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Großbritannien gedenkt der Anschläge

Bürgermeister Ken Livingston und Kulturministerin Tessa Jowell legten in London am Morgen zum Zeitpunkt der Attentate Blumen am King’s Cross und am Tavistock Square nieder.  |   

In Sorge vor neuen Attentaten hat Großbritannien den Jahrestag der Anschläge auf das Londoner Verkehrssystem begangen. Landesweit wurde am Freitag um 13.00 (MESZ) mit zwei Schweigeminuten der 52 Menschen gedacht, die von den vier radikal-islamischen Selbstmordattentätern mit in den Tod gerissen wurden. 700 Menschen wurden bei den Anschlägen in drei U-Bahnen und einem Doppeldeckerbus verletzt.

Die Bomben gingen binnen einer knappen Stunde hoch. Die erste explodierte in einem U-Bahn-Tunnel zwischen Moorgate und Liverpool Street im Osten der Stadt. Fünf Minuten später detonierte ein Sprengsatz in einem Tunnel zwischen den U-Bahn-Stationen King’s Cross und Russell Square, ihr folgte um 10.17 Uhr MESZ eine Explosion in einem in die U-Bahn-Station Edgware Road einfahrenden Zug. Um 10.47 Uhr MESZ explodierte eine Bombe in einem Bus am Tavistock Square.

Wie vor ihm Premierminister Tony Blair warnte auch Londons Polizeichef Ian Blair vor neuen Anschlägen. „Während wir reden, planen Menschen im Vereinigten Königreich neue Gräuel“, sagte Ian Blair der BBC. Die Gefahr sei spürbar gestiegen.

Die beiden Schweigeminuten gehörten zu den Höhepunkten der Gedenkveranstaltungen, die sich den gesamten Tag über hinziehen. Auf die Minute genau ein Jahr nach den drei Anschlägen in der U-Bahn um 08.50 Uhr wurden dort Blumen niedergelegt. Auch am Tavistock Square, wo eine Stunde später ein Bus in die Luft gesprengt wurde, versammelten sich Trauernde. Zugleich läuteten die Glocken der St.- Pauls-Kathedrale. An den verschiedenen Tatorten wurden Gedenktafeln enthüllt. Am Abend sollten bei einer Trauerfeier im Regent’s Park die Namen der 52 getöteten Fahrgäste verlesen werden.

Am Vormittag wurden in St. Paul’s Cathedral Kerzen zum Gedenken an die Opfer des 7. Juli 2005 entzündet. Premierminister Blair wollte sich in die Reihen der schweigend Trauernden einreihen und damit demonstrativ die Kritik an seiner Irak- und Afghanistan-Politik zurückzuweisen versuchen. Die Entsendung britischer Truppen in beide Länder war in einigen Kommentaren als Motiv für die Anschläge genannt worden.

Ähnlich wie die Regierung fürchten viele Briten weitere Attentate. Genährt werden könnten die Sorgen durch ein Video der radikal-islamischen Al-Kaida-Organisation, das der arabische TV-Sender Al-Jazeera am Vorabend des Jahrestages ausstrahlte. Darin tritt nach Angaben des Senders auch einer der Londoner Attentäter auf, der in seiner offenbar letzten Erklärung seine Tatmotive nannte. Zudem kündigte er an, die Londoner Anschläge seien nur der Beginn einer Serie von Angriffen, die immer weiter gingen und immer stärker würden, bis sich die ausländischen Streitkräfte aus Afghanistan und dem Irak zurückgezogen hätten.

Eine Verbindung der Täter zur Al-Kaida (al-Qaeda), die auch für die Anschläge in den USA am 11. September 2001 verantwortlich ist, wurde von den britischen Ermittlungsbehörden bisher nicht nachgewiesen. Das Gedenken an 7/7, wie das Anschlagsdatum in Großbritannien genannt wird, dürfte auch kritische und verärgerte Stimmen laut werden lassen.

So sehen viele der 1,8 Millionen britischen Moslems ihre Gemeinschaft seit einem Jahr ungerechtfertigt im Visier der Polizei. Zwei fehlgeschlagene Anti-Terror-Einsätze der Sicherheitskräfte – bei denen Polizisten zwei Unschuldige niederschossen, von denen einer starb – taten ein Übriges. Überlebende der Anschläge sehen viele ihrer Fragen noch nicht beantwortet und manche fordern eine öffentliche Untersuchung der Attentate.

Der pakistanische Informationsminister Mohammed Ali Durrani sagte am Freitag in Islamabad, es sei keine Verbindung der Londoner Attentäter zu militanten Gruppen in Pakistan nachgewiesen worden. Drei der vier Attentäter waren britische Staatsbürger pakistanischer Herkunft.

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