Die Metropole New Orleans glich in der Früh einer Geisterstadt. Da “Gustav” sich auf die Stärke zwei (von einer Skala bis fünf) abgeschwächt hatte, gab es vorsichtigen Optimismus, dass dieser Hurrikan nicht wie “Katrina” vor drei Jahren verheerende Schäden und Überflutungen verursachen würde.
Weniger als 10.000 Menschen seien noch in der Stadt geblieben, sagte der Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal. Die meisten hatten mit dem nötigsten Gepäck per Auto, Bahn oder Flugzeug die gefährdete Region bis zum Sonntagabend verlassen. Doch einige warteten bis kurz vor Schluss: Während Bürgermeister Ray Nagin drohte, Menschen, die sich in den nächsten Stunden auf der Straße aufhielten, ins Gefängnis zu stecken, tranken Hartgesottene noch in den Bars im berühmten French Quarter einen Cocktail oder rauchten eine Zigarette.
In den Hotels von New Orleans befanden sich Hunderte von Journalisten, ansonsten patrouillierten lediglich Einheiten von Polizei und Nationalgarde durch die ausgestorbene, gespenstisch wirkende, unwirtliche Metropole im Mississippi-Delta. Insgesamt befanden sich laut CNN noch rund 100.000 Menschen in der gefährdeten Küstenregion.
“Dies wird der erste wirkliche Test sein, ob wir aus Katrina gelernt haben”, meinte Nagin. Er hoffe, dass die neuen und die verstärkten alten Deiche jetzt standhalten würden. “Wir als Amerikaner müssen es diesmal richtig machen, wir können es uns nicht leisten, noch einmal zu versagen”, wurde Nagin von CNN zitiert. Erst 2011 können die geplanten neuen Deichsysteme laut US-Heimatschutzminister Michael Chertoff die teilweise unter dem Meeresspiegel liegende Stadt wirkungsvoll schützen.
Im Blog des örtlichen Fernsehsenders WWL-TV drückte Zuschauer Carl Arredondo aus, was alle fühlten: “Es gibt ein paar gute Neuigkeiten. Zwar ist ‘Gustav’ immer noch ein Hurrikan der Kategorie drei, aber er wird es vielleicht nicht mehr schaffen, die Kategorie vier zu erreichen, bis er auf Land trifft. Er hat weder viel Zeit noch eine weite Strecke über Wasser übrig, um sehr viel stärker zu werden.”
Zu den Menschen, die vor dem Eintreffen von “Gustav” nicht aus New Orleans fliehen konnten, gehört Michael Kennedy. Er arbeitet in der Küche eines Cafes in New Orleans, das immer noch geöffnet hat. Dem Fernsehsender CNN sagte er: “Viele Leute haben kein Auto, um wegzufahren. Sie haben kein Geld für Benzin. Und für so eine lange Zeit ein Hotel bezahlen? Jeder muss machen, was er denkt, aber ich bleibe hier und arbeite weiter.” Sein Kollege Jeremiah O’Farrell stimmte ihm zu: “Wenn ich abhauen würde, würde ich wahrscheinlich meinen Job verlieren. Ich wüsste auch gar nicht, wo ich hin sollte.”
Drew Dumaine aus dem Ort Baton Rouge hat ein Foto von ihrem Haus in einen Blog des Nachrichtensenders CNN gestellt – Bäume biegen sich im Wind, im Hintergrund sind dunkle Wolkenberge zu sehen. Sie harrt mit ihrer Familie dort aus. Die Stimmung daheim beschreibt sie als “ruhiges Warten”: “Wir sind angespannt, aber vorbereitet. Wir wissen, egal was als nächstes passiert, es ist außerhalb unserer Kontrolle.”
US-Präsident George W. Bush wollte am Montagvormittag die Einsatzzentralen für den Katastrophenfall in den texanischen Städten Austin und San Antonio besuchen. Offensichtlich wolle Bush diesmal die Fehler aus dem Jahre 2005 vermeiden, als die Regierung beim Hurrikan “Katrina” kaum vorbereitet war und viel zu spät reagierte, hieß es übereinstimmend in den Kommentaren der US-Medien. Damals waren bei der Naturkatastrophe rund 1.800 Menschen getötet worden.
Bush hatte wegen “Gustav” seine für Montagabend geplante Rede auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner in St.Paul/Minneapolis abgesagt. Er werde vermutlich lediglich per Video-Schaltung zu den Delegierten auf dem Parteitag sprechen. Die Republikaner diskutieren laut Medienberichten ihren ursprünglich auf vier Tage angesetzten Parteitag wegen “Gustav” umzustrukturieren und drastisch zu straffen.
Der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama will Spendengelder und Freiwillige seiner Wahlkampfteams zur Verfügung stellen, um möglichen Opfern des Hurrikans “Gustav” zu helfen. “Ich denke, dass wir tausende Helfer hier runter bekommen könnten, wenn dies notwendig wäre”, sagte er laut CNN. Der schwarze Senator aus Illinois wolle zuerst mit den Beamten vor Ort besprechen, wo Hilfe am dringendsten nötig sei und dementsprechend handeln. Obama plane außerdem, in die betroffenen Regionen zu fahren, sobald sich die Lage wieder beruhigt habe.
Während sich die wenigen Daheimgebliebenen und die Geflüchteten Sorgen darüber machten, ob in wenigen Stunden ihr Haus noch stehen würde, sorgte “Gustav” bereits für erhebliche Auswirkungen in der Wirtschaft. Erneut trieb der Sturm die Ölpreise in die Höhe. Zuvor hatte er die Produktion der US-Ölförderanlagen am Golf von Mexiko stark eingeschränkt. Nach Angaben des amerikanischen Energie-Informationsdienstes Rigzone wurden bis Sonntag mindestens 223 der 717 fest verankerten Produktionsplattformen geräumt. Auch von den 121 beweglichen Bohrtürmen mussten 45 geschlossen werden.
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