Gewerkschaft will Wohnen wieder "leistbar" machen

Für immer mehr Menschen stellten Wohnungskosten eine unüberwindbare Hürde dar, während Immobilienspekulanten Rekordgewinne machten. Die Regierung habe jahrelang zu wenig getan, Maßnahmen wie die türkis-grüne Mietpreisbremse seien zu spät erfolgt und wirkten nicht.
Programm mit drei Hauptpunkten
Fachleute des Gewerkschaftsbundes (ÖGB) haben unterstützt von Vertreterinnen und Vertretern der Arbeiterkammer (AK) daher ein wohnungspolitisches Programm verfasst, das drei Hauptpunkte umfasst.
- Zuallererst müsse Wohnen für alle leistbar sein. Hierbei müsse die Politik Spekulation unterbinden und dem öffentlichen Wohnbau Vorrang geben.
- Weiters müsse dauerhaft sowohl in sozialen Wohnbau als auch in nachhaltige Sanierung investiert werden, so solle unter anderen Unterpunkten in diesem Bereich die Sanierungsrate bei öffentlichen Gebäuden erhöht werden.
- Zudem brauche es einen "Turbo für den Austausch fossiler Heizungssysteme in Mietwohnungen". Hier dürften die Kosten "nicht auf Mieter überwälzt" werden.
Sozialer Wohnbau als zentraler Bestandteil
"Die Lage ist viel zu ernst, um sich auf Detailmaßnahmen zu konzentrieren. Es braucht ein Gesamtpaket, um Einzelmaßnahmen hebeln zu können", sagte ÖGB-Volkswirtin Helene Schuberth. "Viele Maßnahmen, die aus unserer sicht sehr wichtig wären, würden auch keine fiskalischen Kosten verursachen."
Die Autorin des wohnpolitischen ÖGB-Programms und -Volkswirtin, Angela Pfister, sagte: "Wenn es um leistbares Wohnen geht, hat sozialer Wohnbau eine zentrale Rolle. Er hat eine preisdämpfende Wirkung auf den Mietmarkt insgesamt." Wohnbauförderungsmilliarde des Bundes begrüßte sie. Doch das Geld brauche es dauerhaft jährlich und nicht wie derzeit einmalig aufgeteilt auf drei Jahre. Unbedingt müssten die Wohnbauförderungsbeiträge wieder zweckgebunden werden. "Sonst verschwinden wichtige Mittel in den Länderbudgets", kritisierte Pfister.
Grundstücke leistbar halten
Befristete Mietverträge gehörten im kommerziellen Bereich abgeschafft, bekräftigte AK-Wohnexperte Thomas Ritt. Wie die beiden ÖGB-Vertreterinnen betonte er, dass die Milliarde für die Wohnbauförderung der Bundesregierung zwar wichtig sei, aber einhergehende Maßnahmen nötig seien, um das Geld tatsächlich auf die Baustellen zu bringen.
"Nur die Förderung, ohne den Boden zu haben, wo etwas errichtet wird, ist sinnlos", sagte Ritt. Gemeinnützige Bauträger dürften 300 Euro pro Quadratmeter genutzter Wohnfläche ins Grundstück investieren. In Wien-Favoriten samt Bahnlärm kostete ein Quadratmeter zuletzt 2.700 Euro, also fast das Zehnfache, so der Arbeiterkämmerer. "Gemeinnützige können kein Grundstück mehr kaufen", wenn nicht etwa wie in Wien Grundstücke seitens der Stadt zur Verfügung gestellt würden. Also brauche es hier flächendeckend österreichweit in Ländern und Gemeinden Maßnahmen, um Grundstücke für diese Art des Wohnbaus leistbar zu halten "und überhaupt bauen zu können".
Wirtschaftskammer will Vorschriften durchforsten
Die Wirtschaftskammer Wien kritisierte in einer Aussendung eine "einseitige Forcierung des sozialen Wohnbaus durch die Politik" und strich die Bedeutung des gewerblichen Wohnbaus hervor. Dort seien bessere und attraktivere Rahmenbedingungen gefragt. "Mit den richtigen Rahmenbedingungen und Anreizen kann die Bautätigkeit gezielt angekurbelt und Mietpreise in der Folge auch wieder stabil gehalten werden", so der Fachgruppenobmann der Immobilientreuhänder in der Wiener Kammer, Michael Pisecky. "Es geht um eine Durchforstung von Normen und Vorschriften, wie zum Beispiel bei Aufstockungen im Bestand Neubaustandard herzustellen oder die Stellplatzverpflichtung und vieles mehr. Das ist unter dem Gesichtspunkt der Kostensenkung bei gleichbleibender Qualität für die Bewohner möglich." Kostensenkend wäre auch eine Entbürokratisierung und Beschleunigung bei Einreichungen, erinnerte der Wirtschaftsvertreter.
SPÖ bekräftigt Forderungen
Die SPÖ bekräftigte jene Forderung, die auch ÖGB und AK des längeren stellen, wonach bis 2026 ein Mietpreisstopp umzusetzen und hernach eine permanente Deckelung der Mieterhöhungen umzusetzen sei. Hier ist stets von 2 Prozent die Rede, was auf massiven Widerstand auf der Wirtschaftsseite stößt. "Für jeden Fünften stellen Wohnkosten bereits eine schwere Belastung dar. Bei Alleinerziehenden ist sogar jeder Dritte", griff die stellvertretende Klubobfrau Julia Herr in einer Aussendung Ausführungen auf, die auch bei der Pressekonferenz fielen. "Nur mit einem Mietpreisstopp können wir die Mieten auf ein erträgliches Maß hinunterbringen", so die Rote.
FPÖ sieht "Schnittmenge"
Eine Schnittmenge zur Gewerkschaft haben hier aber nicht nur die Sozialdemokraten. Auch die Freiheitlichen sehen in diesem Politikbereich eine solche mit den Arbeitnehmervertreterinnen und -vertretern. "Das wohnpolitische Programm des ÖGB wirft viele wichtige Fragen auf. Ich sehe hier eine Schnittmenge", verwies FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl in einer Aussendung darauf, dass seine Fraktion hierzu auch bereits die Antworten gegeben habe. "Es ist bekannt, dass befristete Mietverträge ein wesentlicher Wohnkostentreiber sind. Auch wir Freiheitliche bekennen uns seit langem zu wirksamen Korrekturen: Gewerblichen Vermietern soll es - außer in begründeten Ausnahmen wie etwa anstehenden Sanierungen - nicht länger gestattet sein, befristete Verträge abzuschließen." Auch die ÖGB-Kritik am Wohnbaupaket des Bundes sei "mehr als berechtigt", so der Blaue.
(APA)
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