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Geheime Türöffnungen? Neue Spekulationen um Grab der Nofretete

"Die Schöne ist gekommen", heißt Nofretete übersetzt. Mit ihrem ebenmäßigen Gesicht und dem geheimnisvoll entrückten Lächeln gilt sie als die wohl schönste Frauenskulptur der Welt.
"Die Schöne ist gekommen", heißt Nofretete übersetzt. Mit ihrem ebenmäßigen Gesicht und dem geheimnisvoll entrückten Lächeln gilt sie als die wohl schönste Frauenskulptur der Welt. ©AP
Sie gilt als eine der schönsten Frauen der Welt, ihre Büste lockt Jahr für Jahr mehr als eine Million Besucher auf die Berliner Museumsinsel. Aber wo der Leichnam der schönen Nofretete ruht, ist bisher ungewiss. Jetzt gibt es eine spannende neue Theorie.
Die Büste der Nofretete

Um das Grab der legendären ägyptischen Königin Nofretete gibt es neue Spekulationen. Der britische Archäologe Nicholas Reeves hat Anhaltspunkte gefunden, dass hinter der 1922 entdeckten Grabkammer des Pharao Tutanchamun im ägyptischen Tal der Könige noch zwei weitere Grabstätten liegen könnten – eine davon die von Nofretete.

Reeves: Mögliche Mauerdurchbrüche durch Bemalung übertüncht

Der Forscher der US-Universität Arizona verweist dabei auf mögliche Mauerdurchbrüche an den Wänden, die durch eine spätere Bemalung übertüncht wurden. Entdeckt hat er sie auf kürzlich veröffentlichten, hochauflösenden Bildern des Tutanchamun-Grabes mit dem Kürzel KV62.

“Ungeplündertes Grab” der Nofretete hinter jenem Tutanchamuns?

Die mögliche nördliche Kammer stamme aus einer Zeit vor dem berühmten Kindkönig (um 1330 v. Chr.) und könnte das “ungeplünderte Grab” der Nofretete sein, schreibt der Wissenschaftler in einem Aufsatz für das Forschungsprojekt zur ägyptischen Ausgrabungsstätte Amarna.

Nicholas Reeves
Nicholas Reeves ©Quelle: Nicholas Reeves

Die britische Wochenzeitung “The Economist” zitierte Reeves mit den Worten: “Wenn ich falsch liege, liege ich falsch. Aber wenn ich recht habe, könnte es vielleicht die größte archäologische Entdeckung aller Zeiten sein.” Auch deutsche Zeitungen berichteten über seine Annahmen.

Ägyptisches Museum Berlin: “Spekulativ”

Nach Einschätzung von Olivia Zorn, der stellvertretenden Direktorin des Ägyptischen Museums in Berlin, ist die Theorie von Reeves bisher spekulativ. “Er ist ein erfahrener Amarna-Forscher und arbeitet mit fundierten Ansätzen”, sagte sie auf dpa-Anfrage. “Genaueres könnten aber nur Untersuchungen vor Ort bringen.”

Zahlreiche Spekulationen um Nofretetes letzte Ruhestätte

Das Grab des Tutanchamun galt schon bei seiner Entdeckung durch den Briten Howard Carter 1922 als Sensation, weil es relativ unversehrt war und unschätzbare Grabbeigaben enthielt. Über die letzte Ruhestätte von Nofretete dagegen und die verwandtschaftliche Beziehung der beiden gibt es zahlreiche Spekulationen.

So hat zwar eine DNA-Untersuchung ergeben, dass die Mumie der sogenannten Younger Lady aus dem Tal der Könige die Mutter von Tutanchamun sein soll. Ob es sich dabei aber um Nofretete, die Gemahlin von König Echnaton handelt, ist sehr umstritten.

