund Theater bot die Volksoper gestern, Sonntag, Abend den Vergleich mit einem fast 60 Jahre alten klassischen Broadway-Musical, in dem “arme Sünder” im Spielrausch auch ihre Seelen verwetten. “Guys and Dolls” von Frank Loesser punktete dabei mit gehaltvollerer Musik und interessanteren Charakteren.

In dem 1950 uraufgeführten Musical versucht eine junge Heilsarmistin am Broadway, Spieler und Gauner auf den Weg des Herrn zu führen und kostet dabei selbst von süßen, sündigen Verlockungen. Das Kreativteam rund um Regisseur Heinz Marecek hat einige Anstrengungen unternommen, den seither angesetzten Staub von dem Stück zu blasen. Alexander Kuchinka hat die Lieder, Christoph Wagner-Trenkwitz die Dialoge neu übersetzt, Sam Madwar eine bunte Bühne gebaut, in der ständig Leuchtreklamen blinken und ein Ausflug nach Kuba mit beweglichen Projektionen einen exotischen Hintergrund wie aus dem Reiseprospekt erhält. Ramesh Nair hat etliche ansprechende, klassische Massen-Tanz-Szenen choreographiert, in denen Gauner und Girls durcheinanderwirbeln.

Dirigent Joseph R. Olefirowicz geht mit dem Volksopern-Orchester sehr in die Breite, verschleppt das Tempo und setzt auf Stimmung statt auf Drive. Dass Regisseur Marecek denselben Weg einschlägt, hat jedoch seinen guten Grund: Der Charme der Produktion liegt nicht in ihrer Perfektion, sondern in ihrem Nostalgie- und Liebenswürdigkeits-Faktor. Hier ziehen Hauptdarstellerin Johanna Arrouas als gar nicht so prüdes Heilsarmee-Girl Sarah Brown und Hausherr Robert Meyer als Organisator des verbotenen Würfelspiels alle Register. Die Königin des Abends aber ist Sigrid Hauser, die als Dauerverlobte des Spielerkönigs hemmungslos ihr komödiantisches Talent einsetzt und mit viel Herz und einigem Augenzwinkern auch bei den Songs alle auf ihre Seite zieht.

Blass bleibt dagegen Volksoper-Debütant Axel Herrig als ewiger Spieler Sky Masterson, der dank einer Wette die Heilsarmee-Mission mit Sündern füllt. Auf den glücklichen Ausgang seiner Romanze mit Sarah möchte man jedoch nicht wirklich setzen. Ganz anders sind nach dem gestrigen Premierenjubel jedoch die Chancen dafür, dass diese Neuproduktion trotz einiger Längen den derzeitigen Erfolgslauf der Volksoper fortsetzen wird. Gut möglich, dass Sky Masterson gar nicht dagegen wetten wollte.

“Guys and Dolls”, Musical von Frank Loesser
Regie: Heinz Marecek, Musikalische Leitung: Joseph R. Olefirowicz, Bühnenbild, Projektionen: Sam Madwar, Kostüme: Ingrid Erb, Choreographie: Ramesh Nair.
Mit u.a. Johanna Arrouas (Sarah), Robert Meyer (Nathan), Sigrid Hauser (Adelaide), Axel Herrig (Sky).
Volksoper Wien, Karten: 01 / 513 1 513, http://www.volksoper.at

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Kultur
  • "Guys and Dolls" an der Volksoper