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Georgiens Schätze: Wo uralte Mauern auf jahrtausendealte Weinkultur treffen

©Edelweiss/Loren Bedeli
Von der Höhlenstadt Uplistsikhe über stille Klöster bis zu festlichen Weinrunden in Kachetien – eine Reise durch Georgiens Herz.
Tiflis: Kreativ, kantig, kämpferisch

Wer Georgien bereist, erlebt ein Land voller Gegensätze. Auf kleinem Raum liegen uralte Geschichte, stille Klöster und endlose Weinberge nebeneinander. Wer die quirlige Hauptstadt Tiflis verlässt, lernt schnell ein anderes Georgien kennen: ländlich, ruhig und von jahrhundertealten Traditionen geprägt. Hinter jeder Kurve öffnet sich ein neues Bild: zerklüftete Felsen, üppige Weinberge, weite Ebenen und sanfte Hügel, gekrönt von uralten Klöstern. Unsere Reise beginnt mit einem Blick weit zurück in die Vergangenheit. Uplistsikhe, die Höhlenstadt am Kura-Fluss, zeigt sich als stille Anlage mit jahrtausendealten Räumen, schmalen Gängen und kleinen Plätzen, die direkt in den Fels gehauen wurden. Hier lebten Händler, Handwerker und Fürsten, lange bevor das Christentum nach Georgien kam. Wer heute über die Felsstufen steigt, blickt auf eine weite, karge Landschaft und bekommt ein Gefühl dafür, wie abgeschieden das Leben hier einst gewesen sein muss.

Die Höhlenstadt Uplistsikhe. ©Beate Rhomberg

Weiter Richtung Osten

Von hier führt uns die Route weiter nach Osten, in die Region Kachetien, das Herz des georgischen Weinbaus. Auf dem Weg liegt das Bodbe-Kloster, hell und leise zwischen Zypressen und gepflegten Gärten. Hier befindet sich die Grabstätte der heiligen Nino, die das Christentum nach Georgien brachte. „Benehmt euch, die Nonnen hier sind sehr streng“, scherzt unser Guide David beim Aussteigen. Tatsächlich möchten wir uns mit den schwarz gekleideten Frauen, die uns beim Betreten ganz genau beobachten, nicht anlegen. Einen Grund dazu hätten wir aber sowieso nicht. Während Pilger zum Beten hierherkommen, genießen wir die Ruhe, die schönen Fotomotive und den Blick über die weite Ebene des Alasanitals.

Das Bodbe-Kloster bei Sighnaghi ist Pilgerstätte und ein beliebter Aussichtspunkt über das Alasanital. ©Beate Rhomberg

Nur ein paar Minuten weiter liegt Sighnaghi, die „Stadt der Liebe“. Schon von der Straße aus wirkt sie wie ein kleines Schmuckstück: rote Dächer, helle Fassaden und hölzerne Balkone, die sich an den Hang schmiegen. Hinter den res­taurierten Stadtmauern geht es ruhig zu. In den kopfsteingepflasterten Gassen treffen wir auf Handwerker, kleine Läden und gemütliche Cafés. Von der Mauer reicht der Blick weit über die Ebene, bei klarem Wetter bis zu den schneebedeckten Gipfeln des Kaukasus.

Sighnaghi, die „Stadt der Liebe“. ©Beate Rhomberg

Die Weinregion Georgiens

Von hier führt unsere Reise weiter nach Telavi, der größten Stadt Kachetiens und dem lebendigen Zentrum der Weinregion. Auf dem Markt herrscht schon am Vormittag reges Treiben. Zwischen bunten Ständen stapeln sich Tomaten, Paprika, Kräuter und Käse. Frauen verkaufen selbst gemachte Gewürzmischungen und Walnüsse, die hier traditionell in süßem Traubensaft zu Churchkhela verarbeitet werden. Mit diesen Leckereien decken wir uns erstmal für zu Hause ein. Telavi wirkt noch sehr untouristisch, hier erleben wir das echte Alltagsleben – zwischen alten Stadtvillen, staubigen Nebenstraßen und ein paar modernen Cafés, die sich behutsam dazwischenschieben. Am Nachmittag erreichen wir schließlich das Weingut Shumi, wo die jahrtausendealte georgische Weintradition lebendig bleibt.

Seit über 8000 Jahren reift der Wein in Georgien nach alter Tradition in Qvevri – großen Tonamphoren, die in der Erde vergraben werden. ©Beate Rhomberg

Zwischen Reben und alten Kellern erfahren wir, wie die berühmten Qvevri – große Tonamphoren – in der Erde vergraben werden, damit der Wein auf natürliche Weise gärt. Bei der Verkostung stehen der tiefrote, kräftige Saperavi und fruchtige Weißweine auf dem Tisch. Und wie überall in Georgien gehört auch hier das Essen dazu. Die Gerichte kommen in die Mitte des Tisches und werden geteilt. Die Vorspeisen sind oft vegetarisch: Auberginen mit Walnusspaste, eingelegtes Gemüse, Gurken, Tomaten und natürlich Khachapuri – Brot mit Käse gefüllt. Bei den Hauptspeisen wird es schließlich fleischlastiger und würziger.

Und dann, wie sollte es anders sein, übernimmt David einmal mehr die Rolle des Tamada, des traditionellen Tischredners. Mit erhobenem Glas spricht er von Freundschaft, Reisen und der Liebe zum Leben. Und das Leben, das kann man als Touristin in Georgien unbestritten in vollen Zügen genießen. BER

©Edelweiss/Loren Bedeli
©Beate Rhomberg
©Beate Rhomberg

GEORGIEN
Anreise: Edelweiss fliegt zweimal wöchentlich, mit einem A320, jeweils dienstags und samstags, von April bis Oktober nonstop von Zürich nach Tiflis. Buchbar auf flyedelweiss.com
Währung: Lari
Essen: The Terrace Signagi (köstliche Khinkali mit Ausblick), Weingut Shumi (wer mag, kann auch selbst Brot backen und Churchkhela herstellen)

Übernachtung im Weinfass

In Telavi kann man in überdimensionalen Weinamphoren übernachten. ©Beate Rhomberg

Im Hotel Qvevrebi in Telavi schläft man in riesigen Nachbildungen traditioneller georgischer Qvevris – Tonamphoren, in denen seit Jahrtausenden Wein vergoren wird. Innen sind die runden Zimmer gemütlich eingerichtet, draußen blickt man auf Weinberge und die Gipfel des Kaukasus. Ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst.


Tiflis: Eine Stadt voller Kontraste

©Edelweiss/Loren Bedeli

Tiflis ist das Herz Georgiens und eine Stadt voller Gegensätze. In der Altstadt lehnen sich bunte Holzbalkone über enge Gassen, zwischen Kopfsteinpflaster und kleinen Werkstätten blüht das Alltagsleben. Nur wenige Schritte entfernt überspannt die Friedensbrücke aus Glas und Stahl den Fluss Kura – Sinnbild der jungen, modernen Seite der Stadt. Kreative Viertel wie die ehemalige Nähfabrik Fabrika ziehen heute Künstler, Designer und Musiker an. An vielen Ecken leuchten Graffitis, politische Parolen und bunte Fassaden. Wer den Überblick sucht, fährt mit der Seilbahn hinauf zur Statue der Mutter Georgiens und blickt über ein Häusermeer, das von Kuppelbädern, Kirchen und modernen Hochhäusern geprägt ist. Tiflis ist laut, lebendig und herzlich – und bleibt seinen Wurzeln trotz aller Aufbruchsstimmung treu.

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