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Gewalt und Einschüchterung vor Präsidentenwahl in Afghanistan

Gewalt und Einschüchterung haben nach Angaben der Vereinten Nationen die Vorbereitungen für die Präsidentenwahl in großen Teilen Afghanistans erheblich gestört. Die Zustände könnten viele Afghanen davon abhalten, am kommenden Donnerstag tatsächlich ihre Stimme abzugeben. Statt der knapp 7000 geplanten Abstimmungszentren sei davon auszugehen, dass nur 6200 geöffnet sein würden, teilte die afghanische Wahlkommission am Donnerstag in Kabul mit.
Spannung vor Wahlen in Afghanistan

Die Wahl wird sich laut dem Ergebnis einer US-finanzierten Umfrage erst in einer zweiten Runde entscheiden. Der amtierende Präsident Hamid Karzai liegt zwar mit 44 Prozent der Wählerabsichten in Führung. Doch damit würde er die erforderliche absolute Stimmenmehrheit am 20. August verfehlen.

Die EU-Kommission hofft auf eine starke Wahlbeteiligung und ruft vor allem die Frauen zur Teilnahme auf. Kommissionssprecher John Clancy erklärte am Freitag in Brüssel, es werde eine 111-köpfige Wahlbeobachterkommission in Afghanistan tätig sein. Dabei werde es nicht nur in der Hauptstadt Kabul zum Einsatz der 67 Langzeitbeobachter und 44 Kurzzeitbeobachter kommen, sondern je nach Sicherheitslage und Möglichkeit im ganzen Land.

Vor den Wahlen hat Karzai offenbar ein umstrittenes Ehegesetz in Kraft treten lassen, das schiitische Frauen stark diskriminiert. Wie die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) am Freitag mitteilte, darf laut dem Gesetz künftig ein Mann seiner Ehefrau jegliche materielle Unterstützung, auch Lebensmittel, entziehen, wenn sie sich seinen sexuellen Forderungen verweigert. Auch muss die Ehefrau den Mann um Erlaubnis fragen, wenn sie einer Lohnarbeit nachgehen will. HRW warf dem sunnitischen Paschtunen Karzai vor, sich mit dem Gesetz die Stimmen der schiitischen Minderheit bei der Wahl sichern zu wollen. Rund 15 Prozent der afghanischen Bevölkerung gehören der schiitischen Hazara-Minorität an, deren Vertreter ein eigens auf sie zugeschnittenes Familienrecht gefordert hatten.

Im Norden Afghanistans war am Donnerstag der frühere Präsident Burhanuddin Rabbani nur knapp einem Taliban-Anschlag entgangen. Rabbani, der afghanisches Staatsoberhaupt war, als die Taliban 1996 in Kabul die Macht an sich rissen, ist Parlamentsabgeordneter und als Exponent der “Nordallianz” einer der wichtigsten Unterstützer des ehemaligen Außenministers Abdullah Abdullah, der gegen Karzai antritt. Die Taliban, die sich zu dem Überfall auf Rabbani bekannten, wollen die Wahl massiv stören. Während sie Anschläge bisher zumeist im Süden und Osten verübten, gerät nun auch der Norden und Westen immer stärker in ihr Visier. In einer anderen Region der nördlichen Provinz Kunduz lieferten sich Taliban und Polizei neuerlich Kämpfe.

Im Kampf gegen islamistische Kräfte in Pakistans Grenzregion zu Afghanistan hat der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari politisches Engagement in den halbautonomen Stammesgebieten von Waziristan erlaubt. Es solle keine gesonderte Identität für die Region mehr geben. Das bisherige Verbot der politischen Betätigung gilt in den Augen von vielen Experten als eine der Ursachen für ein Machtvakuum, das die Stammesregion zu einem Rückzugsgebiet für Al-Kaida-Terroristen und die Taliban gemacht hat. Nach dem angeblichen Tod des pakistanischen Taliban-Anführers Baitullah Mehsud hat die Regierung in Islamabad dessen Anhänger zur Kapitulation aufgerufen.

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