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G 8: "Mit sich selbst beschäftigt"

Wenn sich die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag beim G-8-Gipfel vor dem luxuriösen schottischen Golfhotel Gleneagles zum Familienfoto aufstellen, dann wollen auch sie wieder ein Bild der Harmonie geben.

Die Kunst zu lachen, wenn es nichts zu lachen gibt, muss jeder Politprofi rund um den Globus beherrschen. Doch hinter verschlossenen Türen am Konferenztisch wird – bei allem diplomatischen Respekt voreinander – schnell klar werden: Freundschaft regiert diese Runde nicht.

Diplomaten in Brüssel meinen, dass neben fundamental gegensätzlichen Sichtweisen beim Klimawandel und bei der Entwicklungshilfe auch innenpolitische Schwierigkeiten der Teilnehmer dem Willen zum gemeinsamen Handeln im Wege stehen. Zumal nach dem gescheiterten EU-Gipfel Mitte Juni in Brüssel von einem geschlossenen europäischen Block keine Rede sein kann. Das wird den führenden Industrienationen (G8) – USA, Kanada, Japan, Russland, Frankreich, Italien, Deutschland und Großbritannien – kaum helfen, ihrer selbst beanspruchten Führungsrolle bei der Lösung globaler Probleme gerecht zu werden.

Der französische Staatspräsident Jacques Chirac ist gerade auf seinen Gastgeber, den britischen Premier Tony Blair, schlecht zu sprechen. Gegen jede Etikette eskalierte zwischen beiden der milliardenschwere Streit um althergebrachten Agrar-Subventionen und Anlagen in die Technologien der Zukunft. Geschwächt durch das Nein seiner Landsleute zur EU-Verfassung Ende Mai fand Chirac keinen Weg, den gerade zum dritten Mal wiedergewählten Premier in die Schranken zu weisen. Der Franzose, dessen Popularität am Boden ist, musste mit leeren Händen zurück nach Paris reisen.

Chirac, bis dahin auf eine Ausnahmerolle unter den europäischen Führern bedacht, musste auch mitansehen, dass sein oft wichtigster Verbündeter, der deutsche Kanzler Gerhard Schröder, in Brüssel nicht helfen konnte. Schröder muss, wenn der deutsche Bundespräsident Horst Köhler Neuwahlen zum Bundestag im September zustimmt, gegen eine derzeit in den Umfragen starke CDU-Kanzlerkandidatin Angela Merkel antreten. Sollte Merkel die Wahl gewinnen, wäre sie die erste Frau in dem von Männern dominierten Club, seit die konservative britische Premierministerin Margaret Thatcher ihr Land dort zwischen 1979 und 1990 vertreten hatte.

Und auch der konservative italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat seine innenpolitischen Sorgen. Nach einer Reihe regionaler Abstimmungspleiten in diesem Jahr kann er sich eines Erfolges bei nationalen Wahlen im kommenden Jahr nicht sicher sein. Sein Kontrahent, der ehemalige EU-Kommissionspräsident Romano Prodi, kann sich angesichts der schlechten wirtschaftlichen Verfassung des Landes durchaus Chancen mit seinem Mitte-Links-Bündnis ausrechnen.

Und dann ist da noch die Frage, wie es eigentlich um die transatlantischen Männerfreundschaften steht. Chirac und Schröder pflegen mit US-Präsident George W. Bush einen sachlichen Umgang. Berlusconi, der noch im Irak-Krieg hilft, will von dort Truppen abziehen, zumal seine Landsleute wenig für die militärische Expedition übrig haben.

Bleibt der treueste europäische Verbünde des US-Präsidenten: der Gastgeber. Doch auch Blair stößt mit seinem privilegierten Verhältnis zu Bush an klare Grenzen. Der Gipfel wird nach Einschätzung europäischer Diplomaten zeigen, dass die USA weder das Engagement des Briten für eine massive Afrika-Hilfe noch für den Kampf gegen die Folgen der globalen Klimaveränderung teilen. Die Gipfel-Erklärungen dazu dürften eher mager ausfallen. Um das zu verbergen, bliebe Blair vor allem sein gewinnendes Lächeln.

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