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Gabi Trinkaus' "Mind the Gap" in der Galerie Kargl

Ernste Gesichter blicken von den Wänden der Galerie Georg Kargl. Frauen und Männer, die eine ungewöhnliche Schönheits-OP hinter sich gebracht haben.

Am Skalpell: Gabi Trinkhaus, die neben Porträts auch Nachtstadtlandschaften aus winzigen Zeitschriftenausschnitten zusammenstellt. “Mind the Gap” heißt die Ausstellung, die von morgen, Mittwoch, bis zum 23. August zu sehen ist. Die Lücken in denen prototyphaften Gesichtern entdeckt man erst, wenn seine Konturen in der Nähe verschwinden. Wenn aus dem ernsten Porträt ein Meer von Schnipseln wird. “Ich habe zu Hause eine Haarbox, eine Hautbox und so weiter”, berichtete Trinkhaus heute im Gespräch mit der APA. “Es ist ein großes Archiv.”

Lifestyle-Magazinen begegnet die in Graz geborene und in Wien lebende Künstlerin in erster Linie mit der Schere. Schwarze Bilder mit hellen Flecken setzt sie für ihre nächtlichen Stadtlandschaften ein, rosa Stücke aller Nuancen für Haut, hochmodische Frisuren zerstückelt sie für die selbst gebaute Haarpracht. “Ich sehe das als einen großen Sack voller Mediengut”, so Trinkaus. “Und schüttle ihn kräftig.” Kritische und vielschichtige Reflexionen über die Illusionswelten der Werbung sind dabei ebenso zufällig wie gewollt. Wenn da etwa die makellose Wange aus dem Produktnamen eines Kosmetikartikels besteht, dann sind das “keine unangenehmen Zufälle”, erklärte Trinkaus.

Die Stadtlandschaften sehen von weitem wie eine Luftaufnahme von pulsierenden, viel beleuchteten Straßenzügen aus. Flüsse, Fußballstadien und auf den Horizont hin verengende Perspektive inbegriffen. Dass auf den Schnipseln, die dieses Häusermeer generieren nicht einmal ein einziges Haus vorkommt, möchte man beim Nähertreten erst gar nicht glauben. Straßenlampen entpuppen sich als Gesichter oder als freizügige Entblößungen heller Haut, Schriftzüge geben dem gründlichen Betrachter auch hier genug Stoff zum Lesen. Mindestens drei Wochen werkt Trinkaus an solchen Kollagen, ständig hin und her gehend zwischen Detail- und Fernansicht. Im hintersten Raum der Galerie gibt ein Film per Zeitraffer einen Eindruck ihres archivarisch-chirurgischen Arbeitsprozesses.

“Ich wollte etwas machen, das sich selbst erklärt, wo das Material die Logik trägt”, erzählt Trinkaus, die eigentlich aus der Malerei kommt. Als “Mediendiebin” sei sie nun tätig, die die Heilsversprechen der Werbung und ihrer Bildwelten mit deren eigenen Waffen ironisiert. Was von diesen ursprünglichen Bildern dann bleibt wird schon im Eingangsbereich ausgestellt. Fast ein wenig gruselig sehen die verwerteten Magazinseiten aus, denen Augen, Wimpern, ein Stück aus einer rosaledernen Tasche, das Innenleben eines Schuhs fehlen. Leere Versprechen, radikal entzaubert.

In der “Box” nebenan zeigt die Galerie Kargl Arbeiten des ungarischen Künstlers Miklos Erdely (1928-86) sowie einiger seiner Schüler, die sich als “Indigo Gruppe” zusammenfanden. Erdely, ein charismatischer Lehrer, der im Rahmen der Fluxus-Strömung gänzlich neue fotografische Ansätze an die Hochschule brachte, verwirklichte Dokumentationen zahlreicher kleiner selbstinszenierter Aktionen, flüchtige Bilderserien von Mini-Geschichten. Die kleine Gruppe von Arbeiten, die Erdelys eigene Werke mit denen seiner Schüler kombiniert, war bis vor kurzem in der Budapester Galerie Kisterem zu sehen. Fluxus in Zentraleuropa war auch das Thema einer gleichzeitigen Ausstellung im Ludwig Museum Budapest. In Wien könnte etwa das MUMOK Interesse an Erweiterung seiner Fluxus-Sammlung haben, bei der Auswahl der Käufer seien die Erben Erdelys allerdings sehr vorsichtig, hieß es aus der Galerie.

“Gabi Trinkaus: Mind the Gap” und “Miklos Erdely und die Indigo Gruppe”, von 2. Juli bis 23. August
Di bis Fr 11-19 Uhr, Do 11-20 Uhr, Sa 11-15 Uhr
Galerie Georg Kargl
Schleifmühlgasse 5
1040 Wien
www.georgkargl.com

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