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Guantánamo: Brisanter Bericht

Schon vor seiner Veröffentlichung hat ein 38-seitiger Bericht von fünf Beobachtern der UNO-Menschenrechtskommission für erhebliche diplomatische Spannungen gesorgt. Pressestimmen

Die in dem Bericht enthaltenen Vorwürfe über „Folter“ wurden von der US-Regierung im Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba als „haltlos“ zurückgewiesen, während UNO-Sprecher Stéphane Dujarric am Dienstag klar stellte, dass es sich nicht um einen Bericht im Namen von UNO-Generalsekretär Kofi Annan handle. Unterdessen vertraten Anwälte der US-Regierung vor dem Obersten Gerichtshof der USA die Ansicht, den Gefangenen in Guantánamo stünden bestimmte in der US-Verfassung garantierte Rechte nicht zu, weil das Lager sich nicht in den USA befinde.

Der Bericht sei von „unabhängigen“ Beobachtern erstellt worden, erklärte Annans Sprecher. Er sei also nicht von der UNO-Menschenrechtskommissarin Louise Arbour oder dem UNO-Generalsekretär zu verantworten. Dujarric kündigte eine Veröffentlichung des Berichts, von dem Teile bereits in der „Los Angeles Times“ zitiert wurden, im Laufe dieser Woche an. Die fünf Sonderberichterstatter, darunter der österreichische Folterexperte Manfred Nowak, fordern die Schließung des Lagers. Sie beklagen, dass viele Gefangene nach ihrer Ergreifung “übermäßiger Gewalt“ ausgesetzt gewesen seien und dass der in Guantànamo praktizierte Umgang mit Hungerstreikenden „auf Folter hinausläuft“. Nowak betonte gleichzeitig, dass es sich um eine vorläufige Fassung eines nicht autorisierten Berichts handle, der noch verändert werden könne.

Für den Bericht wurden Auskünfte der US-Regierung auf Anfragen der fünf Beobachter, Gespräche mit Ex-Häftlingen und mit Anwälten von Gefangenen ausgewertet. Die Vorwürfe beruhten auf bloßem „Hörensagen und Behauptungen“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Sean McCormack. Er verwies darauf, dass die UNO-Berichterstatter das Lager auf Kuba nicht selbst besucht hatten, obwohl es dazu eine Einladung der USA gegeben habe. Nowak hatte den Besuch in Guantánamo Ende des Jahres mit der Begründung abgesagt, dass ihm das US-Militär keinen freien Zugang zu den Häftlingen gewähren wolle.

In einem Verfahren, das von dem Jemeniten Salim Ahmed Hamdan angestrengt wurde, bestritt die US-Regierung den Gefangenen in Guantànamo am Dienstag bestimmte Rechte, die in der US-Verfassung garantiert werden. Diese Rechte gälten nicht für „ausländische Feinde“, die „außerhalb der USA festgehalten werden“, heißt es in einer Erklärung von US-Anwälten an den Obersten Gerichtshof. So könnten die Häftlinge in Guantánamo beispielsweise nicht vor Zivilgerichten in den USA gegen ihre Gefangenschaft klagen. Sollte der Oberste Gerichtshof dieser Argumentation folgen, würden rund 150 Beschwerden von Gefangenen nicht weiterverfolgt.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte die Regierung in Washington auf, ihre Politik zu überdenken. Alle Gefangenen, für die es keinen richterlichen Haftbefehl gebe, müssten freigelassen werden, sagte der Human-Rights-Watch-Anwalt Reed Brody. Verfolgt werden müssten alle Amtspersonen, die sich der Folter schuldig gemacht hätten. Nach den Erkenntnissen der fünf Beobachter befanden sich im Oktober in Guantànamo rund 520 Häftlinge. Die meisten wurden vor Jahren in Afghanistan gefangen genommen.

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