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GB: Rücktrittsforderungen an Blair

Der britische Premierminister Tony Blair sieht sich nach seinem Wahlsieg zunehmend mit Rücktrittsforderungen konfrontiert - von den Wählern sowie aus den eigenen Reihen.

Fast jeder zweite Brite wünscht sich nach einer Umfrage den Rücktritt von Premierminister Tony Blair innerhalb eines Jahres. Nach der am Montag vom „Daily Telegraph“ veröffentlichten Umfrage wollen 46 Prozent, dass Blair nächstes Jahr um diese Zeit nicht mehr im Amt ist. Weitere 26 Prozent sind dafür, dass er innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre aus der Downing Street auszieht.

Nur 18 Prozent wollen dagegen, dass er erst kurz vor den nächsten Wahlen sein Amt abgibt – so wie er es angekündigt hat. Unter den Anhängern seiner Partei ist Blairs Position aber stärker. Von den Labour-Wählern wünschen sich nur 17 Prozent seinen Rücktritt innerhalb eines Jahres. 52 Prozent der Labour-Wähler würden sich freuen, wenn Finanzminister Gordon Brown Blairs Nachfolger würde.

Politischer Widerstand

Nach den massiven Verlusten der Labour Party bei der britischen Unterhauswahl am vergangenen Donnerstag steht Premierminister Tony Blair immer stärker unter Druck, bald seinen Posten zu räumen. Sogar „normalerweise loyale Minister“ hätten Blair aufgefordert innerhalb von 18 Monaten den Weg für einen unverbrauchten Nachfolger an der Regierungsspitze frei zu machen, berichtet die Londoner Tageszeitung „The Independent“ (Montagsausgabe).

Damit kommt der Ruf nach einem Rücktritt Blairs nun nicht mehr nur von den “üblichen Verdächtigen“ auf dem linken Parteiflügel, denen der Labour-Führer wegen seiner rechtsgerichteten Politik und dem Irak-Krieg seit längerem ein Dorn im Auge ist. „Nach diesem Wahlergebnis kann er es nicht durchstehen. Wir können uns weitere vier Jahre in dieser Art nicht mehr leisten. Ich würde ihm 18 Monate geben. Tony sollte das EU-Referendum bestreiten und dann gehen. Das scheint ein sehr attraktiver Zeitplan zu sein“, sagte ein hochrangiges Kabinettsmitglied der Zeitung.

Offiziell wiesen die Minister bisher alle Rufe nach einem baldigen Rücktritt Blairs zurück. Am Wochenende hatten mehr als ein Dutzend Labour-Abgeordnete den Rücktritt Blairs gefordert. „Die Hinterbänkler sagen alle, dass sie ihre Sitze trotz Tony gewonnen haben, nicht wegen ihm“, sagte ein Minister. Vertraute Blairs betonten jedoch, dass der Premierminister zumindest bis Herbst 2008 an der Regierungsspitze bleiben wolle.

Brown steht bereit

Vertraute von Schatzkanzler Gordon Brown, der als wahrscheinlicher Nachfolger Blairs gehandelt wird, glauben jedoch nicht, dass Brown so lange warten wolle. Laut „Independent“ könnten die linken Rebellen in der Partei schon beim diesjährigen Labour-Parteitag im September versuchen, einen Gegenkandidaten zu Blair aufzustellen. Dies dürfte aber nur ein „Test“ sein, um den Rückhalt auszuloten, den Blair noch hat.

Tatsächlich zurücktreten werde Blair nach dem für Frühjahr 2006 geplanten Referendum über die EU-Verfassung in Großbritannien müssen – egal ob es wie erwartet negativ oder doch positiv ausgehe. Die Neuwahl des Labour-Führers könnte dann auf dem Parteitag im September 2006 erfolgen.

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