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Geologisches Wunder

©K.T.Raab
Das türkische Pamukkale ist ein atemberaubendes Welterbe mit Magnetwirkung.
Bilder

„Pamukkale“ – ein Namen, der jedem Türkeifreund auf der Zunge zergehen dürfte. Hinter dem wohlklingenden Namen verbirgt sich ein geologisches Wunder der Superlative, dessen wattigweißes Aussehen bei der Namengebung Pate stand. Die warmen Wasser einer heißen Kalziumkarbonatquelle wandelten den Bergzug 19 Kilometer nördlich von Denizli im Laufe der Jahrtausende in beeindruckende Sinterterassen um.

UNESCO-Weltkulturerbe
Das wohlig temperierte, bis zu 35 Grad Celsius warme Wasser ergießt sich von einem Becken in das nächste und schaffte so eine atemberaubende Gesteinsformation, die weltweit ihresgleichen sucht und nicht von ungefähr 1988 von der UNESCO in den Status des Weltkulturerbes erhoben wurde. Allerdings drohte die Traumlandschaft auf einem Plateau, gut 2000 Meter über der Ebene des Büyuk Menderes, des großen Mäanders, in zunehmendem Maße der Profitgier einiger findiger Geschäftsleute zum Opfer zu fallen. Die schneeweißen Becken mutierten immer mehr zu kleinen, dreckigen Salzpfützen. Was offiziell als Folge langer, heißer Sommer begründet wurde, hing ursächlich mit der Tatsache zusammen, dass mehr und mehr Wasser mittels kleiner Kanäle umgeleitet wurde, um die Schwimmbäder der Hotels mit (billigem) Wasser zu füllen.

Bedrohung durch Geschäfte
Aber auch die Heerscharen der Touristen, die dem Plateau in den Sommermonaten Rummelplatz-Atmosphäre verliehen und das Wasser durch Öle und Chemikalien ihrer Sonnencremes verunreinigten, trugen zur Zerstörung bei, sie hielten sich nicht an Abgrenzungen und Vorschriften. Auf Drängen der UNESCO wurde schließlich Mitte der 90er-Jahre die Reißleine gezogen, um das einmalige Naturschauspiel vor der Zerstörung zu retten. Der Abriss der oberhalb der Terrassen gelegenen Hotels und ein generelles Bade- und Begehverbot brachte den gewünschten Erfolg.

Die Hotels wurden unterhalb der Terrassen neu errichtet und werden nun erst mit dem wertvollen Thermalwasser versorgt, nachdem dieses die Sinterterrassen passiert hat. Während sich die „Baumwollburg“ zunehmend erholt und ihr strahlend weißes Antlitz zurückgewinnt, wird den Besuchern dennoch die Illusion vermittelt, Teile der Traumlandschaft barfuß betreten zu dürfen. Auf der ehemaligen Straße durch die Sinterterrassen wurden künstliche (Beton-)Becken angelegt, die dank der Sinterausfällungen aus dem darüber fließenden Wasser nach und nach mit einer Kalkschicht überzogen wurden und längst ein natürliches Aussehen angenommen haben.

Amphitheater und Tempel
Einen exzellenten Eindruck vom Leben in der einstigen Römerstadt Hierapolis, die bei einem Erdbeben im Jahre 1334 zerstört wurde, vermitteln darüber hinaus das römische Amphitheater mit seinen gut erhaltenen Bühnenreliefs aus Marmor und der Apollo-Tempel. An der Südseite des antiken Gotteshauses erstreckt sich das Plutonium, das als Heiligtum des römischen Unterweltgottes Pluto, dem Herrscher über Leben und Tod, verehrt wurde. Eingefasst von steinernen Einfriedungen befindet sich hier ein kleiner, eher unscheinbarer Erdspalt. Die intensiven, strengen Dämpfe und Gerüche, die aus der Öffnung entfleuchen, gelten der Sage nach als giftig.
Zumindest in dem Maße, dass kleine Tiere und Vögel ihnen zum Opfer fallen. Reste der byzantinischen Stadtmauer, die Ruine der achteckigen Märtyrerkirche St. Phillipus sowie der Ehrenbogen des Kaisers Domitian aus dem 1. Jahrhundert komplettieren die Reise in die Vergangenheit, die auf Schritt und Tritt von den Eindrücken des phantastischen „Watteschlosses“ begleitet wird. Denn Pamukkale ist trotz der in Teilen noch immer sichtbaren Zerstörungen im wahrsten Sinne des Wortes ein geologisches Wunder.

