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Guantanamo, na und?

Der Umgang mit afghanischen Gefangenen lässt die US-Bürger kalt. Menschenrechtler sind besorgt über diese Haltung, die wenigen Kritiker schweigen aus Furcht.

Im Ausland wächst die Kritik an der Art und Weise, wie die USA mit Taliban- und El-Kaida-Gefangenen in Guantanamo Bay umgehen. Als Folge muss sich Pentagon-Chef Donald Rumsfeld in seinen populären Pressekonferenzen zunehmend ausführlich diesem Thema widmen. Was aber nicht heißt, dass er und die Regierung insgesamt sich in der Defensive befänden. Sie wissen eines ganz genau: Der weitaus größte Teil der Bevölkerung steht rückhaltlos hinter ihrem Kurs und betrachtet die Kontroverse um die Behandlung der Gefangenen entweder mit Ungläubigkeit oder mit Gleichgültigkeit.

Menschenrechtler sind besorgt über diese Haltung, nachdem sie bereits die „Kritiklosigkeit“ angeprangert haben, mit der die breite Masse die Flut von Anti-Terror-Maßnahmen nach dem 11. September „geschluckt“ habe. Gruppen wie die American Civil Liberties Union und amnesty international (ai) befürchten, dass der „Terror-Schock“ auf längere Sicht das Rechtsempfinden der US-Bürger beeinträchtigen könne.

Die in New York ansässige Human Rights Watch weist zudem auf einen anderen Aspekt hin: Wer sich in der US-Bevölkerung den kritischen Geist bewahrt habe, sagt die Gruppe, der schweige oft aus Furcht, selbst in die Nähe der Terroristen gerückt zu werden. „Wie hat es doch Justizminister Ashcroft so schön formuliert: Wer uns kritisiert, der unterstützt die Terroristen“, so ein Sprecher der Organisation.

„Gehen sie auf die Straße und fragen 100 US-Bürger, ob sie sich um darum sorgen, was mit den Gefangenen in Guantanamo Bay geschieht“, sagt Alister Hodgett von Amnesty USA. „Sie werden nicht einmal zehn finden, die in irgendeiner Weise Betroffenheit oder auch nur Zweifel zeigen.“

Äußerungen von Kunden an einer Kasse in einem Supermarkt in der Bundeshauptstadt Washington geben dieser Einschätzung recht. „Die Schweine sollen kriegen, was sie verdienen“, sagt eine nach ihrer Position gefragte Mitfünfzigerin. Ihr Mann äußert sich zwar weniger drastisch, stimmt aber im Prinzip zu. „Sie (Taliban und El Kaida) haben sich nicht darum geschert, was sie Amerikanern antun. Ich habe Besseres zu tun, als mich darum zu sorgen, ob sie in ihren Käfigen nass werden.“ Und eine dritte Stimme: „Ich verstehe nicht, warum man sich um die Rechte dieser Verbrecher sorgt. Die Regierung wird schon wissen, was sie tut.“

Diese Haltung spiegelt sich auch in den US-Medien wider – oder besser in dem, was in den Medien nicht stattfindet. Kommentare, in denen der auch vom deutschen Außenminister Joschka Fischer kritisierte rechtlose Status der Gefangenen als „gesetzlose Kämpfer“ in Frage gestellt wird, sind selten. Das gilt erst Recht für von Menschenrechtsgruppen im In-und Ausland geäußerte Besorgnisse, mit Käfigen, Fußfesseln, Augenbinden und Abrasieren der Bärte sollten die Gefangenen vor den Verhören „gebrochen“ werden.

Auch in politischen Kreisen in Washington sind Kritik oder auch nur Fragezeichen sehr rar. Und das gilt nicht nur für die Republikaner, sondern auch für die Demokraten. Politanalytiker führen dies auch darauf zurück, dass in diesem Jahr Teil-Kongresswahlen stattfinden. „Da hütet sich jeder, etwas zu sagen, was als Verständnis für die Terroristen ausgelegt werden könnte“, sagt auch Hodgett.

Was die Kritik aus dem Ausland betrifft, so sehen Experten darin auch eine Art Retourkutsche. Die USA litten nicht gerade an Bescheidenheit, heißt es. Sie würden nicht müde, sich als die beste Demokratie und besten Rechtsstaat zu rühmen. Da müssten sie sich nicht wundern, wenn sie an ihren eigenen Worten gemessen würden.

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