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Genf: UNO diskutiert sich Köpfe heiß

Menschenrechtssünder wie Sudan oder Simbabwe dürfen nicht über Menschenrechte wachen, sonst sei der Bock der Gärtner. Die 61. Tagung der UNO-Menschenrechtskommission (MRK) in Genf zeigt das Dilemma.

„Nur die Hälfte der Regierungsdelegationen ist an einer Stärkung der Menschenrechte interessiert“, kritisiert Kenneth Roth von Human Rights Watch. Die andere Hälfte der von Regionalgruppen der UNO-Vollversammlung bestimmten Teilnehmer aus 53 Staaten habe selbst genug Dreck am Stecken. Doch erstmals seit Jahrzehnten zeichnet sich jetzt in Genf eine Bewusstseinsänderung ab, die eine Aufwertung der Menschenrechte als Maßstab für politisches Handeln zur Folge haben könnte.

Die Kritik an der Kommission ist in diesem Jahr so stark wie selten zuvor. Die „Heuchelei“, mit der von vielen ihren Mitgliedern mit den Menschenrechten umgegangen werde, wird nicht mehr allein von Menschenrechtsorganisationen angeprangert. „Statt die Menschenrechte zu verteidigen, wurde die MRK eine Gesellschaft zur Verteidigern von Verletzern der Menschenrechte“, sagt Kenneth Roth. Erfolgreich haben sich „die üblichen Verdächtigen“ wie China, Sudan, Pakistan, Simbabwe, Burma oder Indonesien dagegen gewehrt, in so genannten Länderresolutionen verurteilt zu werden. Die EU schlägt dies für solche Staaten auch gar nicht erst vor. „Wenn das mal schief gelaufen ist, will man sich nicht noch einmal verbrennen“, sagt ein Diplomat.

Wenn Kuba etwa auf die Lage in den Gefängnissen von Guantanamo hinweisen will, dann fahren die USA schweres Geschütz auf. Während Kuba von einem „internationalen Folterzentrum“ unter amerikanischer Führung auf Guantanamo spricht, halten die USA mit einem vernichtenden Bericht über die Lage der Menschenrechte auf der Insel dagegen. Nur das kleine Nepal wird angeprangert. „Bewegen tut sich da kaum was, eine Reform ist unerlässlich“, sagt ein EU-Politiker.

Dazu hat UN-Generalsekretär Kofi Annan Vorschläge gemacht. Danach wird die Kommission möglicherweise von einem Menschenrechtsrat aller UNO-Mitglieder abgelöst. Vielleicht wird ein solcher Rat auch nur von denjenigen gebildet, die die Einhaltung der Menschenrechte nachweisbar ernst nehmen. Aber die Reform der MRK sei nun wohl angestoßen, hieß es in Delegiertenkreisen.

Deutschlands Außenminister Joschka Fischer sagte vor den etwa 5000 Politikern und Mitgliedern von Menschenrechtsorganisationen, die noch bis zum 22. April tagen: „Die Förderung der Menschenrechte ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch ein wichtiges Instrument zur Krisenprävention.“ Genau dies sei das Stichwort, erläutern Diplomaten und Menschenrechtler in Genf. „Nach dem Irak- Krieg werden militärische Übergriffe noch weniger internationale Akzeptanz finden als bisher schon. Da kann die moralische Waffe ’Menschenrechte’ noch recht wirkungsvoll werden.“

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