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Grab des Herodes entdeckt

Jerusalem - In einer 2.000 Jahre alten Festung 12 Kilometer südlich von Jerusalem, dem Herodion, soll ein Archäologe nach 35 Jahren Suche das Grab von König Herodes dem Großen entdeckt haben.

„Die Wut der Aufständischen gegen König Herodes konnten wir richtig spüren“, sagt Roi Porat, israelischer Archäologe, der als erster verstanden hatte, dass er die Bruchstücke des Sarkophags von König Herodes in der Hand hielt. Es war rötlicher Sandstein mit sauberer Steinmetzarbeit. „Wir sahen die Spuren der Hammerschläge, mit denen mutwillig das prächtige Grabmal in tausend Stücke zerschlagen wurde“, erzählt der Wissenschaftler, während er am Abhang des künstlich von Herodes aufgeschütteten Hügels, des Herodion, auf einem halbwegs ausgegrabenen „Podium“ steht. Dort habe einst der steinerne Sarg des „Königs der Juden“ aus der Zeit zwischen 47 und 4 vor Chr. in einem Prunkbau gestanden.

Der sensationelle Fund des Sarkophags von König Herodes dem Großen, einer der berühmtesten Figuren der Menschheitsgeschichte, war kurz zuvor im Beisein von über hundert Journalisten aus aller Welt von Professor Ehud Netzer im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt worden. Seit langem gräbt er auf den Spuren des Herodes. Schon vor Jahrzehnten wurden hier mehrere Paläste, hängende Gärten mit extra herbeigebrachter fruchtbarer Erde, Wasserspiele und Säulengänge ausgegraben. Eine so üppige Palastanlage sucht ihresgleichen in der römischen Welt um die Zeitenwende.

Während Soldaten einer Panzerkompanie, die im vergangenen Sommer im Libanon gekämpft hatte, den Journalisten-Ansturm aus aller Welt bewachen und an die Presseleute in Plastikbechern Wasser austeilen, macht ein Reporter vor der Fernsehkamera immer wieder seinen Aufsager, bis er perfekt sitzt: „König Herodes war nicht nur einer der großen Bauherren der Antike, der König der Juden war auch bekannt für seine Grausamkeit.“

Trotz genauer Beschreibung des Begräbniszuges „des in diesen Tagen vor genau 2011 Jahren in Jericho verstorbenen und auf dem Herodion begrabenen Königs“, blieb die Lage des Mausoleums ein Geheimnis. Der römisch-jüdische Historiker Josefus Flavius hatte eine genaue Beschreibung des Begräbniszuges überliefert. Netzer verwarf die Theorien früherer Archäologen, die glaubten, dass Herodes in dem mächtigen, sieben Stockwerke hohen, aber versiegelten Rundturm auf dem Hügel begraben sei. „Ein Jude lässt sich nicht in einem Wohngebäude oder in einem bewohnten Palast begraben“, argumentierte Netzer und ging weiter auf die Suche.

Er sah am Ende einer künstlichen Rampe ein monumentales Gebäude und am anderen Ende eine breite Treppe, die zu den Palästen auf dem Hügel hinaufführte. Auf halber Strecke entdeckte er am Abhang eine mit Stützmauern versperrte Zisterne und andere archäologische Zeichen, um erneut den Spaten anzusetzen. Als Roi Porat ihn vor drei Wochen alarmierte, wegen der Bruchstücke des mutmaßlichen Sarkophags, ahnte Netzer, dass er sein Lebenswerk vollendet hatte. „In Jerusalem gibt es nur einen oder zwei vergleichbare Sarkophage aus der Zeit. Einen fand man im ’Grab der Könige’. Für uns besteht kein Zweifel, dass wir das Grab des Herodes gefunden haben, zumal bekannt ist, dass er auf dem Herodion begraben wurde.“ Netzer konnte anhand von Münzfunden, architektonischen Besonderheiten und auf Grund der Steinmetzarbeiten feststellen, dass die Funde exakt in die Zeit jenes Königs passen.

„Wir haben von dem zertrümmerten Sarkophag inzwischen genügend Einzelteile, um ihn wieder zusammenzusetzen und werden sicherlich noch mehr Stücke finden“, ist Porat zuversichtlich und zeigt auf fein säuberlich geschnitzte Kalksteine, auf dem das Mausoleum gestanden habe. Davon sind noch Rundbögen und steinerne Urnen erhalten. Solche Urnen schmücken in der Nabatäerstadt Petra im Süden Jordaniens in den Fels geschlagene Grabmonumente.

In den Trümmern des Herodesgrabes liefert Roi Porat noch Einzelheiten zum Ende des Mausoleums. Im Jahr 70 kämpften die Römer den ersten großen jüdischen Aufstand in Jerusalem nieder und zerstörten den Tempel des Herodes. Damals befand sich die Verwaltungszentrale in den Palästen des Herodions. „Als die jüdische Herrschaft geschlagen war, übernahmen aufständischen Juden die Festung, nutzten die unterirdischen Zisternen als Geheimgänge und ließen ihre ganze Wut an dem Grabmal des Herodes aus, dem Symbol der von ihnen verhassten jüdischen Herrscherklasse.“

Zwischen den Trümmern liegen fußballgroße runde Steine. Ein Aufpasser der National-Parkbehörde, die heute den Herodionhügel pflegt und bewacht, kennt ihre Bedeutung: „Das war die Geheimwaffe der Aufständischen gegen die Römer. Sie ließen die Steinbälle den Hügel herabrollen und töteten so die Angreifer“, erzählt er. An wenigen Plätzen scheint Geschichte so greifbar und nachvollziehbar zu sein wie hier. Und das wird auch die Botschaft sein, die unzählige Journalisten an diesem Tag von Jerusalem aus in die Welt schicken werden, froh darüber, einmal der Gegenwart zu entkommen.

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