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Go West!

Aus Ürümqi hab ich eine interessante Geschichte, die mir der Baron eilig erzählte. Es ist die Geschichte des von Himmel und Erde geborenen steinernen Affen Sun Wukong , der übernatürliche Fähigkeiten besitzt, die Unsterblichkeit gewinnt, sich zum König der Affen macht, Aufruhr im Himmel stiftet und gefangen wird. Der Mönch Xuanzang befreit ihn und nimmt ihn auf eine zehn Jahre dauernde „Reise in der Westen“ mit, die bis vor das Antlitz Buddhas führt. Der Mönch wird noch vom grausig aussehenden Wasserdämon Sha Wujing begleitet, ein bestrafter General, der eine Vase zerstört hat. Ein ebenfalls bestrafter Begleiter ist Zhu Wuneng , der mit der Mondgöttin flirtete und deshalb ein Schwein zur Mutter bekam und als Mischung aus Schwein und Mensch leben muss. Das Quartett reist nach Westen über die Seidenstraße nach Indien und kehrt im Jahr 645 mit zwanzig Pferden, 657 buddhistischen Texten und 150 Reliquien nach Chang‘an zurück. Das erzählte mir der Baron aus Ürümqi , eine von mir bislang unerhörte bizarre Erzählung aus Chinas Mythen.

Auch Vorarlberg hat eine tolle Geschichte, die uns Zurückgebliebenen ein frisches Glanzmännermagazin (VORARLBERGER) auftischt. „Go West!“ sei das „göttliche“ Motto auch hier, schreibt die CR. Es ist freilich nicht Chinas Mythen, sondern der US „Manifest Destiny“-Doktrin entnommen. Die Besten im Westen. Als Westküste, erfährt der Volk, funktioniere der Bregenzer Stadtstrand (Pipeline) nämlich auch, die pazifischen Sonnenuntergänge liefere der Bodensee und an Stelle der Sierra Nevada stehe der Bregenzerwald.

Und dann kommen sie, die Elite-Männer, die uns mit ihren götzlichen Lebensweisheiten frisch gedutscht ansehen und beschenken. „Work your ass off & don’t be an asshole“, weisheitet Sagmeister. Jammern sei blöd. „Tu was oder vergiss die Sache!“ liest der Volk, der seit Monaten einen Job sucht. Mindestpensionsempfänger erfahren endlich, wie Nora Goller um die Welt fliegt und einen Club gründet, Reinhold Geiger mit Parfum Millionen macht, Daniel Zech zum bekanntesten Start-up-Thüringer wurde. Hier erfährt der kleine (Mann-) Vorarlberger, wie er ein großer (Mann-) VORARLBERGER wird, welche Brille er tragen (Coblens), welches Auto er fahren (Mercedes, Porsche), wie er sich kleiden (Boss, Gatsby, Roy Robson), welche Socken er tragen (Kunert), dass er Bartölpflegeprodukt verwenden (Spitzars Kolumne), welche englischen Bisinäss-Sprüche er klopfen soll („Take it or leave it“), welcher Dresscode angesagt ist („außen Business, innen Punk – ohne grüne Haare, dafür mit Uniabschluss“), wie die Cahsprofis Blasen verblasen und „quer“ denken (Friedrich & Weik). Cool, die Fötimänner. Kein Feinripp. Ein glänzendes Heft, überwiegend von Frauen geschrieben. Go East!

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