Nachdem bekannt geworden ist, dass der tödliche Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Alexander Litwinenko mit der radioaktiven Substanz Polonium 210 verübt wurde, hat die britische Polizei ihre Ermittlungen am Samstag ausgeweitet. Mit Unterstützung von Geheimdienst-Experten werden Videobänder von Beobachtungskameras ausgewertet. Zudem fahnden Detektive nach Tatverdächtigen und befragen potenzielle Zeugen, die weitere Aufschlüsse über den Hergang der Vergiftung Litwinenkos geben könnten, berichtete der Sender BBC.
Zugleich geht die mit den Ermittlungen betraute Spezialeinheit für Terrorismusbekämpfung der Frage nach, woher die radioaktive Substanz Polonium 210 stammte, mit der Litwinenko vergiftet wurde. Polonium wurde bereits vor Jahrzehnten als Neutronenquelle beim Bau von Atombomben eingesetzt – in der damaligen Sowjetunion ebenso wie in den USA. Britische Geheimdienstkreise weisen nach Angaben der Zeitung The Times vom Samstag darauf hin, dass der Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion deutliche Zeichen eines staatlich geförderten Attentats aufweise. Vieles deute darauf hin, dass der Anschlag durch ausländische Agenten ausgeführt wurde.
Derweil wurde die Obduktion der Leiche Litwinenkos erneut verschoben. Hauptgrund dafür seien Befürchtungen, dass der Körper noch so stark mit Strahlungsmaterial belastet ist, dass davon eine Gefährdung für das an einer Obduktion beteiligte medizinische Personal ausgehen könnte, berichtete die BBC.
Während die Ermittlungen auf Hochtouren laufen, haben politische Schuldzuweisungen eingesetzt. So sagte etwa der Grünen-Fraktionschef im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit: Das System Putin ist ein terroristisches und undemokratisches System. Der Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion, Hans-Gert Pöttering (CDU), forderte eine schonungslose Aufklärung des Falles. Andernfalls werde das Vertrauen in die russische Führung weiter zurückgehen, fügte Pöttering hinzu. Auch der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament (SPE), Martin Schulz, appellierte an Putin, die Hintergründe der Affäre aufzuklären. Sollte sich herausstellen, dass der russische Geheimdienst tatsächlich in die Ermordung Litwinenkos verwickelt war, wäre das ein gravierender Vorgang. Präsident Putin ist gut beraten, bei der Aufklärung der Vorgänge mit aller Kraft mitzuwirken.
Unterdessen schenkten die meisten Moskauer Zeitungen der Vermutung, der Kreml könne hinter der Vergiftung Litwinenkos stecken, keinen Glauben. Warum sollten sich die russischen Regierungsstellen an einem Deserteur der Geheimdienste die Finger schmutzig machen?, fragte etwa die Komsomolskaja Prawda (Samstagsausgabe). Litwinenko habe dem Regime Putin bereits seit sechs Jahren allen erdenklichen Schaden zugefügt, jedoch keine wirkliche Bedrohung dargestellt, fügte das Blatt hinzu. Die Rossiskaja Gaseta äußerte den Verdacht, dass Litwinenko womöglich von dem Putin-Kritiker Boris Beresowski ermordet worden sei, der ebenso wie er in London lebte. Beresowksi hätte gewiss keine Skrupel, einen früheren Freund umzubringen.
Am Samstag, zwei Tage nach dem Tod des Ex-Spions, sind Personen, die mit ihm Berührung hatten, zu medizinischen Tests aufgerufen worden. Sie sollten sich beim staatlichen Gesundheitsdienst NHS melden. Der Aufruf richtete sich insbesondere an Personen, die Litwinenko am 1. November im Sushi-Restaurant Itsu unweit des Piccadilly Circus sowie im Millennium Hotel am Grosvernor Square in London begegnet sein könnten. Dort sowie in der Wohnung Litwinenkos hatten Experten von Scotland Yard am Freitag geringe Spuren der radioaktiven Substanz Polonium 210 gefunden. Wer mit Litwinenko in Berührung gekommen sei, solle vorsichtshalber Urinproben abgeben, die auf Polonium 210 untersucht werden, erklärte die britische Behörde für Gesundheitsschutz. Lebensgefährlich sei die Substanz aber nur, wenn sie in hoher Konzentration in die inneren Organe gelangt sei.
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