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Fußball-Legende Beckenbauer: Die "Lichtgestalt" wird 70 Jahre alt

Franz Beckenbauer: "Alle Sonntage der Welt sind in mir vereint."
Franz Beckenbauer: "Alle Sonntage der Welt sind in mir vereint." ©DPA
Groß feiern wird Franz Beckenbauer seinen runden Geburtstag verständlicherweise nicht. Nach dem Tod von Sohn Stephan vor gut einem Monat gibt es keine ausgedehnte Ehren-Veranstaltung am Freitag, wenn der "Kaiser" 70 Jahre alt wird. Mit Ehefrau und Kindern wollte Beckenbauer verreisen, den Tag abseits der Heimat verbringen.

Gewürdigt wird eine der größten Karrieren im Weltsport aber auch ohne öffentliche Feier. Ob mit einer 90-minütigen Dokumentation in der ARD, einem einstündigen Hörfunk-Feature auf Bayern 2 oder gar dem “Kicker”-Sonderheft “Legenden & Idole” – sieben Jahrzehnte im facettenreichen Leben des zur Lichtgestalt im deutschen Fußball erkorenen Beckenbauer bieten unzähligen Stoff.

“Alle Sonntage der Welt sind in mir vereint. Wenn man so ein Leben hat in diesen 70 Jahren, angefangen aus dem Nichts kommend und dann durch den Fußball die Kurve nach oben zu kriegen…”, sinnierte Beckenbauer, der mit seiner Familie in Oberndorf bei Kitzbühel lebt, in der ARD. “Und der Fußball ist dabei auch noch gesellschaftsfähig geworden und hat heute einen Stellenwert, dass sich die höchsten Politiker damit beschäftigen. Und da war ich dabei.”

Beckenbauer ist weltbekannt

Nicht nur dabei, sondern mittendrin, immer in einer Hauptrolle: Fußball-, Werbe- und Medien-“Kaiser”, Weltmeister-Teamchef, WM-Macher – praktisch alles, was der am 11. September 1945 in München-Giesing geborene Sohn eines Postbeamten anfasste, wurde zu Gold. Beckenbauer ist weltbekannt, wird von Fans verehrt.

“Habe immer nur gesagt, was mir gerade eingefallen ist”

Dank Souveränität und Leichtigkeit wirkt Beckenbauer, als stünde er über den Dingen. Schlagfertigkeit und Redegewandtheit ziehen Zuhörer in den Bann, auch wenn Beckenbauer selbst behauptet, noch nie eine “große Rede” gehalten zu haben: “Ich habe immer nur gesagt, was mir gerade eingefallen ist.” Immerzu erlebt man den Tausendsassa umgänglich und freundlich. “Jeder muss einmal Luft rauslassen, aber ich würde ihn schon als einen sehr ausgeglichenen Menschen bezeichnen”, sagte Ehefrau Heidi in der Bayern 2-Sendung radioThema.

FIFA-Sperre hielt nur zwei Wochen

Selbst wenn eine Aussage einmal nicht passt, nimmt das einem Beckenbauer keiner wirklich übel. Auch eine FIFA-Sperre samt Untersuchung ändert nichts an seinem öffentlichen Standing. “Ich habe erst einmal auf das Datum geschaut. Ich habe gedacht, das ist ein Aprilscherz. Vielleicht hat sich da jemand einen Spaß erlaubt”, sagte Beckenbauer, als der Weltverband ihn während der WM im Vorjahr in Brasilien wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen den Ethik-Code für 90 Tage aus dem Verkehr zog. Nur zwei Wochen später wurde die Sperre aufgehoben.

“Franz Beckenbauer ist das größte Glück des deutschen Fußballs. Es gab keinen Besseren vor ihm und es wird auch kein Besserer nachkommen. Er hat in verschiedenen Phasen seines Lebens so viel Positives für den deutschen Fußball geleistet wie kein anderer das jemals können wird”, würdigte WM-Gefährte Günter Netzer wiederholt die Verdienste des charismatischen Alleskönners.

Beckenbauer holte Fußball-WM 2006 nach Deutschland

Den Erfolgen vor allem als FC-Bayern-Legende – Weltmeister, Europameister, Europapokalsieger und, und, und – folgten nahtlos Siege in der Karriere nach der Karriere. Neben dem Brasilianer Mario Zagallo ist er der einzige, der dem WM-Titel als Kicker durch den Triumph 1990 den als Trainer hinzufügte. Einen vielleicht noch größeren Coup landete er als Sportfunktionär: Beckenbauer holte die Fußball-WM 2006 nach Deutschland – und setzte sich damit sein eigenes Denkmal. “Das ist wie ein Siebener oder Achter im Lotto, das kriegst du nur einmal im Leben”, befand der Ehrenpräsident des FC Bayern.

