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Guantánamo: Häftlinge planten Suizid

Häftlinge im US-Gefängnis in dem Stützpunkt Guantánamo auf Kuba haben nach Angaben der Vereinigten Staaten anscheinend einen koordinierten Selbstmord geplant.

Schon Wochen, bevor sich drei Häftlinge erhängt hätten, seien bei Gefängnis-Insassen aufgesparte Tabletten gefunden worden, teilte ein US-Militärarzt am Dienstag mit.

Die Häftlinge hätten die Tabletten im Hosenbund und in einem Fall in einer Beinprothese versteckt. Nach dem Selbstmord der drei seien in anderen Zellen ebenfalls Schlingen entdeckt worden. „Sie suchen nach Wegen, ihren Kampf fortzusetzen“, sagte Konteradmiral Harry Harris. Am 10. Juni hatten sich zwei Männer aus Saudi-Arabien und ein Jemenit mit Schlingen aus Kleidungsstücken und Bettzeug in ihren Zellen erhängt.

Unterdessen seien strengere Maßnahmen ergriffen worden, um Selbsttötungen künftig auszuschließen, teilte das US-Militär mit. Verschriebene Medikamente müssten unter Kontrolle sofort eingenommen werden. Zudem hätten die Häftlinge neue Kleidung erhalten, in der nichts versteckt werden könne, sowie neue Matratzen, die nicht zerschnitten und zu Schlingen verarbeitet werden könnten.

In dem Gefängnis sind rund 450 Personen, die von den USA als Terrorismus-Verdächtige bezeichnet werden, weitgehend rechtlos inhaftiert. Die meisten sind seit mehreren Jahren dort, ohne angeklagt worden zu sein. Menschenrechtsaktivisten und viele Staaten haben die USA aufgefordert, das Lager aufzulösen.

Vor Grundsatzentscheidung

Das höchste Gericht der USA steht vor einem Grundsatzurteil über die Rechtmäßigkeit der Militärtribunale, die US-Präsident George W. Bush zur Strafverfolgung der Guantanamo-Häftlinge geschaffen hat. Die Entscheidung ist der Abschluss eines der wichtigsten Verfahren über die Befugnisse des US-Präsidenten im Kriegsfall seit dem Zweiten Weltkrieg. Sie wird von der US-Regierung und Menschenrechtsgruppen gleichermaßen mit großer Spannung erwartet. Der konkrete Termin der Urteilsverkündung ist offen. Die Konsequenzen der noch für diese Woche erwarteten Entscheidung dürften in jedem Fall jedoch weit reichend sein.

Grundsätzlich geht es um die Frage, ob die von Bush nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingerichteten Tribunale rechtmäßig sind. Der in Guantanamo festgehaltene Jemenit Salim Ahmed Hamdan bestreitet dies und pocht auf die Rechte, die ihm nach seiner Ansicht und nach Einschätzung von Menschenrechtsgruppen als Kriegsgefangenem nach den Genfer Konventionen zustehen. Die US-Regierung will die Guantanamo-Häftlinge jedoch nicht als Kriegsgefangene behandelt wissen und spricht ihnen die entsprechenden Rechte ab. Nicht zuletzt deshalb hat sie mit den offiziell als Militärkommissionen geführten Tribunalen eine eigene Gerichtsbarkeit für sie geschaffen.

Wegen des Streits um die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens und der zunehmenden internationalen Kritik am Umgang der USA mit den Guantanamo-Häftlingen hat Bush vorerst alle Verfahren gegen die Terror-Verdächtigen ausgesetzt. Seinen europäischen Kritikern sagte er erst in der vergangenen Woche beim Gipfeltreffen der USA mit der Europäischen Union zu, sein weiteres Vorgehen gegen die Guantanamo-Häftlinge an dem Grundsatzurteil auszurichten.

Die USA halten auf dem Militärstützpunkt Guantanamo auf Kuba etwa 450 Menschen fest. Von ihnen sind bisher zehn – darunter auch Hamdan – vor den Tribunalen angeklagt worden. Hamdan wird vorgeworfen, Leibwächter und Fahrer von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden gewesen zu sein. Er wurde im November 2001 festgenommen und dann nach Guantanamo gebracht.

US-Justizminister Alberto Gonzales sagte in den Tagen vor der Entscheidung, die US-Regierung erwarte sich mehrere Antworten von dem Urteil: zum Einsatz der Militärkommissionen und dazu, für wen die Genfer Konventionen gelten. „Wir – die Exekutive – haben unsere Entscheidung nach bestem Wissen, entsprechend unserem Verständnis des Gesetzes, auf der Grundlage von unserem Verständnis der US-Verfassung getroffen“, sagte er.

Selbst Katherine Newell Bierman von Human Rights Watch schließt nicht aus, dass das Oberste US-Gericht der Regierung Recht geben könnte. Vor zwei Jahren entschied es jedoch gegen sie: Es schränkte die Vollmachten des Präsidenten im Krieg gegen den Terrorismus ein und verfügte, dass Guantanamo-Häftlinge im Kampf um ihre Rechte auch vor US-Gerichte ziehen dürfen.

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