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Geiselnehmer drohen zehn Jahre Jugendhaft

Mit einer Jugendstrafe von bis zu zehn Jahren muss der 16-Jährige Geiselnehmer rechnen, der in der Waiblinger Schule vier Kinder sechseinhalb Stunden in seiner Gewalt hatte.

Eine Richterin erließ am Samstag Haftbefehl gegen den Ex-Schüler der Anstalt, der seine Tat nach Angaben der Polizei vorher geplant hatte. Weil Fluchtgefahr bestand, wurde Marcel K. unverzüglich in ein Gefängnis eingeliefert.

Mit der Geiselnahme, die am Freitagnachmittag begonnen hatte und am Abend ohne Blutvergießen endete, hatte der 16-Jährige die Schrecken von Erfurt und ähnlicher Massenmorde wachgerufen. Dort hatte ein 19-Jähriger im April dieses Jahres 13 Lehrer, zwei Schüler, einen Polizisten und anschließend sich selbst erschossen.

In Waiblingen hatte sich Marcel K. am Freitag mit einer schusssicheren Weste, einer Luftpistole und Bombenattrappen ausgerüstet, war in die Schule gegangen und hatte im Computerraum zehn Schüler und eine Lehrerin bedroht. Als Geiseln behielt er vier Schüler im Alter zwischen elf und 14 Jahren. Nach intensiven Gesprächen mit der auf Deeskalation bedachten Polizei sowie mit dem Betreuer seiner Wohngemeinschaft gab Marcel K. schließlich ein Kind nach dem anderen frei, warf seine Waffe aus dem Fenster und stellte sich. Um die Schule waren mittlerweile mehr als 200 Polizeibeamte und 30 Rettungskräfte zusammengezogen worden.

Nach am Sonntag rätselten Polizei, Lehrer und Bekanntenkreis über das Motiv des 16-Jährigen. Zunächst hatte es geheißen, Marcel K. habe aus Geltungsbedürfnis heraus gehandelt. Der Rektor der Grund- und Realschule, Bernd-Günter Barwitzki, sagte der „Welt am Sonntag“, man kenne Marcel als „ruhigen, vernünftigen Jugendlichen“, der andererseits aber auch in einer Scheinwelt von Gewaltvideos, Star-Trek-Filmen und Military-Kleidung gelebt habe.

Das Lehrerkollegium der Friedensschule, die am Freitagnachmittag in Erinnerung der unfassbaren Schülermorde von Jonesboro, Littleton und Erfurt für einige Stunden im Mittelpunkt des Weltinteresses gestanden hatte, wollte am Sonntagnachmittag über die Verarbeitung des Schreckens beraten. Wie es hieß, sollte am (morgigen) Montag zunächst in allen Klassen über den Vorfall geredet werden. Anschließend werde der Unterricht „so normal wie möglich“ weitergehen, hieß es.

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