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Gotovina steht bald vor dem Tribunal

Der mutmaßliche Kriegsverbrecher Ante Gotovina wird an das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag überstellt. In Kroatien gab es Proteste gegen Festnahme Gotovinas.

Gotovina werde an Bord einer Militärmaschine in die Niederlande gebracht, teilte die spanische Polizei am Freitag mit. Bis dahin sei der Kroate in einem Gefängnis in der Nähe von Madrid untergebracht. Nach Bekanntwerden der Festnahme demonstrierten am Donnerstagabend hunderte Menschen in Kroatien gegen die Inhaftierung des Ex-Generals.

Die Polizei nahm elf Personen fest, nachdem Demonstranten Fensterscheiben am Regierungsgebäude eingeschlagen hatten. Nach Polizeiangaben versammelten sich in der Hauptstadt Zagreb vor allem Extremisten und Kriegsveteranen. Kroatische Kriegsinvalide wollen auch an diesem Sonntag landesweit Sympathiekundgebungen für Gotovina abhalten. Gotovina sei kein Kriegsverbrecher, sondern ein „Held“, teilte der Veteranenverband HVIDR am Freitag in Zagreb mit.

Der kroatische Regierungschef Ivo Sanader und die Führung der katholischen Kirche des Landes halten Gotovina für unschuldig. Die Regierung werde alles zu seiner Verteidigung unternehmen, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Hina den Erzbischof von Split, Marin Barisic, nach einem Treffen mit Sanader. Der Ministerpräsident sagte angesichts der angekündigten Sympathiekundgebungen, Straßenproteste und Unruhen würden dem Ex-General nicht helfen.

Der Außenminister von Serbien-Montenegro, Vuk Draskovic, gratulierte Kroatien zur Festnahme des Generals. Damit seien für Kroatien die Türen der EU und NATO „weit geöffnet“, sagte er der Belgrader Nachrichtenagentur Beta am Freitag. Er bedauerte gleichzeitig, dass sein Land die Verpflichtungen gegenüber dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag bisher nicht erfüllt hat und sich damit von Europa entfernt. Sieben angeklagte Kriegsverbrecher sind noch flüchtig, unter ihnen der bosnisch-serbische Ex-Präsident Radovan Karadzic und dessen Militärchef Ratko Mladic.

Der spanische Innenminister José Antonio Alonso teilte unterdessen mit, dass Gotovina trotz des internationalen Haftbefehls durch zahlreiche Länder der Welt gereist sei. Dies gehe aus den Eintragungen in dem bei ihm sichergestellten gefälschten Pass hervor. Der Pass enthalte Einreisestempel unter anderem von Russland, China, Tschechien und Chile, berichtete der staatliche spanische Rundfunk RNE. Zuletzt sei Gotovina Ende November in Mauritius gewesen.

Der heute 50-Jährige war untergetaucht, nachdem 2001 vor dem UNO-Tribunal Anklage gegen ihn erhoben worden war. Dem kroatischen General werden Kriegsverbrechen während des Bürgerkrieges in „Ex-Jugoslawien“ (1991-1995) zur Last gelegt. Er soll unter anderem für den Tod von 150 serbischen Zivilisten und die Vertreibung weiterer 150.000 Menschen im Zuge der „Operation Sturm“ verantwortlich sein, mit der kroatische Armee-Einheiten unter Gotovinas Führung im August 1995 die bis dahin serbisch kontrollierte Krajina zurückeroberten. Zu den im Februar 2004 vom Haager Tribunal veröffentlichten Anklagepunkten zählen Verfolgung aus politischen, ethnischen und religiösen Motiven, Mord, Vertreibung, Plünderung und Verletzung des Kriegsrechts.

Anwälte erwarten Gerichtsverhandlung im Herbst

Der Fall des festgenommenen kroatischen Generals Ante Gotovina könnte mit mit dem Fall der Generäle Ivan Cermak und Mladen Markac, die die sich im März vergangenes Jahres dem UNO-Tribunal in Den Haag gestellt haben, zusammengelegt werden. Dies erklärten die Anwälte von Cermak und Markac laut der kroatischen Tageszeitung „Vecernji list“ (Freitag-Ausgabe). Den Beginn des gemeinsamen Gerichtsverfahrens erwarten sie im Herbst nächstes Jahres.

„Es geht um eine Angelegenheit, um die selben Tatsachen und selben Zeugen. Man kann erwarten, dass das UNO-Tribunal das (Zusammenlegung der Fälle) erlauben wird“, sagte Cedo Prodanovic, der Anwalt Cermaks. Markac und Cermak sind ebenso wie Gotovina wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen während und nach der Operation „Sturm“ zur Rückeroberung der von den Serben kontrollierten Krajina im Jahr 1995 angeklagt.

Auch der Anwalt von Markac, Goran Mikulicic, erwartet einen gemeinsamen Prozess. „Realistisch zu erwarten ist der Beginn der Gerichtsverhandlung im Herbst 2006“, so Mikulicic. Der Beginn der Gerichtsverhandlung für Cermak und Markac wurde bisher noch nicht festgesetzt.

Die Anklage gegen Gotovina wurde im Juni 2001 erhoben. Seither war er auf der Flucht. Markac und Cermak wurden im März 2004 angeklagt.

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