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Google schließt soziales Netzwerk nach Datenpanne

Google schließt das soziale Netzwerk für Verbraucher.
Google schließt das soziale Netzwerk für Verbraucher. ©APA/AFP/ALAIN JOCARD
Nach einer Datenpanne wurde nun beschlossen, das soziale Netzwerk von Google für Verbraucher zu schließen.

Nach Enthüllung einer bereits im März entdeckten Datenpanne hat Google sein soziales Netzwerk für Vebraucher, Google Plus, geschlossen. Persönliche Informationen von bis zu 500 000 Nutzern könnten durch das Leck offengelegt worden sein, teilte der Konzern am Montag über einen Blogeintrag mit. Erstmals nahm er damit öffentlich zur Datenpanne bei Google Plus Stellung.

Durch das Leck in dem Online-Netzwerk hätten möglicherweise bis zu 438 externe Apps Namen, E-Mail-Adressen sowie Daten zu Berufen, Geschlecht und Alter von Nutzern ohne Erlaubnis abschöpfen können. Hinweise auf einen Missbrauch persönlicher Informationen fand Google offenbar nicht.

Datenleck bei Google: Schließung des sozialen Netzwerkes

Vor einem halben Jahr soll der Online-Riese das Problem bewusst unter der Decke gehalten haben – teils um eine Untersuchung durch Behörden sowie einen Imageschaden zu vermeiden, wie das «Wall Street Journal» unter Berufung auf anonyme Gewährspersonen und Dokumente berichtete.

Google lehnte eine Reaktion auf den Artikel ab. Zudem klärte das Unternehmen nicht vollständig auf, warum es die Information über das Datenleck bis Montag zurückhielt. Der von Google genannte Zeitrahmen legt nahe, dass der Konzern etwa zur gleichen Zeit auf die Panne stieß, als Facebook wegen eines Datenskandals unter Beschuss stand.

Zugriff auf Daten durch Datenpanne

Durch die Software-Panne hätten App-Entwickler auf den Namen, die E-Mail-Adresse sowie Informationen über Beschäftigung, Geschlecht und Alter von Nutzern zugreifen können, räumte Google am Montag (Ortszeit) ein. Um andere Daten gehe es nicht. Zugleich kann Google den Kreis der betroffenen Nutzer nicht genau eingrenzen. Der Fehler sei im März 2018 entdeckt und umgehend behoben worden, hieß es. Die Lücke bestand aber bereits seit 2015, wie als erstes das “Wall Street Journal” berichtete.

Google habe zwar keine Hinweise auf einen Datenmissbrauch, aber auch nicht genug Informationen, um ihn vollständig auszuschließen, zitierte das Blatt aus den Unterlagen. Der Konzern habe sich im März dagegen entschieden, die Öffentlichkeit gleich über die Entdeckung zu informieren. Ein Faktor sei die Sorge vor erhöhter Aufmerksamkeit der Regulierungsbehörden gewesen – die Google jetzt gewiss sein dürfte. In der EU schreibt die Ende Mai in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung strikt vor, Betroffene zu informieren.

500.000 Profile könnten betroffen sein

Potenziell könnten Profile von bis zu 500.000 Konten bei Google Plus betroffen sein, erklärte der Internet-Konzern unter Verweis auf eine Analyse der Daten von zwei Wochen im März. Der Konzern könne aber keine weitergehenden Angaben machen, weil Nutzungslogs nur zwei Wochen lang gespeichert würden. Bis zu 438 Apps sollen auf die Schnittstelle mit der Datenlücke zugegriffen haben, hieß es.

Google Plus werde derzeit von Verbrauchern kaum genutzt – und 90 Prozent der Interaktionen dauerten weniger als fünf Sekunden, erklärte der Konzern. Die Einstellung der Verbraucherversion solle nach einer zehnmonatigen Übergangszeit Ende August kommenden Jahres abgeschlossen werden. Damit gesteht Google auch offiziell die bereits klare Niederlage im Wettbewerb der Online-Netzwerke mit Facebook ein. Für die interne Kommunikation in Unternehmen soll Google Plus weiter betrieben werden. Zu Nutzerzahlen hatte sich der weltgrößte Suchmaschinenanbieter stets bedeckt gehalten.

Größere Auswirkungen für Verbraucher dürften entsprechend die Änderungen beim Mobil-Betriebssystem Android haben, das auf Geräten von hunderten Millionen Menschen läuft. Die Nutzer werden präziser bestimmen können, welche Daten sie mit einer App teilen wollen, wie Google ankündigte. Grundsätzlich würden weniger Apps Zugriff auf Anruflisten und SMS-Daten bekommen.

Zugriff der App-Entwickler wird stärker eingeschränkt

Außerdem werde auch der Zugriff von App-Entwicklern auf die E-Mails in Googles GMail-Dienst stärker eingeschränkt. Das “Wall Street Journal” hatte im Sommer berichtet, App-Entwickler verwendeten zum Teil E-Mails von Nutzern, um Algorithmen etwa für automatische Antworten zu trainieren. Das hatte für Kritik gesorgt.

Dem “Wall Street Journal” zufolge wiesen Googles Juristen das Top-Management nach Entdeckung der Schwachstelle darauf hin, dass eine Offenlegung vermutlich “sofortiges Interesse von Regulierern” und Vergleiche mit dem Facebook-Datenskandal um Cambridge Analytica auslösen würde. Ein internes Gremium habe entschieden, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen, Google-Chef Sundar Pichai sei darüber informiert gewesen. Ein Google-Sprecher sagte der Zeitung, ausschlaggebend bei solchen Entscheidungen sei unter anderem, ob es Hinweise auf Missbrauch gebe und ob man betroffene Nutzer identifizieren könne.

Facebook erfuhr bereits 2016 von Datenpannen einer Umfrage-App

Schnittstellen für App-Entwickler hatten auch eine zentrale Rolle in dem Mitte März ausgebrochenen Facebook-Datenskandal um Cambridge Analytica gespielt. Das Online-Netzwerk erlaubte es App-Entwicklern bis 2015, auch auf Daten von Freunden eines Nutzers zuzugreifen.

Der Entwickler einer Umfrage-App sammelte nicht nur die Daten von Teilnehmern einer Erhebung und derer Freunde – und reichte sie anschließend unberechtigterweise an die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica weiter. Facebook erfuhr zwar bereits 2016 davon, gab sich aber mit der Zusicherung zufrieden, dass alle Daten gelöscht seien und informierte die Betroffenen nicht. Diese Vorgehensweise sorgte für massive Kritik.

(APA/Red)

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