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Für Monate in Tansania, im Dienst der guten Sache ...

Christiane und Roland Mähr helfen vor Ort in Tansania.
Christiane und Roland Mähr helfen vor Ort in Tansania. ©handout/Mähr
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Christiane und Roland Mähr unterstützen die vom gebürtigen Feldkircher Alexander Wostry gegründete Sustainable Agriculture Tanzania (SAT) vor Ort. Im Interview spricht Christiane über ihren Antrieb, das Leben in Morogoro und was die NGO auszeichnet.

VOL.AT: Was steckt hinter "Sustainable Agriculture Tanzania"?

Christiane Mähr: Sustainable Agriculture Tanzania (SAT) ist eine tansanische Nichtregierungsorganisation (NGO), deren Vision es ist, dass "die Mehrheit der Landwirte in Tansania anerkannte agrarökologische Methoden anwendet, um ihre Lebensgrundlage zu verbessern, die Umwelt zu schützen und den Druck auf die natürlichen Ressourcen zu verringern." Gegründet wurde SAT 2011 vom gebürtigen Feldkircher Alexander Wostry und seiner Frau Janet Maro, die er hier kennen und lieben gelernt hat. Was sozusagen als kleine Initiative mit einem Budget von 200 Euro begann, ist heute eine international anerkannte Organisation, die als Innovationsbeschleuniger für Agrarökologie fungiert. SAT baut seine Interventionen auf vier strategischen Säulen im Bereich der Agrarökologie auf: Forschung, Wissensverbreitung (v.a. im eigenen Farmer Training Center), Anwendung und Vernetzung. SAT hat bereits zahlreiche Projekte durchgeführt – aktuell sind es rund 20 Projekte, bei denen die über 85 Mitarbeiter mit einem aktiven Netzwerk von nahezu 16.000 Landwirten in den Regionen Morogoro, Dodoma und Tabora zusammenarbeiten.

Janet Maro und Alexander Wostry von SAT. ©handout/Mähr

VOL.AT: Wie sind Sie in Kontakt mit Alexander Wostry und seiner Frau gekommen? Und wieso haben Sie sich entschieden, persönlich nach Tansania zu reisen und vor Ort zu helfen? Warum haben Sie sich entschieden, das SAT-Projekt zu unterstützen?

Christiane Mähr: Ich bin mit Alexander Wostry in die Volksschule gegangen und auch in der Jugendzeit hatten wir "regen Kontakt". Danach ist der Kontakt mehr oder weniger abgebrochen, allerdings habe ich natürlich mitbekommen, dass Alex nach Tansania gezogen ist. Roland und ich haben sein Tun mit großem Interesse verfolgt – insbesondere nachdem wir 2020 einige Wochen in Namibia waren und sozusagen unsere Liebe zu Afrika entdeckt haben. Im Sommer 2021 war Alex wieder einmal in seiner alten Heimat. Wir haben uns getroffen und darüber gesprochen, dass wir ihn auch gerne mal besuchen bzw. gerne auch für SAT arbeiten würden. Es hat dann (u.a. coronabedingt) noch ein weiteres Jahr gedauert, bis wir November 2022 nach Morogoro (vier bis fünf Autostunden westlich der Küstenstadt Dar es Salaam) gekommen sind, wo wir bis Februar 2023 bleiben werden.

Insofern hatte es also einerseits mit dem Interesse für diesen Kontinent zu tun. Andererseits wollten bzw. wollen wir aber auch etwas "Sinnvolles" tun. Es ist nicht so, dass das, was wir zuhause tun, nicht "sinnvoll" ist (Christiane ist Kommunikationsberaterin, Mitgründerin der Plattform "Zukunft Neu Denken" und Journalistin; Roland hat ein Musikinstrumentegeschäft in Feldkirch und ist selbst Musiker in zwei Bands, Anm. d. Red.). Doch Fakt ist, dass SAT hier zukunftsweisende Arbeit leistet und zwar nicht nur für Tansania, sondern genauso für andere Länder – in Afrika und weltweit. Der Klimawandel bzw. die Klimakrise betrifft uns alle – weltweit. Es scheint, dass diese Problematik zwar immer thematisiert wird, dann aber doch wieder anderen Themen wie Corona, Ukraine-Krieg usw. "weichen" muss.

