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Grönemeyer ist zufrieden

Herbert Grönemeyer (50) tut sich nicht immer leicht mit Journalisten. Da kann es schon mal vorkommen, dass er einen Schreiber zu Hause anruft und sich beklagt.

„Hör mal, die Stelle hättest du aber schöner formulieren können.“ Doch am Mittwochabend, als er in Köln vor der versammelten Presse sein neues Album “12“ vorstellt, macht ihm das Frage-und-Antwort-Spiel so viel Spaß, dass er mehrmals bittet: „Ach nee, komm, noch nicht aufhören. Ist doch grad so schön – noch ’ne Frage!“ Bis die Moderatorin sagt: „Herbert, wir müssen jetzt wirklich Schluss machen.“

Herbert der Trauernde, der von Schicksalsschlägen Gebeutelte, gehört definitiv der Vergangenheit an. Er ist, wie er selbst sagt, „irritierend gut gelaunt“. Vielleicht ist das auch einer der Gründe dafür, dass er zurzeit so zufrieden mit seinen Landsleuten ist: „Das Volk ist extrem gut drauf. Die Regierung hat einige Probleme, sich dem anzuschließen.“ In einem seiner Lieder singt er gar: „Du küsst so wunderbar deutsch.“

Die Fans wissen natürlich schon lange, dass Herbert immer zuerst die Musik schreibt und sich dann unter Zuhilfenahme größerer Rotweinkontingente mit den Texten abmüht. Im Kölner Rheinforum sind die Ergebnisse dieser Arbeit nun fast schon in Stein gemeißelt: Mit großem Aufwand hat der Musikkonzern EMI jedem der zwölf neuen Lieder ein eigenes Zimmer gewidmet und die Texte dort an die Wand geschrieben oder auch auf die Decke projiziert. Jeder Raum ist anders eingerichtet – je nach dem Charakter des Liedes als herbstliche Allee, afrikanische Wüste oder politischer Versammlungsraum.

In diesem Ambiente sieht auch Herbert seine Texte plötzlich mit anderen Augen: „Gar nicht so schlecht.“ Stolz ist er zum Beispiel auf seine Wortschöpfung „Tiefschneekamerad“ für einen freundlichen Helfer in der Not: „Unglaublich lyrisch.“

Andererseits weiß er auch, dass er jedes Mal „ein paar Kuckuckseier“ legt. In diese Kategorie fällt oft der letzte Text, den er unter großem Zeitdruck wenige Tage vor dem Abgabetermin schreibt. Im Nachhinein fällt ihm dann auf: „Dieser Text war – ähem, nun ja – dünner.“ Sein Sohn hat alle neuen Lieder bereits benotet: „Von fünf Sternen bis hin zu nur einem war alles dabei.“

Die Texte sind, man kennt es ja, streckenweise kryptisch: „Ist mein Konto schlank, wechsel ich schnell die Bank. Jedes Ändern ist ein Anfang. Ist die Arie aus, verlass ich das Opernhaus.“ Dann wieder macht Herbert auf Lebensberatung: „Sei aus Unsicherheit nicht arrogant, hab immer Mitgefühl als Unterpfand.“ Die Große Koalition findet vor seinen Augen so wenig Gnade wie zuvor schon Kohl und Rot- Grün: „Ihr steht zu weit vom Mann entfernt, wo habt ihr kämpfen gelernt?“ Zur religionskritischen Single „Stück vom Himmel“ erläutert er: „Es geht in diesem Lied nicht um eine Abkehr von Religion. Aber Religion ist was Intimes, Privates. Die Welt retten wir nur gemeinsam.“ Tiefschneekameraden aller Länder, vereinigt euch.

Das Album “12“ erscheint am Freitag, im Mai und Juni folgt eine Tournee, die ihn am 27. Mai ins Wiener Ernst Happel Stadion und am 29. Mai nach Graz (Schwarzlcenter, Unterpremstätten) führt. 800©000 Karten sind schon verkauft. „Das wird die Belohnung für die ganze Arbeit im Studio.“ Und wann kommt er nun endgültig aus London nach Deutschland zurück? Da will er sich wieder nicht festlegen. Angst davor, in seiner Heimat ständig angesprochen zu werden, hat er aber nicht: „Grönemeyer-Fans sind ja nette Leute.“

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