In einem Kommentar für die „New York Times“ von Sonntag warf Gore Bush und seiner Regierung vor, mit ihrer Politik „die Zukunft des demokratischen Kapitalismus aufs Spiel zu setzen“. In Hinblick auf die jüngsten Wirtschafts- und Bilanzfälschungsskandale schreibt Gore, der Bush bei den Wahlen 2000 knapp unterlegen war, die Kampagne der Demokraten unter dem Motto „Für das Volk, nicht die Mächtigen“ sei damals richtig gewesen.
Gore richtet sich auch an Kritiker seiner damaligen Politik in den eigenen Reihen: „Die Vorstellung einiger in unserer Partei, dass wir diese Wahrheit nicht sagen sollen, besonders nicht in Zeiten wie diesen, erscheint mir als schlechte Politik und prinzipiell falsch.“ Besonders scharf kritisierte Gore die Gesundheits-, Umwelt- und Steuerpolitik der Republikaner. Bush und Vizepräsident Dick Cheney würden mit ihren Steuersenkungen in Höhe von 1,6 Billionen Dollar nur die „Superreichen“ begünstigen, während dem amerikanischen Haushalt seit langem wieder ein massives Defizit drohe.
Die Welle der Pleiten und Bushs konzernfreundliche Politik hätten Millionen Amerikaner zu Opfern gemacht, schreibt Gore. „Nicht nur die Börse ist zusammengebrochen. Auch unser Vertrauen in die Ehrlichkeit unserer Regierung.“ Wenn Bush tatsächlich eine integre Politik im Weißen Haus verfolgen wolle, müsse der Präsident, „die Namen der Energiefirma-Lobbyisten veröffentlichen, die sich mit Vize-Präsident Cheney getroffen haben“, forderte Gore.
Nach Medienberichten hat der zurückgetretene Enron-Chef Kenneth Lay ein Treffen mit Cheney im April 2001 dazu genutzt, eine Liste von „Prioritäten“ für die Energiepolitik vorzulegen, von denen mehrere ins Energieprogramm der Regierung aufgenommen worden sein sollen. Cheney hat bisher eine Offenlegung kategorisch abgelehnt. Der Anfang Dezember 2001 in Konkurs gegangene Enron-Konzern steht im Verdacht, seine prekäre Lage mit Hilfe von zweifelhaften Partnerschaften und Buchführungspraktiken über lange Zeit vertuscht zu haben.
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