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Gefangen im Schnee

Hundert Menschen konnten in Afghanistan aus dem Schnee gerettet werden, wie UNO-Sprecher Jusuf Hassan mitteilte. Drei allerdings konnten nur noch tot geborgen werden.

„Ich wusste nicht mehr, dass das meine Hände sind. Ich hatte überhaupt kein Gefühl mehr darin“, sagt Sajed Nasir. Der afghanische Arzt, der für eine schwedische Hilfsorganisation arbeitet, hatte Glück: Als einer der ersten wurde er aus dem Schneechaos am Salang-Tunnel 80 Kilometer nördlich von Kabul gerettet.

Hunderte sind Schätzungen zufolge noch in 4.000 Metern Höhe im höchsten Tunnel der Welt gefangen. „Viele sitzen seit zwei Tagen und zwei Nächten fest und haben seither nichts mehr gegessen“, berichtet Nasir. „Sie haben nicht genügend Kleidung und Benzin. Viele haben schon Frostbeulen an den Fingern. Und wenn sie nicht bald gerettet werden, sieht es schlecht für sie aus“, beschreibt der Arzt die Lage.

Als die ersten Berichte über das Drama im Hindukusch am Mittwoch nach Kabul drangen, war zunächst von einer Lawine die Rede gewesen. Helfer sagten am Donnerstag jedoch, starke Winde hätten so viel Schnee auf die Straße geweht, dass die Tunneleinfahrten blockiert wurden. Doch wurden Autos, Busse und Lastwagen nicht, wie zunächst befürchtet, unter den Schneemassen begraben. Hundert Menschen konnten am Donnerstag am Nordende des Tunnels aus dem Schnee gerettet werden, wie UNO-Sprecher Jusuf Hassan mitteilte. Drei allerdings konnten nur noch tot geborgen werden.

Es ist eisig kalt in 4.000 Metern Höhe. „Das Problem ist nicht so sehr der Schnee, sondern der gewaltige Wind“, sagt Nasir. „Es war so kalt, dass man nicht mehr als zwei Minuten im Freien bleiben konnte.“ Die extreme Witterung macht auch den Helfern zu schaffen: Ein Bulldozer fror fest, als er sich einen Weg zum Südeingang des Tunnels bahnen wollte. Am Donnerstag sollten Rettungsmannschaften des Roten Kreuzes, der UNO und der UN-Friedenstruppe den Eingeschlossenen zu Hilfe kommen.

Der Salang-Tunnel liegt auf jenem Pass durch den Hindukusch, der den Norden mit dem Süden Afghanistans verbindet. Der über drei Kilometer lange Tunnel war erst Mitte Jänner wiedereröffnet worden. Nach der Machtergreifung der radikalislamischen Taliban 1996 hatte die oppositionelle Nordallianz die Passage gesprengt.

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