“Geht’s raus und spielt’s Fußball”

Zwar wird Beckenbauer gerne mit dem auch schon gesagten Satz “Geht`s raus und spielt’s Fußball” zitiert. Wie hart und detailversessen der gelernte Versicherungskaufmann aber arbeitete, wird oft vergessen. “Das Glück kommt nicht zum Fenster hereingeflogen. Du brauchst Fleiß und Durchhaltewillen. Das Glück muss man sich erarbeiten”, sagt Beckenbauer selbst gerne.

Sohn Stefan starb im Alter von 46 Jahren

Die vorerst letzten Interviews gab Beckenbauer vor dem Tod von Stephan, der im Alter von 46 Jahren nach langer, schwerer Krankheit vor einem Monat starb. Der Sohn aus erster Ehe hinterließ eine Frau und drei Kinder. Stephan Beckenbauer war eines von insgesamt fünf Kindern des 69-Jährigen, der dreimal heiratete. Sicher habe er auch die Familie zeitweise vernachlässigt, gab der “Kaiser” zu. Bereits vor seinem 65. Geburtstag trat er deshalb beruflich extrem auf die Bremse, um mehr Zeit für seine kleinsten Kinder zu haben.

Aber selbst ohne Posten ist der auch dank täglicher Wassergymnastik noch schlanke Beckenbauer (“Ein Riesenbauch wird mir nicht passieren”) noch ständig unterwegs. “Da hat er selber ein gutes Gespür für, wie viel er sich zumuten kann”, sagte Ehefrau Heidi. “Aber ich weiß auch nicht, ob das gut wäre, wenn er den ganzen Tag zu Hause wäre.”

Die besten Zitate von Franz Beckenbauer

Um einen guten Spruch ist Franz Beckenbauer nie verlegen, einige Aussagen sind legendär. Eine Auswahl von Zitaten aus dem Leben vom Fußball-“Kaiser”:

BECKENBAUER“Die Schweden sind keine Holländer, das hat man ganz genau gesehen.”

“Ich bin immer noch am Überlegen, welche Sportart meine Mannschaft an diesem Abend ausgeübt hat. Fußball war’s mit Sicherheit nicht.”

“Damals hat die halbe Nation hinter dem Fernseher gestanden.” (Über das WM-Finale 1990)

“Geht’s raus und spielt’s Fußball.” (Taktische Anweisung als Trainer)

“Ja gut, am Ergebnis wird sich nicht mehr viel ändern, es sei denn, es schießt einer ein Tor.”

“Ja gut, es gibt nur eine Möglichkeit: Sieg, Unentschieden oder Niederlage.”

“In einem Jahr hab’ ich mal 15 Monate durchgespielt.”

“Er bläst zwar wie ein Blasengel, aber das ist normal.” (Über den ehemaligen Bayern-Kapitän Stefan Effenberg)

“Das sind alles gute Fußballer. Nur: Sie können nicht Fußball spielen.”

“Ich habe mal einen Stammbaum machen lassen: Die Wurzeln der Beckenbauers liegen in Franken. Das waren lustige Familien, alles uneheliche Kinder. Wir sind dabei geblieben.”

“Das ist der Kunst der Ärzte zu verdanken. Zu meiner Zeit wäre wohl noch eine Amputation nötig gewesen.” (Zur schnellen Genesung der Spieler Giovane Elber und Jens Jeremies vor einem Champions-League-Halbfinalspiel gegen Real Madrid)

“Es gab eine ganze Reihe von Spielen, die hätten nicht im Stadion stattfinden sollen, sondern auf dem Sandplatz nebenan.” (Über das Niveau der WM 1998 in Frankreich)

“Lothar und ich hatten auch Meinungsverschiedenheiten. Ich hab’ mich immer durchgesetzt. Gott sei Dank, die Erfolge sprechen für sich.” (Über die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Spieler Lothar Matthäus)

“Wissen Sie, wer mir am meisten leidtat? Der Ball.” (Nach einem Auftritt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft)

“Ich finde es großartig, dass sich die Frauen immer mehr vermehren in der Bundesliga.”

“Ich weiß gar nicht, ob ich die überhaupt alle kenne, die da heute spielen.” (Über seinen FC Bayern, als der Mannschaft einmal neun Stammspieler gegen Dynamo Kiew fehlten)

“Ich freu’ mich auf das morgige Spiel, weil die Engländer nicht verteidigen können und die Portugiesen sowieso nicht.” (Vor einem EM-Viertelfinale England-Portugal)

“Das Einzige, was sich in der ersten Hälfte bewegt hat, war der Wind.”

“Ich hatte ein prima Leben damals in Amerika. Bis Günter Netzer kam und alles zerstörte.” (Netzer holte Beckenbauer als Manager von Cosmos New York zum Hamburger SV)

“Der Grund war nicht die Ursache, sondern der Auslöser.”