Eine Kleinstadt mit einer großen Attraktion
Die Kleinstadt Pamukkale – türkisch für Baumwollfestung – erhielt ihren Namen durch die beeindruckenden Kalksinterterrassen, die über Jahrtausende durch kalkhaltige Thermalquellen entstanden sind und eine Touristenattraktion darstellen. Pamukkale liegt 20 Kilometer nordöstlich der Provinzhauptstadt Denizli und hat etwa 2500 Einwohner.

250
Liter Thermalwasser, das mit Kalziumhydrogencarbonat gesättigt ist und eine Temperatur von etwa 35 Grad Celsius hat, werden pro Sekunde ausgeschüttet. Durch den Druckabfall entweicht Kohlendioxid, wodurch die Löslichkeitsgrenze des Calciumcarbonats überschritten wird. Pro Liter sind 2,2 g Kalk gelöst, der aber nur zum Teil ausgeschieden wird.

Ähnliche Quellen auch in Ungarn und Kalifornien
Ähnliche Sinterterrassen wie in Pamukkale befinden sich an den Mammoth Hot Springs im Yellowstone-Nationalpark und in Egerszalók bei Eger in Ungarn. Die in Neuseeland gelegenen Pink and White Terraces waren bereits im 19. Jahrhundert ein auch in Europa bekanntes Touristenziel und wurden 1886 durch einen Vulkanausbruch vollständig zerstört.

Das „antike Becken“ von Hierapolis heilt
Während sich das Gros der Besucher ob der fotogenen Reize fast ausschließlich auf die Besichtigung der Sinterterrassen konzentriert, hat Pamukkale noch weit mehr zu bieten: In unmittelbarer Nähe erheben sich auf einem weiteren Plateau die Ruinen des antiken Hierapolis, deren touristisches Herz das sogenannte „antike Becken“ bildet. Hier bietet sich die wohl einmalige Gelegenheit, wie einst die Badegäste im Altertum im Schatten von Palmen und Oleander zwischen umgefallenen Säulen und Gemäuern der Stadt, die 133 vor Christus durch Eumenes II. von Pergamon gegründet wurde, zu schwimmen.
Das glasklare, leicht radioaktive Wasser soll eine heilende Wirkung bei Gicht- Erkrankungen haben und Herz- sowie Kreislaufbeschwerden spürbar lindern.

Eine Reise durch das Hinterland
Bei einer Reise ins Hinterland der südlichen Ägäis entdeckt man eine der reizvollsten Berglandschaften der Türkei. Die schönste Route führt von Bodrum über Yatagan Richtung Pamukkale.

„Baumwollburg“ als Naturwunder
Die Einheimischen ließen sich bei der Namensgebung des Naturwunders von einem Landesprodukt inspirieren: Baumwolle heißt Pamuk, Pamukkale ist die Baumwollburg.

Reiseinfos

Anreise: von den Flughäfen Bodrum, Dalaman oder Izmir, Bustransfer nach Denizli – Pamukkale. Ab Denizli gibt es Busverbindungen mit allen größeren Städten des Landes.
Lage: Pamukkale liegt rund 230 Kilometer von Izmir und Fethiye beziehungsweise 240 Kilometer vom Badparadies Antalya im Südwesten Anatoliens rund 20 Kilometer von der Provinzhauptstadt Denizli entfernt.
Einreise: Für die Einreise in die Türkei genügt ein gültiger Personalausweis.
Währung: 1 Euro entspricht 2,02 Türkischen Lira, 1 Türkische Lira entspricht 0,49 Euro. Geld kann man in Wechselstuben tauschen, die Bezahlung mit Kreditkarten ist üblich.
Archäologisches Museum: Das Pamukkale Arkeoloji Müzesi an den Terrassen zum römischen Bad zeigt täglich von 9 bis 17.30 Uhr Funde aus Hierapolis und Afrodosia.
Antikes Becken: Das mit Wasser aus warmen Quelle gespeiste Becken steht Badegästen täglich ab 7 beziehungsweise 8 Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit zur Verfügung. Der Eintritt beträgt 18 YTL.
Nationalpark Pamukkale: Der Nationalpark ist rund um die Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 5 Türkische Lira.
Unterkunft: Spa Hotel Colossae, Thermal, Karahayit Mevki, Pamukkale, Denizli, Telefon 090-(0)258- 2714156, www.colossaehotel.com. Eine Besonderheit des Fünf-Sterne- Hauses sind die mit rotem, mineralhaltigem Wasser gespeisten Pools.
Allgemeine Informationen: Kultur- und Informationsabteilung des Türkischen Generalkonsulats, Baseler Straße 35-37, 60329 Frankfurt, Telefon 069-233081, www.reiseland-tuerkei-info.de Informationen: www.pamukkale.gov.tr.

VN-K.T.Raab

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