EPA/ Egyptian Supreme Council of Anti (handout)
EPA/ Egyptian Supreme Council of Anti (handout) ©Ein Foto einer Darstellung Nofretetes (links im Bild). Quelle: EPA/ Egyptian Supreme Council of Antiquities (handout)

“Uns fehlen einfach konkrete Inschriften aus der Zeit”

Das Ägyptische Museum Berlin, das seit 1920 die weltberühmte Skulptur der schönen Pharaonengattin besitzt, will sich an solchen Spekulationen nicht beteiligen. “Hundertprozentig sicher wären wir erst, wenn wir einen Sarg finden, auf dem der Name von Nofretete steht – und selbst dann könnte der Leichnam noch später umgebettet worden sein”, sagt Vizedirektorin Zorn. “Uns fehlen einfach zu dieser Fragestellung konkrete Inschriften aus der Zeit.”

Nofretete als Hauptattraktion in Berlin

Das Museum hatte 2012/2013 mit einer großen Ausstellung zur Amarna-Zeit mehr als 600 000 Besucher angezogen. Hauptattraktion war der Nofretete-Kopf, der 1912 bei Ausgrabungen in der altägyptischen Herrscherstadt entdeckt worden war und seit zehn Jahren auf der Museumsinsel zu sehen ist. Seither lockt die rätselhafte Pharaonengattin Jahr für Jahr mehr als eine Million Bewunderer an. “Die Büste der Nofretete ist in den über hundert Jahren, die sie mittlerweile in Berlin ist, zu einer Ikone der Berliner Museen geworden, die Berliner und Besucher aus aller Welt fasziniert”, sagt der Präsident der verantwortlichen Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger.

“Die Schöne ist gekommen”, heißt Nofretete übersetzt. Mit ihrem ebenmäßigen Gesicht und dem geheimnisvoll entrückten Lächeln gilt sie als die wohl schönste Frauenskulptur der Welt. Eine Versicherung schätzte sie schon vor Jahren auf einen Wert von 300 Millionen Euro.

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Wie die ewig Schöne nach Deutschland kam

Die mehr als 3000 Jahre alte farbige Büste wurde 1912 weitgehend unversehrt bei Ausgrabungen im ägyptischen Amarna von dem deutschen Archäologen Ludwig Borchardt in der Werkstatt des Hofkünstlers Thutmosis entdeckt. “Arbeit ganz hervorragend. Beschreiben nützt nichts, ansehen”, notierte der Altertumsforscher am 6. Dezember in sein Grabungstagebuch.

Insgesamt wurden in Amarna, dem einstigen Herrschersitz von König Echnaton und seiner Gemahlin, mehr als 10 000 Fundstücke geborgen. Bei der damals üblichen Fundteilung erhielt die deutsche Seite als Finanzier der Grabungen mit anderen Schätzen auch die Nofretete . So kam die Schöne, mit Brief und Siegel vertraglich abgesichert, nach Berlin.

Freilich: Dass die Schöne überhaupt in Berlin stehen darf, war keineswegs immer klar. Schon nach der ersten Ausstellung 1924 forderte Ägypten die Büste zurück. Später sorgte der inzwischen abgesetzte Antikendirektor Zahi Hawass, Ägyptens “Indiana Jones”, mit seinen publikumswirksamen Rückforderungen immer wieder für Aufsehen.

Mit Hinweis auf den Teilungsvertrag stellte der damalige Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) zur Ausstellungseröffnung aber nochmals klar: “Die Büste der Nofretete ist unzweifelhaft und zu Recht im Eigentum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Sie gehört uns allen.”

Nofretete: Auch das historische Vorbild gibt Rätsel auf

Auch das historische Vorbild hat den Forschern Rätsel aufgegeben. Nofretete war die Hauptgemahlin von König Echnaton, der zwischen 1353 und 1336 v.Chr. in Ägypten eine Ein-Gott-Religion einführte. Neuere Schriftfunde belegen, dass sie entgegen früheren Spekulationen nicht frühzeitig gestorben oder einer Palast-Intrige zum Opfer gefallen ist. (dpa/red)

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