“Erfolg ist ein scheues Reh. Der Wind muss stimmen, die Witterung, die Sterne und der Mond.”

“Das war ein bisschen wie Obergiesing gegen Untergiesing.” (Über die Qualität eines Derbys zwischen dem FC Bayern und 1860 München)

“Die Frauen sind hübscher und beweglicher geworden, das sieht sehr gut aus.” (Über Fortschritte bei der Frauen-Nationalmannschaft)

“Das Beste an der ersten Halbzeit war, dass Mario Basler nicht erfroren ist.” (Halbzeit-Fazit eines Bayernspiels im Winter)

“Ein Mann, der aus 30 Metern eine Fliege von der Torlatte schießen kann, trifft aus elf Metern das Tor nicht.” (Über David Beckhams Fehlschuss im Elfmeterschießen der EM 2004)

“Irgendeiner muss ja in dem Land was tun, wenn alle immer nur klagen, dass der Nachwuchs fehlt.” (Zur anstehenden Geburt seines fünften Sprösslings)

“So darf in Zukunft nicht gespielt werden, sonst könnt Ihr euch einen anderen Beruf suchen. Wenn einer Nachhilfe braucht, stehe ich zur Verfügung.” (Nach einer 0:3-Pleite der Bayern in Lyon, März 2001)

“Das war müder Rumpel-Fußball, der streckenweise in Misshandlung des Balles ausartete. Vielleicht war die Veranstaltung mit Deutschland ja auch nur die B-Europameisterschaft. Die A-Europameisterschaft läuft jetzt ohne uns. Und irgendwie hätten wir da eh nur gestört.” (Über die Leistungen der deutschen Nationalmannschaft bei der EM 2000)

“Ich habe noch nie eine große Rede gehalten. Ich habe immer nur gesagt, was mir gerade eingefallen ist.”

“Ich bin nur ein Mensch und kein Zauberer. Wenn Sie den suchen, dann müssen Sie in den Zirkus gehen.”

“Ich habe gerade Sofies Welt gelesen, diesen dicken philosophischen Schinken. Sokrates, Aristoteles, Platon und diese Leute haben sich vor 2000 Jahren Gedanken gemacht, da sind wir noch auf den Bäumen gesessen und haben uns vor den Wildschweinen gefürchtet. Seither haben sich nur ganz wenige weiterentwickelt.”

“Das ist gefühlt schon 200 Jahre her, aber ich kann mich noch ganz gut erinnern.” (Über seine Anfangszeit beim FC Bayern)

“Ich habe erst einmal auf das Datum geschaut. Ich habe gedacht, das ist ein Aprilscherz. Vielleicht hat sich da jemand einen Spaß erlaubt.” (Über seine provisorische 90-Tage-Sperre durch den Weltverband FIFA aus dem Sommer 2014)

“Früher musste ich mir Auszeichnungen und Pokale erkämpfen. Ab einem bestimmten Alter brauchst du nichts mehr dafür tun.” (Nach der Ernennung zum DFB-Ehrenmitglied)

GERMANY SOCCER
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Steckbrief von Deutschlands Fußball-Ikone Franz Beckenbauer

  • Geburtstag: 11. September 1945
  • Geburtsort: München-Giesing
  • Wohnort: Oberndorf bei Kitzbühel

Vereine als Spieler:

  • 1964 bis 1977 Bayern München
  • 1977 bis 1980 New York Cosmos
  • 1980 bis 1982 Hamburger SV
  • 1983 New York Cosmos

Erfolge als Spieler:

  • Weltmeister 1974
  • Vize-Weltmeister 1966
  • WM-Dritter 1970
  • Europameister 1972
  • Vize-Europameister 1976
  • Europacup-Sieger der Landesmeister 1974, 1975 und 1976
  • UEFA-Cup-Finalist 1982
  • Europacupsieger der Cupsieger 1967
  • Weltpokalsieger 1976
  • Deutscher Meister 1969, 1972, 1973, 1974, 1982
  • Deutscher Cupsieger 1966, 1967, 1969, 1971
  • US-Meister 1977, 1978, 1980
  • Europas Fußballer des Jahres 1972, 1976
  • Deutscher Fußballer des Jahres 1966, 1968, 1974, 1976
  • Deutschlands Fußballer des 20. Jahrhunderts
  • Platz drei bei der Wahl zum Weltfußballer des 20. Jahrhunderts
  • 396 deutsche Bundesligaspiele (44 Tore)
  • 103 Länderspiele für Deutschland (14 Tore)

Erfolge als Trainer:

  • Weltmeister 1990 mit Deutschland
  • Vizeweltmeister 1986 mit Deutschland
  • UEFA-Cup-Sieger 1996 mit Bayern
  • Deutscher Meister 1994 mit Bayern
  • Französischer Meister 1991 mit Olympique Marseille

 

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