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Günstigste Reise zum Hudson

Der Akustik-Trip ins Umland von New York hat etwas. Das KUB macht ihn möglich.

Irgendwo weit in der Ferne ein Flugzeug, oder vielleicht ein Zug? Egal, jene Musik, die Insekten oder Amphibien erzeugen, schmeicheln dem im Alltag oft unnötig geforderten Ohr ohnehin mehr. Lädt der deutsche Künstler Lothar Baumgarten zur Kontemplation? Seine Ausstellung „Seven Sounds/Seven Circles” hat den Anschein. Sie auf die Begegnung mit der uns in dieser Dimension kaum noch geläufigen Natur zu reduzieren, wäre jedoch weit verfehlt. Baumgarten ist Denker. Nachdenker über das menschliche Zusammenleben, über die Wahrnehmung, die Kommunikation und die Sicht der Welt, wenn er beispielsweise wochenlang mit Völkern im brasilianischen Urwald lebt, bevor die ersten Fotografien entstehen. Baumgarten ist aber auch Techniker. Neue Surround-Aufnahmetechniken ermöglichten ein akustisches Abbild einer Gegend. Genaugenommen ist es eine Landschaft nördlich von New York, eine Halbinsel im Hudson. Einst als Lehmabbaugegend zerfurcht, erobert sich die Natur dieses Land nun wieder zurück. Unser Bild davon ist nun Thema einer sich über alle Stockwerke des Kunsthauses Bregenz ziehenden Ausstellung.

Ohren sehen genauer

Ohren sehen genauer, müsste man Lothar Baumgarten zitieren. „Wir hören 360 Grad, sehen aber höchstens im Weitwinkelformat”, macht er den Unterschied deutlich. Sieben dieser akustischen Skulpturen oder „phonischen Bilder” sind wahrzunehmen, jedes einzelne erfordert die Aufmerksamkeit von 60 Minuten. Wer nach der Einstimmung mit Lichtbilderprojektionen in Schwarzweiß im Erdgeschoss die Tagesabläufe (aufgenommen vor wenigen Jahren) im Zeitraffer durchwandert, wird vermutlich in der akustisch intensiveren Nacht länger innehalten. Und überhaupt: Während Baumgarten festhält, dass er die Arbeit erstmals hier zeigt, weil er im KUB dafür die optimalen Bedingungen hat, wird klar, dass bei Rücksicht der Besucher die „phonischen Bilder” rauschfrei ins Ohr gehen. Übrigens, der Zugang ist zwar ein völlig anderer, aber es ist interessant zu wissen, dass die Kanadier Janet Cardiff und George Bures Miller, die im KUB vor einigen Jahren filmisch-optische Opulenz zeigten, nun bis 17. Mai im Museum Hamburger Bahnhof in Berlin auch nur mit einer Sound-Skulptur enorm suggestive Bilder erzeugen.

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