"Rettung fürs Weltklima? Nein, aber ein Schritt in die richtige Richtung"

Biobäuerinnen und Biobauern sowie Viehzüchterinnen und Viehzüchter in Tansania werden nicht das Weltklima retten bzw. den Klimawandel aufhalten. Doch es ist ein Schritt in die richtige Richtung und so haben wir uns gedacht: Wenn wir ein Teil davon sein können bzw. einen Beitrag – wenn auch nur einen kleinen – leisten können, dann machen wir das.

VOL.AT: Gerade das Thema Klimawandel spielt auch für die Landwirtschaft eine immer größere Rolle. Wie macht sich der Klimawandel in Tansania bemerkbar?

Christiane Mähr: Ja, der Klimawandel ist für die Landwirtschaft ein großes Thema. Hier in Tansania ist vor allem die Trockenheit ein massives Thema. Und es wird immer trockener! Die Regenzeiten bringen nicht mehr so viel erhoffte Regenfälle wie früher. Das ist ein Problem. Im Rahmen von Trainings lernen die Bäuerinnen und Bauern u.a., wie sie richtig kompostieren, sodass die Böden nährstoffreicher sind, aber auch mehr Feuchtigkeit aufnehmen können. Auch erhalten sie praktisches Wissen, um die Klimaresilienz zu steigern, etwa durch die Einführung dürreresistenter Getreide- und Grassorten oder kleinräumiger Dämme.

Morogoro, die Stadt, in der Christiane und Roland Mähr die nächsten Monate leben und arbeiten. ©handout/Mähr

Abgesehen davon ist übrigens auch das Bevölkerungswachstum ein großes Thema. Die Ballungszentren rund um die großen Städte breiten sich stetig aus. Die Abwasserreinigung und der Immissionsschutz reichen dafür allerdings nicht aus.

Es gehört aber auch betont, dass immer mehr Gemeinden am Umweltschutz beteiligen werden, dass es immer mehr Initiativen wie SAT gibt und so auch in der Bevölkerung das Bewusstsein hinsichtlich des Umweltschutzes (langsam) steigt.

VOL.AT: Wie würden Sie Alexander Wostry, den Gründer der NGO, menschlich charakterisieren?

Christiane Mähr:Alex ist ein Macher – zusammen mit seiner Frau ergibt das ein absolutes Dream-Power-Team. Während er gerade unzählige Projekte am Laufen hat, hat er schon wieder viele neue Ideen im Kopf, schmiedet Pläne und setzt viele davon dann zusammen mit seinen Mitarbeitern um. Er lebt für SAT – 24/7. Zugleich ist er ein absoluter Familienmensch (die beiden haben drei Kinder) und definitiv ein Tansanier mittlerweile.

VOL.AT: Gemeinsam mit ihrem Mann sind Sie die nächsten Monate in Tansania. Wie sehen dort ihre Aufgaben aus?

Christiane Mähr:Ich unterstütze als Communication Consultant den Marketing Manager von SAT, der aktuell auch für zahlreiche Communication Tasks verantwortlich zeichnet. Roland bringt seine Erfahrungen im Bereich Verkauf und Logistik ein (SAT betreibt selbst drei Shops in Morogoro, wo die SAT-Produkte (Gewürze, Gemüse und Früchte, Milchprodukte, Bohnen, Linsen, Reis, usw.) vertrieben werden). Zudem arbeiten wir beide im Committee des Farmers Market, der Ende November ins Leben gerufen wurde und ab Jänner monatlich stattfinden soll.

