AA

Griechenland braucht ein Vielfaches an Finanzhilfe

©APA
Österreich wird bei einer eventuellen Erhöhung der Krisenhilfe für Griechenland mitziehen, kündigte Finanzminister Josef Pröll (V) Mittwochnachmittag nach einem Treffen mit Banken-Vertretern zur Griechenland-Krise an.
Brüderle: Athen- Gesamtpaket 135 Mrd. über drei Jahre
Griechischer Premier ruft zu schneller Hilfe auf
Barroso: Umschuldung "keine Option"
Rezession dürfte Sparpläne Athens vereiteln
Finanzminister, Banken und OeNB beraten
Griechenland-Hilfe: Der Fahrplan
Zinsen "jenseits von Gut und Böse"
Griechenland: Hilfe 2010 abgedeckt
Portugal wehrt sich gegen "Angriffe des Marktes"
Hilfsgelder-Aufstockung
Euro kaum erholt
Schwierige Rettungsaktion

Griechenland braucht zur Abwehr einer Staatspleite in den nächsten Jahren deutlich mehr Geld als bisher angenommen. Der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sprach in Brasilien von insgesamt 135 Milliarden Euro Finanzierungsbedarf bis 2012. Die Opposition ging nach Treffen mit dem Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, von bis zu 120 Milliarden Euro Konsolidierungsbedarf aus. Auf Deutschland kommen nach Angaben Brüderles 25 bis 30 Milliarden in diesem Zeitraum zu. In Wien sagte Finanzminister Josef Pröll (V) am Mittwochnachmittag, Österreich werde bei einer größeren Summe mitziehen.

EU und IWF teilen sich die Summe nach bisheriger Verabredung im Verhältnis 2:1. Die EU sollte bisher 30 Milliarden in diesem Jahr tragen, der IWF bis zu 15 Milliarden Euro. Die jährliche Belastung für Deutschland liege aktuell bei 8,4 Milliarden Euro, für Österreich sind für die erste Tranche 858 Mio. Euro als Obergrenze fixiert worden. Die Risiken könnten aber weit größer sein: “Ich kann nicht ausschließen, dass es ein höherer Betrag wird”, sagte Deutschlands Wirtschaftsminister Brüderle in Sao Paulo.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sicherte zu, dass Deutschland seinen Verpflichtungen für die Stabilität des Euro-Raumes nachkomme. Aus Regierungskreisen war zu erfahren, dass EU und IWF ihre Hilfe deutlich aufstocken müssten. Schon in diesem Jahr sei ein zusätzlicher zweistelliger Milliarden-Betrag nötig, hieß es. In der FDP hieß es, die von der Opposition verbreiteten Zahlen seien so in den Gesprächen weder von Strauss-Kahn noch von Trichet genannt worden.

   Die Finanzkrise der Griechen spitzte sich zu, nachdem griechische Staatsanleihen am Dienstagabend von der Ratingagentur Standard & Poor’s auf Ramschniveau heruntergestuft worden waren. Zusätzliche Hektik löste die Nachricht aus, dass auch das ebenfalls mit Defiziten kämpfende Portugal erneut herabgestuft wurde. Die EU-Staaten gerieten unter enormen Druck, eine Kettenreaktion zu vermeiden.

   International erlitten die Aktienmärkte Verluste. Der Euro fiel auf einen der niedrigsten Stände seit einem Jahr. “Die Märkte sind mit voller Wucht von der Problematik in den angeschlagenen EU-Ländern getroffen worden”, sagte Chefhändler Matthias Jasper von der WGZ Bank.

IWF und EZB setzen Griechenland massiv unter Druck, schnell ein Drei-Jahres-Sparpaket zu schnüren. Es sei extrem wichtig, dass die Gespräche in Athen innerhalb der nächsten Tage beendet würden, sagte Trichet bei einer Pressekonferenz mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Strauss-Kahn betonte: “Jeder Tag, der verloren geht, verschlechtert die Situation.” Er sagte nach einem Treffen mit Merkel auf eine entsprechende Frage, es habe noch kein IWF-Programm gegeben, das nicht zurückgezahlt worden sei.

Die Bundesregierung richtete einen Krisenstab ein. Schäuble warb bei den Fraktionen um schnelle Zustimmung zu einer Gesetzesvorlage, die die Staatsbank KfW zur Zahlung der Griechenlandhilfen ermächtigt. Bereits am Montag könnte das Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschieden.

Im Gesetzgebungsverfahren müsse dann auch der Bundesrat einbezogen werden, der am Freitag kommender Woche eine Sitzung habe, sagte Schäuble. Die Grünen signalisierten inzwischen – falls die notwendigen Transparenz eingehalten werde – diesen Zeitplan zu akzeptieren. Die Bundesregierung lehnt eine Bankenbeteiligung am Rettungsplan ab.

   Athen braucht bis spätestens 19. Mai um die neun Milliarden Euro, um Anleihen zu bedienen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy kündigte einen Eurozonen-Gipfel für den 10. Mai an. Bei einer Pressekonferenz in Tokio bemühte er sich um Beruhigung der Lage. “Die Verhandlungen sind auf dem richtigen Weg.” Es sei keine Rede von einer Umschuldung.

Eine kleine Kabinettsrunde unter Leitung von Merkel traf sich am Mittwochvormittag in Berlin zur Beratung über das weitere Vorgehen. Danach verlautete, es bleibe bei dem vereinbarten Fahrplan, dass zunächst der IWF und die EZB mit Griechenland über einen Drei-Jahres- Sparplan verhandelten und die Ergebnisse dann bewertet würden.

   SPD-Chef Sigmar Gabriel schlug vor, die deutschen Hilfen für Griechenland durch eine Finanzmarktsteuer zu bezahlen. So würden auch die “Zocker und Spekulanten” an den Kosten der von ihnen verursachten Krise beteiligt, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Eine solche Abgabe von 0,05 bis 1 Prozent auf alle Finanzprodukte bedeuteten allein für Deutschland Einnahmen von 14 Milliarden Euro im Jahr.

Das hoch verschuldete und von einer Streikwelle erschütterte Krisenland Portugal will seinen Sanierungsplan beschleunigen, nachdem auch seine Kreditwürdigkeit erneut herabgesetzt wurde. Verschiedene, für 2011 geplante Maßnahmen sollen schon in diesem Jahr in Kraft gesetzt werden.

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Wirtschaft
  • Griechenland braucht ein Vielfaches an Finanzhilfe