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Griechenland braucht mehr Geld und mehr Zeit

Griechenland braucht mehr Zeit und mehr Geld. Das ist der Kern des Problems, über das sich die Finanzpolitiker der Euro-Zone derzeit den Kopf zerbrechen.

Denn wie sollen sie ihren eigenen Bürgern erklären, dass die Griechen einen Nachschlag zum 110-Milliarden-Hilfsprogramm ihrer Euro-Partner und des IWF benötigen? Zumal bereits absehbar ist, dass die bisherigen Reformen nicht reichen und das hoch verschuldete Land meilenweit von einer Rückkehr an den Kapitalmarkt entfernt ist.

Die – vermeintliche – Alternative wäre, den über dem finanziellen Abgrund baumelnden Staat von der Euro-Seilschaft loszuschneiden und seinem Schicksal zu überlassen. Doch dieses Schreckensszenario soll um fast jeden Preis verhindert werden.

“Eine harte Umschuldung Griechenlands oder einen Ausstieg aus der Euro-Zone wird die Politik wohl nicht zulassen”, glaubt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer: “Sie wird lieber weitermachen wie bisher und neue Kredite geben sowie den Zins und die Rückzahlungsfrist verlängern.” Die Europäischen Staats- und Regierungschefs haben bereits beim jüngsten EU-Gipfel den Zinssatz für die Hilfsgelder um 100 Basispunkte auf vier Prozent gesenkt und die Tilgung auf 7,5 Jahre gestreckt. Es sei denkbar, dem Land erneut entgegenzukommen, sagte bereits der Vizechef der Unions-Fraktion, Michael Meister, dem “Deutschlandfunk”.

Die Alternative Euro-Austritt oder offene Staatspleite wird von vielen Ökonomen als finanzpolitischer Super-GAU abgelehnt. EZB-Ratsmitglied und OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny zufolge käme es in dem Land sogleich zu einem Bankensturm: Die Bürger würden ihr Geld abheben und das Bankensystem in die Pleite treiben. Das Land wäre finanziell wohl am Ende, im Währungsraum drohten schwere Kollateralschäden. Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker nennt einen Austritt aus der Euro-Zone schlicht “eine dumme Idee”. Auch eine Umschuldung sei ausgeschlossen: “Wir wollen nicht, dass der Euro-Raum ohne Grund explodiert”, zieht er die klare rote Linie.

Egal wie klug oder dumm die Austritts-Idee ist, die etwa der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, befürwortet: Die Politik will sich zumindest bisher nicht auf solche Risiken einlassen. Solche Szenarien taugen allenfalls als Drohung der griechischen Regierung gegen die anderen Euro-Länder, mehr Geld zur Verfügung zu stellen und die Hilfsbedingungen zu lockern. In diese Richtung spekulierte etwa die Zeitung “Die Welt”, nachdem “Spiegel Online” am Freitag von Exit-Überlegungen in der Athener Regierung berichtet hatte, die sofort heftig dementiert wurden.

Aber wie könnte eine kurzfristige Lösung für Griechenland dann aussehen? Immerhin klafft im griechischen Staatshaushalt für 2012 wegen des weiter durch zu hohe Zinsen versperrten Weges an den Kapitalmarkt eine Finanzierungslücke von 25 bis 30 Mrd. Euro. Die Hilfskredite werden 2012 aufgezehrt sein.

“Sie wird kleinteilig sein”, skizziert der Chefvolkswirt der DekaBank, Ulrich Kater, eine mögliche kurzfristige Lösung: Für zusätzliches Geld sorgt der provisorische Euro-Rettungsschirm EFSF, die Zinshöhe und die Tilgungsfristen für die bisherigen Milliarden-Hilfen werden gelockert. Kombiniert werden könnte diese sanfte Restrukturierung der Staatsschulden mit einer Einbeziehung der privaten Gläubiger auf freiwilliger Basis.

Politisch wäre die Beteiligung des privaten Sektors von großer Bedeutung, denn sie würde den anderen Regierungen den Gang in ihre Parlamente erleichtern, wenn sie neue öffentliche Garantien für Griechenland-Kredite erklären müssen. Ob dabei tatsächlich große Summen zusammenkämen, bleibt dahingestellt.

Damit die Banken und Versicherungen mitmachen, muss ihnen aber eine Beteiligung an einer sanften Umschuldung schmackhaft gemacht werden, zum Beispiel durch einen Tausch ihrer Papiere in neue Anleihen, die von der gesamten Euro-Zone garantiert werden. Aber auch diese neuen Schuldverschreibungen müssten abgesichert werden – von den Euro-Partnern. “Am Ende laufen alle Optionen auf weitere Garantien für Griechenland hinaus”, sagt Krämer. (APA)

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