Gazakrieg: Festwochen-Intendant Rau ruft zu "Widerstand" auf

Menschlichkeit habe nur eine Seite
"Lasst euch nicht verwirren von denen, die euch sagen, ihr müsst eine Seite wählen", so Rau. Menschlichkeit habe nur eine Seite. "Über Gaza zu reden bedeutet, die Verbrechen des israelischen Militärs genauso zu verurteilen wie die Verbrechen der Hamas", heißt es in dem Schreiben, das Rau anlässlich der Endproben des von ihm inszenierten Stücks "Der Brief" in Rom verfasst hat.
"Wenn wir jetzt nicht handeln, wenn wir weiterhin schweigen, werden wir nicht nur zu Mitschuldigen. Wir zerstören nicht nur unsere Menschlichkeit, sondern auch unsere Freiheit und, früher oder später, den Frieden. Wenn wir heute schweigen, werden wir morgen kämpfen müssen, so wie unsere Großeltern und Urgroßeltern gekämpft haben", so Rau.
An der Seite jener stehen, die auf die Straße gehen
Nicht zu schweigen bedeute, an der Seite aller zu stehen, "die gegen den Völkermord in Gaza auf die Straße gehen: "seien es palästinensische, israelische oder europäische Bürger:innen". Denn ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit richte sich nicht gegen dieses oder jenes Volk, sondern es "gegen alle Menschen, gegen die Menschlichkeit selbst".
Zur Diskussion um den Begriff Völkermord schrieb Rau: "Das Verbrechen liegt klar zutage, und schlichtweg alle Institutionen, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg erfunden haben, um genau das zu verhindern, was in Gaza geschieht, haben ihm einen unmissverständlichen Namen gegeben: Genozid." Stattdessen verliere man Zeit mit der Diskussion um linguistische Spitzfindigkeiten. "Als würden wir uns in einem akademischen Seminar befinden, als würde nicht in jeder Minute, da Sie diesen Brief lesen, Menschen in Gaza sterben. An Bomben, an Hunger, an Krankheit."
Österreich, Deutschland und Italien hätten kein Recht zu schweigen
"Wie viele hunderttausende Menschen müssen noch auf die Straße gehen, bevor wir als Künstler:innen, Kurator:innen, Regisseur:innen und Festivalorganisator:innen endlich Verantwortung übernehmen?", fragt Rau. Österreich, Deutschland und Italien habe kein Recht zu schweigen: "Wir sind die drei Nationen des klassischen Faschismus. Wir haben vor nicht langer Zeit einen Völkermord geplant und ausgeführt, den Genozid an den europäischen Juden und Jüdinnen, den schrecklichsten Völkermord aller Zeiten. Wir haben schon damals geschwiegen und einfach weitergemacht."
Umso befremdlicher empfindet Rau es, dass im deutschen Kulturraum keine Zeitschrift oder Plattform bereitgewesen sei, seinen Aufruf zu veröffentlichen. "In allen anderen Ländern Europas war es kein Problem. Was wohl mehr sagt über das im Brief beschriebene 'Schweigen' der Täternationen des Holocaust, als uns lieb sein kann."
(S E R V I C E - )
(APA)
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