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Große Ziele für EU-Präsidentschaft

EU - Fortschritte beim EU-Verfassungsvertrag und die Abhaltung eines zweiten EU-Afrika-Gipfels sind die Schwerpunktziele der portugiesischen EU-Präsidentschaft.

In EU-Diplomatenkreisen hieß es, die Frage zur „Zukunft Europas“ werde auch das Hauptthema für die Debatte beim informellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am 18. und 19. Oktober in Lissabon sein. Und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, Ex-Premier Portugals, versucht bereits an diesem Wochenende, mit einem „Brainstorming“ in seinem Heimatland in Sintra mit den Regierungschefs von Deutschland, Portugal und Slowenien sowie dem EU-Parlamentspräsidenten Weichen für eine neue EU-Verfassung zu stellen.

Um die Sintra-Einladungen hatte es einige Verwirrung gegeben, da zunächst nicht klar war, ob es sich um einen Mini-Gipfel u.a. mit mehreren Staats- und Regierungschefs handeln könnte, womit die Gefahr einer Spaltung in privilegierte und zweitrangige EU-Mitgliedsstaaten verbunden gewesen wäre. Zuletzt hatte Barroso erklärt, es handle sich lediglich um ein informelles Treffen, um aktuelle EU-Themen zu diskutieren. Dem Vernehmen nach hätte das Treffen ursprünglich Befürworter und Gegner der EU-Verfassung zusammenbringen sollen. So war aus dem Büro des niederländischen Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende verlautet, dass er bereits eine Einladung von Barroso erhalten hatte. Und es hätte angeblich auch der neu gewählte französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy teilnehmen sollen. Von Sarkozy erwarten sich nach dessen Wahl viele europäische Staatschefs neuen Schwung für die EU-Verfassung. Und auch der scheidende britische Premierminister Tony Blair – er dürfte im Sommer von Finanzminister Gordon Brown abgelöst werden – versucht noch während der deutschen Ratspräsidentschaft beim Gipfel am 21./22. Juni in Brüssel, mit einem neuen Anlauf in Sachen EU-Verfassung seine Spuren zu hinterlassen.

Portugal sieht mit Interesse dem Ergebnis des Juni-Gipfels entgegen, weil es auch darum geht, welche genauen Aufgaben von der portugiesischen EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2007 zu bewältigen sein werden. Voraussichtlich werden die Staats- und Regierungschefs eine Regierungskonferenz zu Beginn des portugiesischen Vorsitzes einberufen, die dann inhaltlich den neuen Vertrag ausarbeitet. Die Berliner Erklärung zum 50. Gründungsjubiläum der Gemeinschaft wird von Portugal als gutes Ergebnis bewertet. Jedenfalls ist Portugal für eine Diskussion offen, welche Teile vom vorliegenden Verfassungstext übernommen werden könnten und welche nicht. Portugal könne sich auch gut vorstellen, neue Aspekte einzufügen, wie im Bereich Soziales und Klimaschutz, hieß es in Diplomatenkreisen. Die grundlegenden Bestimmungen, insbesondere zum institutionellen Gleichgewicht, müssten jedoch beibehalten werden. Als EU-Präsident wolle Portugal offen, pragmatisch, flexibel und unparteiisch das Thema angehen. Man erhoffe sich von der deutschen EU-Präsidentschaft, dass das Mandat für die weitere Vorgangsweise in Sachen EU-Verfassung sehr klar formuliert und auch die weitere Richtung eindeutig vorgegeben werde.

Der zweite EU-Afrika-Gipfel ist eine weitere Priorität der portugiesischen Ratspräsidentschaft. Dabei soll unter anderem die Lage in Simbabwe erörtert werden, gegen das die EU wegen Menschenrechtsverletzungen Sanktionen verhängt hat. Die Abhaltung des Gipfels ist in der ersten Dezember-Woche 2007 in Lissabon vorgesehen – also kurz vor dem Dezember-Gipfel zur Verfassung, was dem Vernehmen nach in einigen EU-Staaten für Irritationen sorgt. Ziel des EU-Afrika-Dialogs ist es, dass die EU zur Lösung der politischen Probleme in Afrika beiträgt. Zur Vorbereitung sei eine stärkere Involvierung jener EU-Mitgliedstaaten geplant, die sich vermehrt im Rahmen einer Gruppe „Friends of the EU-Africa-Summit“ einbringen wollten, heißt es.

In Sachen EU-Erweiterung befürwortet Portugal einen Beitritt der Türkei. Was Mazedonien betrifft, werden die Chancen für Beitrittsverhandlungen noch 2007 von EU-Diplomaten als wenig wahrscheinlich eingeschätzt. Ein weiteres Ziel der portugiesischen Präsidentschaft ist, die Verhandlungen über Stabilitäts- und Assoziationsabkommen mit der EU bis Jahresende mit allen Staaten des Westbalkans abzuschließen. Portugal würde sich auch für die Weiterführung von solchen Verhandlungen mit Serbien einsetzen, doch dürfe diese Frage keinesfalls an eine Lösung in der Kosovo-Frage gekoppelt werde, betonen Diplomaten. Jedenfalls sei eine gemeinsame EU-Position in der Frage der Anerkennung eines unabhängigen Kosovo durch die Europäische Union unerlässlich.

Im Sozialbereich wird sich die portugiesische Präsidentschaft mit dem Thema „Flexicurity“ beschäftigen. Was Forschung betrifft, wird eine Beschlussfassung über das Europäische Technologieinstitut (EIT) erwartet. Für den Sitz der EIT-Zentrale hat sich Österreich beworben.

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