Der Farmers Market im Herzen der Stadt. ©handout/Mähr

VOL.AT: Welche Eindrücke haben Sie bisher vom Leben in Tansania mitbekommen?

Christiane Mähr:Da wir bislang nur in Morogoro waren, können wir nur davon erzählen. Es ist keine Tourismusstadt und da wir hier arbeiten, sind wir durchaus in das Leben "eingetaucht". Und das ist definitiv anders. Anfangs scheint es "unmöglich", auch mal ohne Wasser auszukommen oder mit den regelmäßigen Stromausfällen umzugehen. Auch dass die Uhren hier definitiv anders ticken. Wir haben gelesen, dass Pünktlichkeit hier sogar unhöflich sein soll – ob das tatsächlich stimmt, wissen wir nicht, aber pünktlich ist man hier jedenfalls nicht (schmunzelt).

Wunderschön ist vor allem die Herzlichkeit der Menschen. Beispielsweise ist die Begrüßung in Tansania sehr wichtig – und so grüßen und werden wir gegrüßt, wenn wir zu Fuß oder mit dem Motorrad in der Straße bzw. Umgebung, wo wir wohnen, unterwegs sind. Natürlich werden wir als Muzungus (Weiße) mitunter angestarrt – aber nicht "abweisend". Wenn wir in dem kleinen Laden um die Ecke einkaufen, endet das oft in längeren Gesprächen – mit Händen und Füßen, denn die Sprachbarriere ist natürlich da. Nicht alle können Englisch und wir definitiv noch nicht genug Swahili. Aber wenn wir auf Swahili grüßen, dann breitet sich auf allen Gesichtern Lachen aus. Schön.

VOL.AT: Was sind aktuell die größten Herausforderungen für SAT?

Christiane Mähr:Neben dem bereits thematisierten Klimawandel, sind etwa auch Konflikte zwischen Viehzüchtern und Landwirten, die mit Gewalt, dem Verlust von Eigentum und massiver Vertreibung von Menschen einhergingen. Zusätzlich schrumpfen die Weideflächen aufgrund des wachsenden Bevölkerungsdrucks, während gleichzeitig mehr Land für den Ackerbau benötigt wird. Die Regierung tut zu wenig – so zumindest empfinden es viele Betroffenen. Derartige Konflikte können aber auch dazu führen, dass man neue und vielleicht unkonventionelle Lösungen angeht – etwa indem man die Stärken der Agrarökologie auf verschiedene Weise einsetzt. SAT setzt daher mit Kreislaufdenken und dem Ausschöpfen vorhandener erneuerbarer Ressourcen auf Zusammenarbeit statt Abschottung.

Eine Herausforderung ist auch das Thema Tierschutz, das hier in Tansania zwar gesetzlich geregelt ist. Inwiefern man sich daran hält, ist allerdings eine andere Frage. Erst kürzlich hat SAT zusammen mit zwei Top-Experten auf diesem Gebiet eigene Tierschutzrichtlinien erarbeitet und ein Curriculum entwickelt, sodass Tierschutz künftig regelmäßig am Farmer Training Center unterrichtet werden kann.

Die SAT-Produkte am Stand beim Farmers Market. ©handout/Mähr

VOL.AT: Wie kann man ihre Arbeit unterstützen?

Christiane Mähr:SAT wird durch den in Vorarlberg beheimateten Verein "Nachhaltige Landwirtschaft Ostafrika (NLO)" unterstützt. Spenden sind jederzeit und gerne willkommen. Toll wäre auch, wenn man SAT auf den Sozialen Medien folgt und sein Tun verbreitet – denn auch in Europa braucht es noch mehr Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und den Klimawandel.

Weiterführende Links zu
Sustainable Agriculture Tanzania:

www.kilimo.org

www.facebook.com/SAT.kilimo

www.instagram.com/sustainableagriculturetanzania/

www.nlo.at

(VOL.AT)

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